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Mit diesen Fakten über Flüchtlingskriminalität zerlegst du die AfD in Diskussionen

von | Sep 30, 2018 | Analyse

Fakten, Zahlen, Hintergründe

Die AfD hat nur ein Thema (Wirklich nur eines): Sicherheit rund um Migration. Will man den Rechtsradikalen Glauben schenken, begehen nur Schutzsuchende Straftaten und überhaupt sei Deutschland viel unsicherer. Doch das einzige, was sich verändert hat, ist die Wahrnehmung der Menschen.

In AfD-nahen Filterblasen wird jede echte oder auch erfundene Straftat eines Nicht-Deutschen (oder sogar Deutschen mit Migrationshintergrund) zum Skandal stilisiert. Aber schauen wir uns einfach mal die Zahlen, Statistiken und Zusammenhänge an, wie sie wirklich aussehen. Die offiziellen Statistiken haben natürlich auch ihre Schwächen, aber sie sind die besten Daten, die wir haben.



Asylbewerber, anerkannte Flüchtlinge, Geduldete?

Die AfD verwendet viele Begriffe synonym. Da werden Moslems, Flüchtlinge, Asylbewerber, Deutsche mit Migrationshintergrund uvm. einfach in einen Topf geworfen. Wenn man ein einfach zu hassendes Feindbild kreieren will, ist das vielleicht sinnvoll. Nicht, wenn man seriös über Kriminalität und Sicherheit reden will. Aber eines vorweg: Deutsche mit Migrationshintergrund sind Deutsche. So steht das in unserem Grundgesetz: Wer einen deutschen Pass hat, ist Deutscher. (Mehr dazu)

In den Statistiken wird von „Zuwanderern“ gesprochen (ein irritierender Begriff, da das eine Gruppe meint, die nicht zuwandert, sondern vor Krieg und Verfolgung flieht). Das sind Asylberechtigte bzw. Schutzberechtigte im Sinne des Völkerrechts, Asylbewerber, Menschen mit einer Duldung, „Kontingent- bzw. Bürgerkriegsflüchtling“ und Menschen die keine gültige Aufenthaltserlaubnis haben, sich also „unerlaubt“ in Deutschland aufhalten.

Zwischen Januar 2015 und März 2018 wurden „insgesamt rund 1.390.000 Asylsuchende registriert, davon rund 890.000 im Jahr 2015, rund 280.000 im Jahr 2016, rund 186.600 Asylsuchende im Jahr 2017 und rund 34.000 Asylsuchende in den ersten drei Monaten des Jahres 2018.

Wie kriminell sind „Zuwanderer“?

Laut BKA (1. Quartal 2018): 66.200 Fälle, bei denen mindestens ein Zuwanderer als Tatverdächtiger erfasst wurde. Das heißt: 66.200 Fälle mit Verdächtigen (nicht Tätern!), die für versuchte (!) oder vollendete Straftaten registriert wurden. Das BKA schreibt dazu: „Die Mehrheit der Zuwanderer trat nicht im Zusammenhang mit einer Straftat in Erscheinung.“ Im Jahr 2017 waren 14% aller Tatverdächtigen „Zuwanderer“.

ABER: Fast die Hälfte aller Verstöße sind gegen das Asylrecht (also v.a. Asyl- und Aufenthaltsdelikte, fehlende Aufenthaltsgenehmigung usw.), sodass dann noch 167.268 Tatverdächtige übrig bleiben, sprich 8,5%. Über 90% aller „Zuwanderer“ werden überhaupt nie als Tatverdächtige registriert oder begehen überhaupt Straftaten.

Touristen und Geschäftsreisende öfter für Mord & Totschlag verdächtig als Asylbewerber

Deutschland ist laut PKS so sicher wie seit 1992 nicht mehr. Seit 2009 ist aber der Anteil an ausländischen Tatverdächtigen auf 30% gestiegen (Achtung! Alle Nicht-Deutschen, nicht nur Zuwanderer). Bei Mord, Vergewaltigung, Körperverletzung, Raub ist die Mehrzahl der Tatverdächtigen deutsch. Aber proportional ist der Anteil der Nicht-Deutschen höher. Sehen wir uns mal die Gewaltkriminalität an (Mord, Totschlag, Vergewaltigung, Körperverletzung etc.).

Anteil an Nicht-Deutschen: 38%. Bei Mord & Totschlag: 42%, bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung: 37%. Von allen Nicht-Deutschen. ABER: Flüchtlinge, Asylbewerber usw. machen hier den kleinsten Anteil aus. Von 2698 Tatverdächtigen für Mord und Totschlag waren 364 „Zuwanderer“, und nur 35 anerkannte Asylbewerber. (Anerkannte Asylbewerber sind insgesamt sogar weniger kriminell als Deutsche) Zum Vergleich: 642 Tatverdächtige sind Touristen, Geschäftsreisende usw. 

Welche Straftaten begehen „Zuwanderer“?

Aus den Zahlen für das erste Quartal 2018: Die meisten Delikte (28%) waren im Bereich der „Vermögens-und Fälschungsdelikte (darunter zu 55% Schwarzfahren). Danach folgt Diebstahl (23%), welcher zu 69% Ladendiebstahl war. Rohheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit waren 22%, mit 76% davon Körperverletzung. Jede zehnte Straftat war ein Rauschmitteldelikt.

