530

Absurd: Deutscher stößt aufs Bahngleis in Jüterbog, Rechte hetzen gegen Nichtdeutsche

von | Aug 10, 2019 | Aktuelles, Kommentar, Social Media

Fakten spielen keine rolle

Jüterbog. Rechtsextreme lügen. Sie fälschen, manipulieren und verzerren, immer. Derzeit gibt es wieder neue Narrative, die nicht nur behaupten, ein Straftatbestand würde häufiger auftreten als „früher“, sondern dass auch noch Nichtdeutsche/Migranten/Flüchtlinge etwas damit zu tun hätten. Diese Begriffe, die teilweise völlig unterschiedliche Gruppen meinen, werden dabei austauschbar verwendet. Eines dieser Narrative ist das „Freibad-Narrativ“, welches wir hier schon behandelt haben.

Das andere ist das neue „Bahnhof-Schubser“-Narrativ, welches so absurd und realitätsfern ist, dass es so deutlich wie sonst nichts beweist, dass es bei dem Gerede von „Ausländerkriminalität“ und „importierter Gewalt“ [sic] kein bisschen um Sicherheit geht, sondern ausschließlich um Rechtfertigungen für  Rassismus (Mehr dazu). Denn plötzlich interessieren sie sich nicht nur für Fälle, in welchen Menschen vor Züge geschubst werden, nein, angeblich würden das nur die „bösen Ausländer“ tun.



Der Schubser von Jüterborg ist deutscher

Bereits am vergangenen Mittwoch wurde eine 17-jährige von einem betrunkenen Deutschen auf ein Gleisbett geschubst. Zuvor hatte er sie und einen 20-jährigen verletzt. Zum Glück ist nichts schlimmeres passiert (Quelle). Die „Patrioten“ mit „Mut zur Wahrheit“, die Artikel zu dem Vorfall in ihren Gruppen teilen, nutzen dies sogleich, um gegen Ausländer zu hetzen und ihren Rassismus bestätigt zu sehen, völlig fernab der Realität.

Sie nutzen sarkastisch „Internationale Beteiligung“ und „totaaaal gefrustet“ [sic], um Chiffren für ihren Rassismus und Asyl zu nutzen und sich über vermeintliche Rechtfertigungen für Straftäter lustig zu machen. Dabei wissen wir ja, dass sie sich hier ihr fiktives Narrativ zusammenlügen.

Er war sicher kein richtiger Deutscher

Umso deutlicher, dass es Quatsch ist, wird es, als herauskommt, dass es ein Deutscher gewesen ist. Dann reagieren sie nämlich so:

Sie nutzen zwar gerne die Statistiken über nichtdeutschen Tatverdächtige, sie reden von „Merkels Willkommenskultur“ als Ursache, aber dann ist der Täter sicherlich ein Deutscher, dem man „ansehen könnte“, dass er kein „richtiger Deutscher“ ist? Selbst wenn, was hat das dann mit „Merkels Politik“ zu tun? Hier fällt das Narrativ völlig auseinander. Da glaubt man „das mit dem deutschen Pass“ nicht? Jetzt dürfen schon Deutsche nicht Deutsche sein, wenn sie Straftaten begehen? Hier sieht man, dass es nicht um „Migranten“, „Flüchtlinge“ oder sonst etwas geht, sondern nur um Hautfarbe. Und diese wird sogar völlig faktenfrei angenommen. Und die Straftaten von Deutschen werden geleugnet. Die Opfer von Deutschen sind sicher begeistert davon.

Deshalb ist es sinnlos mit Rassisten über Straftaten und Statistiken zu reden, denn sie werden dann auf „Migrationshintergrund“ wechseln, aber dann auch nur die Menschen dunkler Hautfarbe meinen, denn Flüchtlinge oder Migranten aus Osteuropa sind in der AfD gern gesehen, oder Muslime, auch wenn das wieder eine ganz andere Gruppe ist. Ein Mensch mit dunkler Hautfarbe könne kein „richtiger“ Deutscher sein, auch wenn er den deutschen Pass besitzt, aber ein Russlanddeutscher schon, oder wie?

