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Mit diesen 6 Strategien könnte man die AfD schlagen, sagen Wissenschaftler

von | Nov 13, 2018 | Analyse

Rechtspopulismus mit der Wissenschaft schlagen

Der durchschnittliche Wähleranteil populistischer Parteien in Europa ist von rund 6% Anfang der 2000er auf inzwischen 15% angestiegen. (Rechts)Populismus gab es schon immer, aber nicht in diesem Ausmaß. Das Mitte-Rechts/Mitte-Links Duopol-System Europas wurde jetzt de facto abgelöst, die Parteienlandschaften zersplittern sich überall. Die Grenze zwischen Populismus und Autoritarismus ist fließend.

Das sind die Feststellungen des Jahresberichts des Mercator Forum für Migration und Demokratie (MIDEM) „Migration und Populismus“ der TU Dresden. Ihre neue Studie zu den Ursachen und Hintergründen des Aufstiegs rechtspopulistischer und rechtsextremer Parteien im Kontext von Migration ist höchst lesenswert. Sie listen unter anderem 6 Strategien auf, wie man mit Rechtspopulismus umgehen könnte.



1. Deutungshoheit wiedererlangen

Laut der Studie beutet Populismus Ängste und Sorgen aus. Die AfD suggeriert, dass „man“ die Kontrolle über Migrationsströme verlieren könnte und dass dies deine Identität bedroht – ob das stimmt oder nicht. Auf dieser Angst fußt im Grunde genommen die gesamte Anziehungskraft rechtspopulistischer Parteien wie der AfD.

Wichtig ist deshalb, zu verhindern, dass die AfD den Ton und die Interpretation der der Ereignisse kontrolliert. Ihren oft falschen Behauptungen muss widersprochen werden, aber nicht dadurch, dass ihre Wiedergabe der Ereignisse wiederholt wird. Man muss Fakten und Geschichten verbreiten, auf die die AfD reagieren muss, nicht anders herum.

2. Diskussionen versachlichen

Ganz wichtig ist, dass Parteien und Medien nicht die Skandalierungsstrategien der Populisten übernehmen. Migration muss sachlich und unaufgeregt adressiert werden. Blinde Emotionen verhindern eine Aufnahme von Fakten und sachlichen Argumenten. Durch eine Rückkehr zu Fakten werden Populisten die wichtigsten Werkzeuge genommen. Die Voraussetzungen dafür sind günstig, denn: „In vielen europäischen Ländern überwiegen positive Einstellungen gegenüber Migration. Politik und Medien sollten diese Voraussetzungen nutzen.“

3. Potenzial der Bildungsarbeit ausschöpfen

Um den Punkt 2 zu stärken ist es wichtig, politische Bildung zu fördern, sagt die Studie. Wenn man einen Erfahrungsaustausch zu den Gebieten Migration und Integration fördert, sind BürgerInnen ansprechbarer für sachliche Argumente. Außerdem werden unrealistische Erwartungshaltungen an die Politik abgebaut, wenn „die Kompromissbedürftigkeit und Zeitintensität demokratischer Entscheidungsfindung“ gelernt wird.

4. BEGEGNUNGSRÄUME VOR ORT SCHAFFEN

Da fremdenfeindliche Einstellungen und Ängste vor Migration gerade dort am größten sind, wo eben kein Kontakt zu Zugewanderten besteht, empfiehlt die Studie, den Kontakt und den Dialog zu fördern. Geeignet dazu seien zivilgesellschaftliche Vereinigungen und Assoziationen, um Kontakte und Erfahrungen auszutauschen. Abstrakte Dämonisierungen und Pauschalisierungen funktionieren nicht, wenn man ganz normale Menschen kennen lernt.

5. Gesamteuropäischer Plan für Migration

Wichtig für die Bekämpfung von Ängsten ist auch der Abbau realer Hürden und Probleme mit Migration. Die größte Schwierigkeit liegt hier in der Uneinigkeit der europäischen Mitgliedstaaten und fehlender bindender Regeln im Umgang mit Schutzsuchenden, wie die Studie sagt. Nicht nur braucht es ein gemeinsame Konzept.

Auch muss dieses Konzept individuelle Lösungen für einzelne Länder anbieten, um einen „noch tieferen Riss zwischen Westeuropa einerseits und Mittel- und Osteuropa andererseits zu verhindern.“ In diesem Zusammenhang ist der Migrationspakt auch ein erster Schritt in die richtige Richtung – Weshalb Rechtspopulisten ihn auch so sehr verhindern wollen.

Die 5 größten Lügen der Rechten über den Migrationspakt

6. KONKRETE PROBLEME ADRESSIEREN

Die Studie stellt fest, dass Rechtspopulisten und Rechtsextreme davon profitieren, dass man Migration als das wichtigste oder eines der wichtigsten Probleme empfindet. Die Politik reagierte bisher darauf mit Verschärfungen im Bereich der Flüchtlingspolitik, wie Obergrenzen und Behinderungen der Seenotrettung. Doch das hat nicht dabei geholfen, dass WählerInnen zufrieden gestellt werden, eher im Gegenteil.

Die Studie stellt fest, dass es „neue politische Angebote“ braucht, die „jene Problemlagen adressieren, die den gesellschaftlichen Konfliktlinien zugrunde liegen.“ Sprich: Migration ist nicht der Auslöser für Rechtspopulismus, sondern nur dessen Anlass. Es braucht bürgernahe und verständnisvolle Politik in allen Bereichen, wie beispielsweise Wohnungspolitik oder die Situation der Pflege, da diese für den Unmut hauptverantwortlich sind.

Wir empfehlen die Lektüre der ganzen Studie (Hier).

zum Thema: 5 ÜBERRASCHENDE FAKTEN ÜBER MIGRATION & RECHTSPOPULISMUS

Studie: 5 überraschende Fakten über Migration & Rechtspopulismus

Artikelbild: photocosmos1, shutterstock.com