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Wir haben Fuellmich abgemahnt – der holte sich die Anwaltskanzlei der AfD

von | Feb 28, 2021 | Aktuelles

Fuellmichs unfreiwilliges Eingeständnis

Ja, nachdem wir von den Desinformation-Verbreitern Wolfgang Wodarg und seinem Anwalt Reiner Fuellmich verklagt wurden und kürzlich die 5,7 kg schwere Klageschrift erhielten, geht es auch erst einmal bei uns in eigener Sache weiter. Unsere öffentliche Antwort auf die „verunfallte“ Klage, wie (nicht unser) Anwalt Chan-jo Jun sie beschrieb, haben wir hier veröffentlicht:

2000 Seiten Klage-Fail! So absurd wollen Wodarg & Fuellmich uns vor Gericht mundtot machen

Doch die Diffamierungen des Pandemie-Leugners Fuellmich gegen uns bleibt nicht bei dem Versuch uns finanziell zu schaden und juristisch einzuschüchtern. Neben seinem Dauerfeuer an Fake News (mehr dazu) verbreitete er in mehreren Interviews Falschaussagen über uns um uns zu diskreditieren. Heuchlerischerweise genau deswegen verklagt er uns aber angeblich im Namen von Wolfgang Wodarg. Wir wiederholen die falschen Anschuldigungen hier nicht im Wortlaut. Und wir fokussieren uns zuerst auf die Wahrheit: Unser Blog mit zwei Hauptamtlichen finanziert sich ausschließlich durch Crowdfunding (Spenden) und Lizenzgebühren am Merchandise in unserem Shop. Wir sind völlig unabhängig, überparteilich und kriegen Geld von niemandem, um im Auftrag etwas zu schreiben oder irgendeine bestimmte Position zu vertreten.

Pandemie-Leugner Fuellmich erklärte mehrfach in Interviews, er habe in Gerichtsverfahren in den USA gehört, dass Volksverpetzer von Tech-Konzernen bezahlt werde um Lügen zu verbreiten oder so ähnlich. Er bezeichnete uns buchstäblich als „käuflich“ und „bezahlte Verleumder“ – natürlich nur, um uns schlechtzureden. Das ist 100% erfunden und es ist einfach nicht wahr. Und nicht nur das: Er wurde sogar gänzlich unsachlich und beleidigte uns und unterstellte uns niedrige Intelligenz. Wenn jemand eine andere Meinung mundtot machen wollen würde, aber keinerlei Argumente oder Fakten dagegen hat – genau so würde man es machen: Einschüchtern, unsachlich beleidigen und Lügen verbreiten. Querdenken deluxe!

Also haben wir Fuellmich abgemahnt – er muss gestehen, dass er keine Belege hat

Da Desinformationsverbreiter Fuellmich ja selbst der Ansicht zu sein scheint, dass es völlig in Ordnung ist, Abmahnungen zu schicken, haben wir ihm ebenfalls eine geschickt. Wir wollten vor allem wissen, wie er darauf reagieren würde, wenn diesmal er es ist, der abgemahnt wird. Und diesmal sogar wegen wirklich falschen Tatsachenbehauptungen. Vor Kurzem erhielten wir die Antwort, die auf mehreren Ebenen höchst spannend ist. Zunächst einmal wollen wir aber inhaltlich darauf eingehen:

Wie zu erwarten, hat Fuellmich die Abmahnung zurückgewiesen, keine Überraschung hier. Aber er pocht nicht nur darauf, dass es sich um eine Meinungsäußerung handelt (womit er durchaus juristisch durchgekommen wäre). Er argumentiert, dass „käuflich“ nicht heiße, dass man „ausschließlich im Auftrag eines Dritten“ Arbeit verrichtet, sondern nur „entsprechend des subjektiven Willens eines sie finanzierenden Dritten“. Nach der gleichen Logik wäre Fuellmich also auch „käuflich“, oder wie jetzt? Logische Schlussfolgerung: Fuellmich argumentiert, dass man ihn so bezeichnen darf?

Verschwörungsmärchen über Volksverpetzer

Nein, Fuellmich behauptet auch, dass die Tatsache korrekt sei, denn er habe „recherchiert“. Zwar kann er plötzlich keine Belege von Zahlungen irgendwelcher Tech-Konzerne aus den USA an uns vorweisen, sondern spinnt eine wilde Konstruktion zusammen, die das Papier nicht wert ist, auf dem sie steht (immerhin diesmal keine 5,7kg..). So habe sich ein ehrenamtlicher Autor bei uns auch bei einem anderen Verein ehrenamtlich engagiert, der einen dotierten Preis von der Bundesregierung erhalten hatte. Und damit will Fuellmich belegen, wir wären „von staatlicher Seite finanziell“ unterstützt.

Es ist zwar kein Cent der Bundesregierung davon an unseren ehrenamtlichen Autor geflossen und erst Recht nicht an uns, aber kann man ja einfach mal behaupten. Typisch Desinformationsverbreiter eben. Die Fake News von Fuellmich sind also in all seinen Argumentationen so dünn, wie man es sonst von ihm gewohnt ist.

