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Die 12 unglaublichsten Dinge, die die AfD Sachsen für Kinder & Jugendliche plant

von | Mai 31, 2019 | Analyse, Politik

Das Wahlprogramm der AfD sachsen

Das Verhältnis der AfD Sachsen zu Kindern und Jugendlichen ist äußerst eigenartig. Der Entwurf des „Regierungsprogramms“ der AfD Sachsen benötigt viel Analyse und Einordnung, doch einen Vorgeschmack dessen, was diese Partei umsetzen möchte, sollte sie an die Regierung kommen, sieht man allein daran, wie sie mit Kindern umgehen möchte. Und anscheinend gibt es für sie zwei Sorten Kinder. Hier (nur) 12 Auszüge aus ihrem Wahlprogramm.*



1. „Toleranz statt akzeptanz“?

In Punkt 5.3. zeigt die AfD ein seltsames Verständnis dieser Begriffe. Sie erklärt offen, dass sie LGBTQ-Personen nicht akzeptiert und dass das auch öffentlich so gehandhabt werden soll. Sie möchte im öffentlich Raum die Existenz von LGBTQ-Personen totschweigen und ein erzkonservatives Familienbild propagieren. Denn Liebe und Sexualität lassen sich nicht einfach ausklammern.

Wenn eine heterosexuelle Partnerschaft als normal dargestellt wird, eine homosexuelle aber als „Frühsexualisierung“ behandelt wird, handelt es sich um eine geheuchelte Diskriminierung. Kinder sollen „behütet“ aufwachsen, aber das gilt nicht für Kinder, deren Sexualität nicht heterosexuell ist. Denen wird deutlich erklärt: Ihr werdet nicht akzeptiert.

2. Kein Geld für Russlanddeutsche?

Die AfD fordert, dass Landeserziehungsgeld nur diejenigen Personen erhalten sollen, deren Eltern mehr als 10 Jahre ALLEINIG die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft und deren Kinder, selbst wenn diese hier geboren und aufgewachsen sind, werden als Familien zweiter Klasse behandelt. Besonders hart trifft das Russlanddeutsche und Polen, welche gleichzeitig die größten Gruppen der Doppelstaatler ausmachen und überproportional oft die AfD wählen. Diese sollten sich ihre Stimme vielleicht noch einmal überlegen, wenn sie Kinder haben oder haben wollen.

3. Maximal 10% nichtdeutsche Kinder? Und der Rest?

Die AfD Sachsen möchte den Anteil nichtdeutschsprachiger Kinder in Kitas auf maximal 10% begrenzen. Abgesehen davon, dass Sachsen eines der Bundesländer mit dem geringsten Anteil fremdsprachiger Kinder in Kitas ist, stellt sich doch die Frage: Wohin mit den Kindern? Bekommen diese keinen Kita-Platz?

Nicht nur werden wieder Kinder nichtdeutscher Herkunft wie Kinder zweiter Klasse behandelt, diesen Kindern wird effektiv auch die Möglichkeit genommen, Deutsch erst zu erlernen. Eben an Kitas und den Schulen können sie diese Sprachkenntnisse erwerben, wenn schon nicht aus dem Elternhaus. Dann wird das Problem doch nur eine Stufe weiterverschoben: Dann kommen die Kinder ohne Kita und ohne Sprachkenntnisse in die Schule. Und noch ein Denkfehler der AfD: Was machen internationale Schulen mit dieser Regelung?

4. Einkommensschwache Haushalte weiter schwächen

Sie möchten die Schülerbeförderung fördern, jedoch für die Hilfe einen Eigenanteil fordern. Das führt die ganze Idee der kostenlosen Schülerbeförderung ad absurdum. Denn die einkommensschwächsten Haushalte trifft dieser Anteil am stärksten, und es sind doch gerade diejenigen, die ihn am nötigsten hätten. Einkommensschwache Haushalte mit Kindern sollten sich überlegen, ob ihnen das ihre Stimme für diese Partei wert ist.

