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Fail! Wie sehr die AfD mit diesem Wahlplakat eines Sklavenmarkts daneben liegt

von | Apr 27, 2019 | Aktuelles, Kommentar

So viel falsch

Die Berliner AfD verwendet für ihren Europawahlkampf einen Ausschnitt aus einem Gemälde des 19. Jahrhunderts. Eine nackte Frau, umbringt von turbantragenden Männern. „Damit aus Europa kein ,Eurabien‘ wird!“ schreibt die AfD dazu, sowie „Europäer wählen die AfD!“ Was die AfD damit sagen möchte, ist klar: „Muslime“ werden weiße Europäer irgendwann als Sklaven handeln. Und Brüste sind natürlich auch ein Hingucker. Die perfekte AfD-Werbung.

Und in der Tat ist das eine typische AfD-Werbung. Denn sie beweist, dass sie keine Ahnung von Geschichte und Kultur hat, dass sie Tatsachen verdreht und falsch darstellt und dass sie dabei auch noch Rhetorik von rechtsextremen Massenmördern verwendet. Die perfekte AfD-Werbung eben. Denn das Wahlplakat zeigt nicht das, was die AfD denkt, dass es zeigt.



Der osmanische Sklavenmarkt

Nehmen wir da zuerst einmal das missbrauchte Gemälde. Gemalt vom Franzosen Jean-Léon Gérôme (1866) zeigt es laut Bildbeschreibung einen Sklavenhändler, der eine aus Abessinien stammende Sklavin auf einem osmanischem Sklavenmarkt begutachtet. Passt nicht so ganz in die Darstellung, oder? Ironischerweise hatte das Bild damals einen ähnlichen Zweck: Es sollte vage nahöstliche „barbarische“ Sklavenpraktiken zeigen und gleichzeitig als Entschuldigung dienen, eine nackte Frau zu betrachten.

„Das Bild ist Teil der AfD-Serie ,Aus Europas Geschichte lernen’“, schreibt die AfD. Und beweist damit, dass sie das genau nicht getan hat. Nicht nur ist ein wesentlicher Teil des Gemäldes die absichtliche, voyeuristische Zurschaustellung einer nackten Frau, sondern es handelt sich darüberhinaus um einen Käufer einer Frau aus Abessinien, also einer Afrikanerin. Das Gesicht des Käufers ist verdeckt, es könnte sich also genauso gut um einen Europäer handeln, der afrikanische Sklaven einkauft. So wie es historisch ja sehr oft der Fall war (Hier). Aber vielleicht meint die AfD ja einen anderen Teil der europäischen Geschichte? Immerhin schreibt sie von „Eurabien“.

„Eurabien“ stammt aus Breiviks Manifest

Es ist höchst bitter, aber die Wortschöpfung „Eurabien“ wurde genau so auch vom Terroristen und Massenmörder Anders Breivik verwendet, der in seinem Manifest vor einer „Verschwörung gegen Europa“ warnte und eben auch vor einem „Eurabia“, einer vermeintlichen „Invasion“ durch den Islam. Was möchte die AfD von einem Mann lernen, der 77 Menschen ermordet hat? Etwas ähnliches gilt übrigens auch für die Rhetorik des Christchurch-Mörders. Mehr dazu:

6 Dinge, die der Christchurch-Terrorist mit AfD & Co. gemeinsam hat

Aufgefordert, das Plakat abzuhängen

Jetzt meldete sich auch das US-Kunstmuseum Clark Art Institute, in welchem das Gemälde Gérômes hängt. Sie forderten die AfD auf, ihre Plakate mit diesem Motiv abzuhängen und nicht länger für ihren Wahlkampf zu benutzen. „Wir verurteilen die Verwendung des Gemäldes scharf“ und „bestehen“ auf eine Unterlassung, schreibt Museumsdirektor Olivier Meslay (Quelle). Das Museum lehne die politische Instrumentalisierung des Plakats ab.

Voyeurismus, Geschichtsrevisionismus, Hetze

Fassen wir zusammen: Das Bild stellt nicht das dar, was die AfD glaubt, dass es darstellt. Und das, wovor sie warnt, ist nicht nur eine wirre Fantasie, sondern auch noch die wirre Fantasie von rechtsextremen Mördern. Es wird nur verwendet, weil es eine nackte Frau zeigt und weil es dem eigenen Klientel ein falsches Bild vermittelt, das diese Szene ausdrücken soll. Und was angeblich passieren könnte. In Anbetracht dessen, dass es historisch vor allem Europäer waren, die Afrikaner versklavten, ist diese Implikation geschichtsrevisionistisch und absurd.

Es ist das falsche und vereinfachte Weltbild der AfD, die turbantragende Personen mit Muslimen gleichsetzt und Hautfarbe mit Herkunft. Was natürlich tiefst rassistisch ist. Die AfD verbreitet ein falsches und rassistisches Bild der Geschichte und ein noch falscheres der Zukunft. Sie spielt mit den Ängsten der Menschen, die sie selbst befeuert und verwendet dabei die Sprache von faschistischen Terroristen. Sie hat weder die Geschichte, noch die Kunst verstanden.

Anmerkung: In einer früheren Version sprachen wir von einem „christlichen Käufer“, doch eine Nachrecherche konnte diese Tatsache nicht bestätigen. Wir haben den Artikel entsprechend angepasst. Artikelbild: Screenshot facebook.com/AfD Berlin