Fuellmich hat sich dafür aber einen anderen Anwalt geholt – den selben der AfD

Viel spannender als die heiße Luft, die Fuellmich verbreitet um sich zu rechtfertigen, ist jedoch wen er dafür zu Hilfe holen musste. Anwalt Chan-jo Jun hatte Fuellmich wegen der Klage gegen uns letztens noch empfohlen, lieber einen Spezialisten für Presserecht zu beauftragen. Und anscheinend hat Fuellmich auf dessen Rat gehört und sich Hilfe für unsere Abmahnung geholt – und zwar die Kanzlei des bekannten Anwalts Dr. Ralf Höcker, der Pressesprecher des umstrittenen CDU-Vereins „Werte-Union“ war.  Dessen Kanzlei ist zudem berüchtigt, mit „fiesen Drohmethoden“ (Stiftung Warentest) zum Beispiel „Anbieter von dubiosen Geldanlangen“ zu vertreten (Quelle). Höcker selbst hat einmal wörtlich getitelt „Journalisten-Bedrohung ist okay!“ (Quelle). Weitere prominente Mandant:innen der Kanzlei waren übrigens Heidi Klum, Jörg Kachelmann und Recep Tayyip Erdoğan.

Es ist im Übrigens auch die selbe Anwaltskanzlei, in der Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen bis vor Kurzem war (Quelle). Dessen Austritt wurde vergangenen Monat vorgezogen, weil die Kanzlei nämlich die AfD gegen dessen ehemalige Behörde (den Verfassungsschutz) vertritt. Aber richtig: Nachdem wir Fuellmich abmahnten, ging er zu der Anwaltskanzlei, dessen Chef „Journalisten-Bedrohung“ „okay“ findet und die öfter die AfD oder AfD-Politiker:innen vertreten hat. Wir halten das für eine berichtenswerte Entwicklung.

Und das ist nicht der einzige Anwalt, den auch die AfD hatte

Dass sich Fuellmich zur Verteidigung die selbe Anwaltskanzlei holt, die auch u.a. die AfD vertritt, halten wir für interessant. Noch interessanter, weil es nicht das erste Mal ist. So vertrat ihn auch Dr. Gerhard Strate Mitte Februar bei einem Prozess in Göttingen. Strate vertrat unter anderem AfD-Fraktionschefin Alice Weidel in ihrer Spendenaffäre (Quelle). Für Fuellmich ging es im Februar 2021 um einen Prozess wegen Beleidigung dreier Richter:innen. Ein weiterer Prozess, den er übrigens verlor und für den er verurteilt wurde (damals noch nicht rechtskräftig, sie kündigten Einlegung von Rechtsmitteln an). Das Strafmaß: 60 Tagessätze zu je 100€. Selbst die Staatsanwaltschaft forderte nur 30 Tagessätze im Plädoyer.

Er hatte den vorsitzenden Richter:innen in einem seiner Prozesse gegen die Deutsche Bank „Rechtsbeugung“ vorgeworfen, nachdem er sie verloren hatte und diese Richter:innen dann auf einem Onlineblog beleidigt. Spannenderweise gab er im Prozess an, dass er damals selbst auch FÜR die Deutsche Bank gearbeitet haben will. Sich von den gleichen Anwälten vertreten lassen wie es auch die AfD tut, muss erstmal noch nichts heißen. Wir finden es jedoch interessant, dass es bisher gleich mindestens zwei Mal passiert ist.

Keine Demokratie ohne Fakten

Meinungsfreiheit bedeutet auch für die Freiheit von Meinungen einzustehen, die einem nicht gefallen und die man sogar verabscheut. Man darf umgekehrt dann aber auch das genau so frei kritisieren. Und dieses Recht nehmen wir uns heraus. Umgekehrt halten wir es aber falsch, wenn falsche Fakten verbreitet werden. Ohne eine gemeinsame Faktenbasis kann unsere Demokratie nicht funktionieren. Und wenn Personengruppen oder Parteien bewusst Desinformation streuen um Geld zu sammeln, Klicks zu bekommen oder Wählerstimmen, dann greift das das Fundament unserer Demokratie an.

Es ist buchstäblich unsere zentrale Aufgabe genau das anzuprangern. Wir wollen über die Lügen und die dahinterstehenden Mechanismen und Strategien aufklären – und fordern, dass Personen, die gezielt Falschinformationen streuen, keine Bühne in seriösen Medien erhalten sollen. Aber wir wünschen ihrer Meinungsfreiheit und der freien Entfaltung nicht Schlechtes. Im Gegenteil, wir hoffen, dass diese Menschen irgendwann einmal mit ihren Machenschaften aufhören. Sei es durch Einsicht oder zumindest, weil es sich als Geschäftsmodell nicht mehr lohnt, gewissen Menschen ihre faktisch falschen Weltanschauungen zu verkaufen.

Und dafür spenden uns ganz normale Bürger:innen Geld oder auch Zeit mit ihrer Recherche. Einfach weil sie gut finden, was wir machen und das unterstützen möchten. Vielen Dank dafür! Und sonst niemand. Wir geben unser Bestes um diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Aber ihr seht, wie viel Zeit uns sowas stiehlt. Hoffen wir, dass wir bald wieder mehr über Fakten sprechen können.

Artikelbild: Jörg Carstensen/dpa

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