5. Behinderte kinder sollen ausgeschlossen werden

Die AfD behauptet gleichzeitig, die Teilhabe der Kinder am Bildungssystem sei erfüllt und wehrt sich gleichzeitig gegen eben jene Inklusion. Eine Segregation von Kindern mit Behinderung ist eben genau keine Teilhabe. Besonders absurd: Was ist denn mit „ideologisch“ gemeint? Ein Hinweis gibt eine AfD-Anfrage, die jüngst gestellt wurde, die fragte, wie viele Behinderte es in Deutschland gebe und welche Rolle Inzucht und Eheschließungen unter Migranten spielen. Dutzende Sozialverbände waren entsetzt, erinnert es doch an die Ideologie des dritten Reiches.

6. Flüchtlingskinder sollen ausgeschlossen werden

Wieder einmal begeht die AfD Sachsen einen Grundfehler und setzt Flucht mit Migration gleich, dabei sind das zwei völlig verschiedene Dinge. Erneut sollen Kinder mit Fluchterfahrung nicht nur von der Bildung sondern vom Leben ausgeschlossen werden. Soll es „Sonderschulen“ für Kinder von Asylbewerbern geben? Oder wird diesen Kindern pauschal der Zugang zu Bildung verweigert? Niemand weiß, wie lange Fliehende hier leben müssen, sie sollten doch Zugang zur Sprache und Arbeitsmarkt erhalten, um hier leben und arbeiten zu können, so lange ihre Heimat bedroht ist.

Die AfD möchte also fördern, dass die Flüchtlingskinder kein Deutsch lernen, eigentlich gar nichts lernen („Zeit bis zur Rückkehr […] überbrücken“). Wenn sie dann aber kein Deutsch können oder nicht arbeiten, werden sie als Last für den deutschen Steuerzahler porträtiert? Das ist absurd und widersprüchlich. Was spricht dagegen, Kinder auszubilden und sie später in die Sozialkassen einzahlen zu lassen, selbst wenn sie eines Tages wieder in ihre Heimat zurückkehren können?

7. AfD für rassismus an schulen?

Sehr bezeichnend ist, dass sich die AfD bei den Schulprojekten „Schule ohne Rassismus“ angesprochen fühlt, wenn sie es als „Kampf gegen die AfD und ihre politischen Positionen“ bezeichnet. Ok, offenbar ist die AfD damit schamlos offen rassistisch. Denn das Projekt gibt es viel länger, als es die AfD gibt. Und die Frage bleibt auch: Wenn die Kinder nicht lernen sollen, dass Rassismus gefährlich und schlecht ist, will die AfD damit Rassismus fördern? Eine erschreckend ehrliche Passage.

8. Absurde Nahrungspläne

Ohne auf die Absurdität einzugehen, eine ganze Religion als „unserer Kultur feindlich“ darzustellen – dazu ein anderes Mal mehr – ist der große Widerspruch doch: Wenn der Islam nicht von staatlich geprüften Lehrer*innen unterrichtet wird, dann lernen die Kinder doch nur vom Elternhaus und von den Imamen in den Moscheen. Wenn man ehrlich einen toleranten Glauben unterrichten wollen würde, wäre ein staatlicher Religionsunterricht das beste Werkzeug dafür. Die AfD macht das Problem, das sie bekämpfen möchte durch ihre ideologische Verblendung nur schlimmer.

Und zum „Halelen Essen“: Wenn die AfD jedwedes Essen verbieten möchte, das halal ist, dann wird es wohl fortan kein Obst, kein Gemüse, keinen Reis oder kein Wasser mehr geben. Es ist natürlich absurd, weil die AfD das nicht meint. Aber das wäre eine Folge der verblendeten Einstellung gegenüber einer Religion: Dass Kinder ausschließlich Schweinefleisch zu essen bekommen müssten oder dergleichen. Man kann auch ganz normales Essen anbieten, das ist oft halt einfach halal.

9. Sinnlose forderung für universitäten

Hier wieder der große Widerspruch bei Nationalismus: Durch die Abschaffung des international anerkannten Bachelor- und Mastersystems würde Sachsen ihre AkademikerInnen auf internationaler Bühne entwerten. Das Erhalten der Sprache Deutsch als „Lehr- und Wissenschaftssprache“ ist gleichzeitig unglaublich vage, sinnlos und kontraproduktiv. Für internationale Firmen, Studiengänge und Lehreinrichtungen wäre das fatal. Und die Frage bleibt: Wo ist Deutsch nicht mehr relevant, wo Relevanz von Nöten wäre? Dieser Punkt ist nichtssagend.

