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Falsche Bilder, Wer hat Schuld? 3 Fakten über den Amazonas-Regenwald-Brand

von | Aug 26, 2019 | Aktuelles, Analyse, Politik

3 Fakten über den brand

Der Amazonas-Regenwald erlebt seine schlimmsten Waldbrände seit Jahren. Darüber wird viel berichtet, und viele Menschen sind zu Recht entsetzt über die Ausmaße. Doch beabsichtigt oder nicht werden so einige falsche Behauptungen, Videos und Bilder geteilt. Wir machen einen kleinen Faktencheck.



1. Diese Bilder zeigen nicht die amazonas-brände

 

Screenshot Twitter (via Mimikama)

Keines dieser vier Bilder zeigt die aktuellen Brände. Links oben zeigt einen Waldbrand in Kalifornien. Das Bild wurde bereits im August 2013 vom US Department of Agriculture auf Flickr veröffentlicht. Das Bild rechts oben zeigt den Amazonas im Juni 1989 (Quelle). Links unten zeigt wirklich einen Waldbrand im Amazonas. Das genaue Jahr ist allerdings unklar, aber der Fotograf ist bereits seit 2003 verstorben (Siehe), von daher ist es mindestens 16 Jahre alt. Rechts unten ist eine echte digitale Karte von Bränden in Südamerika, zeigt aber die Häufigkeit von Bränden zwischen 2000 und 2014.

Screenshot Facebook (via Mimikama)

Bei diesen Bildern handelt es sich (offensichtlich hoffentlich) um computergenerierte Grafiken. Gemacht wurden sie vom Grafikdesigner Julian Esteban Majin. Man findet sie auf Facebook und Instagram.

Screenshot Facebook

Dieses Bild wurde ebenfalls zehntausende Male geteilt, das Bild stammt aber aus dem Jahr 2017 und entstand in Indien (Quelle). In einem Beitrag vom 22. August schreibt der Urheber des Bildes, dass er darum bittet, das Bild nicht zu verbreiten: „Bitte verbreitet keine Falschmeldungen. Das Bild stammt aus Indien (Jabalpur), nicht vom Amazonas.“

Ausführlich haben das die Kollegen von Mimikama schon recherchiert:

https://www.mimikama.at/allgemein/amazonas-faktencheck/

Ja, aber..!

Und klar: Viele von euch wissen vielleicht, dass es Fake-Bilder sind – oder zumindest Symbolbilder. Und es ist gut und richtig, wenn auf das Problem aufmerksam gemacht werden soll, jedoch sind schön „dramatisch“ in Szene gesetzte, falsche Bilder leider immer noch falsche Bilder und damit kontraproduktiv. Wer Fake Bilder nutzen muss, um auf ein Problem aufmerksam zu machen, gibt damit indirekt zu, dass die Realität nicht schlimm genug sei. Natürlich geht es wie immer um die emotionale Inszenierung, doch falsche Bilder können die Botschaft unglaubwürdig machen oder die Wahrnehmung verzerren.

2. Fake-Video

Ebenfalls ein Fake ist dieses Video, das angeblich zeigen soll, wie die Feuer über einen Helikopter angefacht werden sollen:

https://www.facebook.com/100009825259181/videos/936636310007202/

Wie auch die Kollegen von Mimikama bereits überprüft haben, ist das Video mindestens ein Jahr alt und zeigt ein Waldgebiet in Kanada. Nadelbäume gibt es schließlich nicht im Regenwald. Es werden aber wirklich Bäume entzündet – als letzte Gegenmaßnahme gegen Waldbrände. Das „backburning“ wird angewendet, um eine Schneise in einen Wald zu brennen, um Großbrände einzudämmen (Quelle). Dieses kontrollierte Feuer kann man leichter löschen und gleichzeitig dem größeren Brand begrenzen.

3. Der Amazonas brennt nicht einfach so

… er wurde angezündet. Es ist kein wildes, „natürliches“ Feuer. In anderen Wäldern gehören sie teilweise zum natürlichen Kreislauf. Das gilt aber nicht für den Amazonas-Regenwald. Das sind keine „natürlichen“ Brände. Sie wurden absichtlich gelegt. Und zwar nicht im Sinne von Brandstiftung, auch wenn der rechtsextreme Präsident Brasilien Bolsonaro gegen einzelne Brandstifter vorgehen will (Mehr dazu). Das ist jedoch Augenwischerei, denn das Problem sind nicht die „illegalen“ Feuer, sondern diejenigen, die von der Regierung gewünscht sind, weil sie sich wirtschaftlich lohnen.

Im Gegensatz zum Regenwald kann auf abgebrannten Flächen Rind für die Fleischproduktion grasen oder Soja für Tierfutter angebaut werden. Dafür wird der Regenwald abgebrannt. Natürliche Waldbrände können in der Trockenzeit vorkommen und kommen tatsächlich in jüngsten Jahren immer häufiger vor. Denn es regnet weniger, weil weniger Regenwald existiert. Denn der Regenwald, wie der Name schon sagt, erzeugt Regen durch den Wasserkreislauf. Doch der Hauptgrund für die großen Waldbrände ist die neue brasilianische Regierung.