Und zur Verschwörungstheorie aus dem letzten Kommentar: Bekannt wurde es nicht durch „gründliche Recherche“ der rechtsextremen Lügenpresse, sondern durch Bekanntgeben der Polizei. Es ist absurd, dass verlangt wird, bei jeder Straftat sollen sofort alle Informationen und vor allem die Herkunft der Personen bekannt gegeben werden. Obwohl hier in Jüterbog doch auch zuerst die Nationalität unbekannt war – und genau seine Gesinnungsgenossen das nutzten, um zu hetzen.

Vergangene Bahnhofsschubser

Woher kommt dieses rassistische Narrativ zu Jüterbog überhaupt? Natürlich wegen zwei junger Vorfälle in Voerde und Frankfurt. Abgesehen davon, dass zwei Beispiele noch lange keine Statistik machen, sind in beiden Fällen die Verbindungen zur „Willkommenskultur“ absurd. Denn der Täter von Frankfurt war ein psychisch kranker, seit 2008 in der Schweiz legal lebender und legal nach Deutschland eingereister Christ, der Täter von Voerde ein vermutlich unter Drogeneinfluss stehender und in Deutschland geborener Serbe (Quelle).

Wer „Grenzkontrollen“ als Reaktion darauf fordert, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass keiner dieser Vorfälle dadurch verhindert worden wäre. Weil dieses Narrativ nichts mit der Realität zu tun hat. Solche Fälle passieren leider häufiger und nicht erst seit „2015“. Anfang des Jahres in Nürnberg. 2018 in Wuppertal. 2017 in Dresden. 2017 in München. Oder allein in Berlin: Januar 2016, Oktober 2015, Mai 2015, Juni 2014, zwei Mal März 2014, Mai 2013, Dezember 2011, Dezember 2007. Und die meisten Täter waren hier natürlich Deutsche.

Die Nationalität und „Willkommenskultur“ haben nichts damit zu tun, dass diese schrecklichen Dinge passieren. Eine selektive Wahrnehmung mit einem rassistischen Narrativ und eine entsprechende Propaganda sind alles, was dahintersteckt. Hier soll eine rechtsextreme und rassistische Politik gerechtfertigt werden, indem schreckliche Taten instrumentalisiert werden.

Zu Nationalitäten und Instrumentalisierung

Der Gegenvorwurf, der kommt: „Wir“ „instrumentalisieren“ jetzt den Fall in Jüterbog, und weisen selbst auf die Nationalität hin. Doch dieser Vorwurf ist absurd. Denn wir reden doch nur darüber, weil sie den Fall erneut instrumentalisieren wollten. Wir decken nur auf, dass sie hetzen. Denn eigentlich müsste man die Nationalität niemals erwähnen, wenn es nicht für die Tat relevant ist. Denn niemand stirbt angenehmer, wenn sein Mörder ein Deutscher war. Dieses Denken ist eine Verhöhnung für deutsche Opfer. Mehr dazu:

Rassistische Heuchelei: Die toten Kinder, die der AfD egal sind

Zweitens sieht man doch, wohin es führt, wenn keine Nationalität erwähnt wird: Die Rassisten erfinden sie sich selbst hinzu. Das haben wir schon oft erlebt, wie in Viersen, MünchenNotre DameMünsterBottrop und vielen anderen Fällen: Die Rechtsextremen behaupteten einfach, sie kennen die Schuldigen, dabei lagen sie falsch. Rechtsextreme lügen, verzerren und manipulieren dich.

Dem Opfer ist der Pass seines Täters egal und dem Gesetz auch. Wer sich Straftaten herbei fantasiert oder Zusammenhänge, die nicht existieren, und selektiv bestimmte Meldungen verschweigt oder herunterspielt, und umgekehrt alles andere instrumentalisiert, der versucht seinen Rassismus zu rechtfertigen. So sieht man es auch deutlich in Jüterbog. Eigentlich spielt Nationalität keine Rolle, denn die Ursachen für Straftaten sind vielfältig, haben aber nichts mit der Hautfarbe zu tun. Also glaubt nicht rechten Propaganda-Narrativen.

Artikelbild: pixabay.com, CC0, Screenshots DieInsider