10. Minderjährige Abschieben

Es ist erneut ein absurder Punkt: Die AfD möchte Minderjährige abschieben? Dabei ignoriert sie die Realität, denn wenn sie aus Ländern fliehen, aus welchen Schutzsuchende angenommen wären kann man sie nicht in ihre Heimatländer abschieben. Und häufig ist ja das Problem, dass man nicht weiß, wo sich die Eltern befinden. Diese Forderung scheitert am Grundgesetz und an den Menschenrechten und ist gleichermaßen sinnlos wie grausam. Und nochmal: Hier geht es um Kinder und Babies!

11. Einführung von flüchtlingsghettos

Nur noch Sachleistungen, eine Residenzpflicht , Ausgangskontrollen und Ausganssperren. Und das dezidiert auch für Kinder und Jugendliche, die nicht nur auf die Nacht begrenzt sind. Zusammen mit der obigen Erklärung für eigene Schuleinrichtungen gewinnt man den Eindruck, die AfD möchte Flüchtlingsghettos einrichten und diese Menschen vom sozialen Leben vollkommen abschneiden. Erneut sieht man, dass keine Integration gewollt ist. Während man sich gleichzeitig über eben jene Fehlende Integration echauffiert.

12. Ausschluss aus dem Leben als „Eigeninitiative“ verkaufen

Dieser Punkt fasst es noch einmal gut zusammen: Schutzsuchende sollen dezidiert nicht integriert werden. Es soll keine Möglichkeit geben, sich zu integrieren oder die Sprache zu lernen, aber es wird erwartet, dass das in „Eigeninitiative“ geschieht. Menschen ohne Sprachkenntnisse und oft ohne finanzielle Mittel (Sachleistungen) sollen komplett abgeschnitten werden und es wird erwartet, dass sie sich selbstständig um alles kümmern. Gleichzeitig wird mit deren Hilflosigkeit Stimmungsmache betrieben. Es ist absurd.

Besonders leiden darunter die Kinder, die buchstäblich allein gelassen werden, keine Hilfen erhalten sollen, besonders gilt das für unbegleitete Minderjährige, denen der Zugang zu Bildung, Deutschunterricht und Hilfen völlig abgeschnitten werden soll. Und von denen erwartet wird, dass sie sich selbstständig Deutsch beibringen? Die AfD lebt in einer Fantasiewelt.

Fazit

Wer Kinder mag, darf die AfD Sachsen nicht wählen. Für die AfD gibt es zwei Arten von Kindern: Deutsche (Sprich: Nur mit deutscher Staatsbürgerschaft), nicht behinderte Kinder reicher Eltern und alle anderen, deren der Zugang zu Bildung und Teilhabe erschwert und unmöglich gemacht werden soll. Das Verdrängen von Kindern mit Migrationshintergrund oder einkommenschwacher Haushalte ist deutlich und wird auch teilweise explizit als Ziel erklärt. Und ich möchte daran erinnern: Hier geht es um Kinder!

Die AfD will Kindern kein Deutsch beibringen, sie will nicht dass sie Bildung erhalten können, oder demokratische Werte wie Toleranz im Religionsunterricht gelehrt bekommen, Kinder von Eltern mit doppelter Staatsbürgerschaft (und ohne deutsche) werden aktiv finanziell benachteiligt. Das trifft vor allem Menschen mit polnischer und russischer doppelter Staatsbürgerschaft. Behinderte Kinder sollen ebenfalls ausgeschlossen werden, ebenso wie die Kinder von Schutzsuchenden.

Die Politik der AfD Sachsen ist realitätsfern, widersprüchlich, sinnlos, grausam, rassistisch und erreicht teilweise das Gegenteil dessen, was sie will. Und die absurdeste Wählertäuschung: Für die meisten Punkte ist das Land Sachsen nicht einmal zuständig. Diese Politik, sofern sie überhaupt umsetzbar ist, wird erst zu einer Benachteiligung vieler Kinder und Jugendliche führen, die der AfD mehr Munition für Hetze bietet. Die AfD würde an der Regierung auf dem Rücken von Kindern ihre ideologische Verblendung ausleben. Es wären Kinder, die besonders unter der Politik der AfD zu leiden hätten.

*Ergänzung: Diese Punkte haben auch Eingang in das endgültige Wahlprogramm gefunden, stehen aber teilweise an anderen Stellen. Danke an Marianna Henning für die Recherche! Artikelbild: pixabay.com, CC0