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Falschdarstellung: Keine Morddrohungen in Bremen, Vermieter sagt, er habe sogar nie zugesagt

von | Mai 9, 2019 | Aktuelles, Kommentar

Aus dem Kantholz nichts gelernt?

 

Wie die WELT und andere Medien berichten (Hier) habe die AfD Bremen ihre Wahlkampfveranstaltungen absagen müssen. Grund dafür seien „Morddrohungen für den Vermieter des Veranstaltungssaales“ und seiner Familie gewesen. Die WELT hat diese Informationen von der AfD selbst, sie zitiert AfD-Chef Meuthen gar mit den dramatischen Worten von einer „schwarzen Stunde in der Geschichte unserer Demokratie“. Und ebenfalls wird die Behauptung zitiert, dass es sich um „linksextreme Bedrohungen“ gehandelt habe. Die AfD behauptet sogar „die Antifa“ bedrohe die Kinder des Wirts „mit dem Tod“.

Doch das stimmt so nicht. Die Staatsanwalt bestätigte zwar, dass der Vermieter des Saals, Deniz Saray, zwei anonyme Anrufe erhalten habe, aber um Morddrohungen habe es sich nicht gehandelt. Der erste Anrufer habe gefragt, ob sich der Vermieter die Ausrichtung gut überlegt habe und dass es Konsequenzen haben würde. Der zweite habe den Veranstalter aufgefordert, sich das noch einmal zu überlegen, weil die Dinge eskalieren könnten (Quelle). „Da jetzt eine Morddrohung rein zu interpretieren, halte ich für gewagt“, sagte der Staatsanwalt.

Vermieter habe der AfD nie zugesagt

Der Vermieter habe laut Staatsanwalt die AfD dann kontaktiert und die Veranstaltung abgesagt. Dass die Anrufer aus dem „linksextremen Spektrum“ stammen kann die Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht bestätigen. Dennoch ermittelt sie wegen eines potentiellen politischen Hintergrunds. Auf der Facebook-Seite der Veranstalter hingegen klingt die Sache noch ganz anders. Dort heißt es, sie haben eine Anfrage der AfD erhalten, aber abgesagt.

Und es klingt so, als hatte der Anruf den Zweck, dass die AfD aufgefordert werden soll, nicht mehr fälschlicherweise mit ihren Räumen zu werben. „[G]ut möglich das es wo anders angezeigt wird das haben wir aber mit der Partei heute geklärt das diese Anzeigen verschwinden [sic]“. Auf seiner privaten Seite erklärt der Vermieter sogar, dass die Veranstaltung der AfD, die vermeintlich bei ihm stattfinden hätten sollen, „Gerüchte“ gewesen seien. Er habe „2-3“ Anfragen der AfD abgelehnt.

Screenshots facebook.com (Übersetzung von Facebook aus dem Türkischen)



Wieder übertrieben?

Der Fall erinnert stark an einen weiteren Vorfall um die Bremer AfD. Ein Angriff von bisher immer noch unbekannten Personen gegen Frank Magnitz wurde im Januar von der AfD zu einem „Mordanschlag“ stilisiert. Dabei wurden viele Details erfunden, wie das berüchtigte Kantholz, sowie haltlose Anschuldigungen an vermeintliche „Linksextreme“ und die „Antifa“ gemacht. Die Zeugen und die Staatsanwaltschaft widersprachen der  Darstellung der AfD.

Fall Magnitz: Helfender Handwerker widerspricht der AfD-Darstellung

Die Presse hat damals den Fehler gemacht, die unbestätigte Darstellung der AfD mit Zitaten (und teilweise ohne) zu verbreiten. Wie Übermedien hier zusammengefasst hat, haben viele Medien die Behauptungen der AfD zum Vorfall unkritisch gemeldet, dabei stellte sich später ein Großteil davon als falsch heraus. Mit den „Morddrohungen“ scheint es sich erneut so zu verhalten und dennoch präsentierten verschiedene Medien, wie aus der Springer-Gruppe, diese Darstellung in den Headlines.

AfD Pressemitteilungen sind mit Vorsicht zu genießen!

Sicherlich sollten die Anrufe als Drohungen gehandhabt werden. Doch von „Morddrohungen“, gar gegen „Kinder“ zu sprechen ist wohl falsch. Es scheint sogar den Eindruck zu erwecken, die AfD habe mit einem Veranstaltungsort geworben, der ihnen gar nicht zugesagt worden sei, wenn Deniz Saray selbst sagt, sie hätten nur eine Anfrage erhalten, die sie abgelehnt hätten. Und dass es sich um ein  „Gerücht“ handle. Erst Recht ist es fatal, wenn AfD-Spekulationen über die Täter verbreitet werden, die nichts weiter sind als das: Spekulationen. Aber dennoch bleibt diese Präsentation bei den Leser*innen hängen.

Die AfD Bremen hat es wieder einmal nötig gesehen, einen Vorfall auszuschmücken und sich die passenden Schuldigen dazu zu dichten. Doch Teile ihrer Darstellung sind gelogen und andere sind Spekulation. Journalist*innen sollten inzwischen dazu gelernt haben. dass derartige Pressemitteilung der AfD schlicht und einfach zu unzuverlässig sind, um sie zu verbreiten. Die „Lügenpresse“ ist sonst der beste Helfer für die Verbreitung für AfD-Propaganda.

Artikelbild: Screenshot facebook.com/twitter.com