Seit der rechtsextreme Präsident Brasilien Bolsonaro Anfang des Jahres an die Macht kam, hat er Umweltregulierungen gestrichen, das Budget für die Umweltbehörde gewaltig gekürzt, unzählig viele Abholzungsgenehmigungen erteilt und Schutzrechte für die indigene Bevölkerung aufgeweicht (Quelle). Die Abholzung Brasiliens stieg um 40% im letzten Jahr – eine Info, für die der Chef der Bundesbehörde einfach gefeuert wurde (Quelle), weil die Wahrheit schlechte PR sei. Bolsonaro lügt, dass dem nicht so sei. Und ohne jegliche Beweise gibt er willkürlich Umweltorganisationen die Schuld an den Bränden. Was ebenfalls gelogen ist.

Warum lässt bolsonaro den regenwald brennen?

Das ist nicht einfach Bosheit oder Zerstörungswut, sondern hat mit der grundlegenden ideologischen Ausrichtung der brasilianischen Regierung zu tun. Diese hat zwei Aspekte: Einer ist ökonomisch. Im Regenwald wird viel monetäres Potential gesehen, denn niemand verdient an der bloßen Existenz des Regenwaldes, wohl aber, wenn an seiner Stelle landwirtschaftliche Flächen stehen. Der zweite Aspekt hat mit einer rassistischen Ideologie zu tun, die „unzivilisiertes“ Land „erobern“ und nutzbar machen will. Mehr dazu gleich.

Deshalb wird mehr legale Abholzung ermöglicht, mehr Landwirtschaft, Inspektionen und Regulierungen werden weniger. Und illegaler Landraub wird ignoriert, für welchen der Wald abgebrannt wird, um Gras darauf zu pflanzen und es an Landwirte zu verkaufen. Und jetzt kommt das Problem des Nationalismus ins Spiel: Denn der Grund, warum die Zerstörung des Regenwaldes so fatal ist und warum er von Bolsonaro abgebrannt wird, ist leider ein- und derselbe.

Der Amazonas brennt wegen rechtsextremismus?

Der Amazonas-Regenwald ist unglaublich wichtig und wertvoll für die Welt. Schätzungen zu Folge erzeugt allein der Amazonas etwa 20 Prozent des weltweiten Sauerstoff und ist der größte CO2-Speicher der Welt. Er versorgt die ganze Region mit Niederschlag und erzeugt sogar Regen, der teilweise erst in den USA herabregnet. Er kühlt die Atmosphäre und auch die Gebiete um den Äquator, die viel Sonne abkriegen, aber dennoch kühler sind als beispielsweise die Sahara. Ganz zu schweigen von den unzähligen Tier- und Pflanzenarten und dem Lebensraum von 34 Millionen Menschen, die dort leben (Quelle). Aber das ist das Problem.

Brasilien kriegt kein Geld dafür. Und die nationalistische Weltsicht ist fundamental gegen Konzepte, die unentgeltlich allen Nutzen, denn sie sieht die Welt als Nullsummenspiel. In dieser Weltanschauung muss die Nation nur für sich selbst sorgen und alle, die irgendwie profitieren, sind darin Ausbeuter, die bekämpft werden müssen. Und weil die ganze Welt so sehr den Regenwald erhalten möchte, wird das nicht als Grund gesehen, ihn zu schützen, sondern wird als Bedrohung wahrgenommen. Als fremde, ausländische Interessen, die die Souveränität Brasiliens bedrohen.

Regenwaldabholzung und Fakten

In dieser Weltanschauung muss der Regenwald für ökonomische Interessen zerstört werden, um die eigene Nation zu schützen. Diese Weltanschauung muss zur Not mit Lügen aufrecht erhalten werden. Ein weiterer Aspekt ist natürlich der rassistische, denn der Amazonas-Regenwald ist schließlich nicht unbewohnt, deren indigene Bevölkerung wird jedoch von den Nationalisten als nicht zugehörig wahrgenommen und systematisch unterdrückt.

Deshalb treten Faschismus, Nationalismus und Rassismus so oft gemeinsam auf. Das Fehlen des Regenwaldes wäre allerdings auch fatal für Brasilien selbst, besonders für die Landwirtschaft, die auf den Regen und die Temperaturen angewiesen ist. Der Amazonas wird also wegen nationalistischer und wirtschaftlicher Interessen abgebrannt, die nicht nur Tieren, Menschen und der ganzen Welt schaden, sondern langfristig auch sich selbst. Und nicht erst durch die Klimakrise.

Es ist richtig, darauf hinzuweisen, auch auf den direkten Einfluss, den die Massentierhaltung auf die Regenwaldabholzung hat. Dennoch ist es wichtig, nicht nur rechtsextreme Narrative als Lügen zu entlarven, sondern dabei nicht auch versehentlich falsche Bilder zu verwenden. Denn die Argumentation mit der Symbolik ist in der Regel die „Ausrede“ für rechte Fake News. Doch Emotionalität darf nicht vor Fakten gehen, denn das schadet der Botschaft.

Artikelbild: pixabay.com, CC0 / Screenshot facebook.com