Straftaten „gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ machten nur 1,6% aus. Darunter fallen aber nicht nur Vergewaltigungen, sondern auch Kindesmissbrauch, aber auch weniger gravierende wie Exhibitionismus, Belästigung oder Nötigung. Ein Anstieg dieser angezeigten Straftaten liegt darin, dass 2017 das Sexualstrafrecht verschärft wurde und das Anzeigeverhalten gestiegen ist. Straftaten gegen das Leben machten nur 0,13% aus.

Straftaten gegen das Leben

Von Januar bis März 2018 gab es 89 Straftaten gegen das Leben mit mindestens einem „Zuwanderer“ als Tatverdächtigem. Es gab allerdings auch 75 Fälle, in welchem bei einer Straftat gegen das Leben ein „Zuwanderer“ das Opfer war. Und diese Überschneiden sich zum Großteil: bei 64 davon waren ausschließlich Zuwanderer auf Täter- und Opferseite beteiligt. Deutsche werden also selten Opfer eines „Zuwanderers“ bei Straftaten gegen das Leben.

Außerdem bleiben 87% der Taten im Versuchsstadium, so wurden im ersten Quartal des Jahres 11 Personen getötet, davon nur ein Deutscher. In fast einem Viertel der Fälle war der Tatort eine Erstaufnahmeeinrichtung oder eine Sammelunterkunft. Im Bereich der organisierten Kriminalität haben Zuwanderer so gut wie keine Bedeutung.

Anstieg an Morden nicht wegen Schutzsuchenden

Im Jahr 2016 stieg die Anzahl der vorsätzlichen Tötungen in den Statistiken im Vergleich zum Vorjahr dramatisch an. Auch 2017 blieb sie hoch. Die AfD möchte das natürlich auf Flüchtlinge schieben. Doch ein Fünftel aller Tötungen, insgesamt 308 Opfer (!) in den Jahren 2016 und 2017 gehen allein auf das Konto von nur zwei Männern. Beides Deutsche ohne Migrationshintergrund. Hier mehr dazu:

Starker Anstieg der Morde 2016: Fallt nicht auf diese AfD-Propaganda rein!

Anerkannte Flüchtlinge weniger kriminell als Deutsche

Im letzten Jahr gab es demnach 10.511 Tatverdächtige, die den Status „International/national Schutzberechtigte und Asylberechtigte“ haben. Da es von anerkannten Asylbewerbern 550.411 in Deutschland gibt, macht das einen Prozentsatz von 1,9% aus. Der Gesamtdurchschnitt beträgt hingegen 2,57%! Anerkannte Asylbewerber sind UNTERDURCHSCHNITTLICH kriminell! Hier mehr dazu:

BKA: Anerkannte Asylberechtigte weniger kriminell als Deutsche

Überproportionalität an Straftaten

Woran sich Rechte oft klammern, um ihre ausländerfeindlichen Ressentiments zu behalten, ist die Überproportionalität an Straftaten von „Zuwanderern“. Gerechtfertigt werden sollen damit Abschiebungen oder Grenzschließungen. (Dabei gibt es kaum noch ausreisepflichtige Menschen, siehe hier, und kaum noch Schutzsuchende, die in Deutschland und Europa ankommen, siehe hier)

Dabei gab es oben bereits einige Hinweise darauf, woran das Problem liegt. Auffällig sind die Aufnahmeeinrichtungen: Dezentralere Unterbringung, schnelleres Abschließen der Asylverfahren usw. dürften Kriminalität drastisch senken, da anscheinend die Unsicherheit des unklaren Asylstatus und die klaustrophobe Unterbringung in den Aufnahmeeinrichtungen den Stress und die Anfälligkeit für Straftaten erhöht. Nicht umsonst fällt die Straffälligkeit mit der Anerkennung des Asylstatus dramatisch ab (Siehe oben).

Männlicher, Jünger und sozial unsicher

Wie kriminell ein Mensch ist, hängt nicht damit zusammen, was er für eine Hautfarbe hat. Was nachweislich für Kriminalität relevant ist, sind nun mal das Geschlecht, sprich: Männlichkeit (75% aller Tatverdächtigen der PKS, bei Gewaltkriminalität sogar 86 Prozent und bei Vergewaltigung fast 99 Prozent!), Alter und soziale Situation (ob du arm bist, Arbeit hast, etc.).

Und demzufolge müssen „Zuwanderer“ rein statistisch gesehen schon krimineller sein, weil ihr Anteil an sozial schlechter gestellten Männern zwischen 20 und 40 größer ist als in der durchschnittlichen deutschen Bevölkerung12% der Deutschen sind zwischen 20 und 40 und männlich. Bei Asylbewerbern liegt der Anteil an Männern im Alter zwischen 18 und 40 bei 30,8%. (Stand: 08/17; Deswegen sind übrigens tatsächlich nur weniger als 1/3 der Asylbewerber „junge Männer“, mehr dazu).

Und sozial schlechter gestellt sind sie allemal: Diejenigen, die zur Gruppe der „Zuwanderer“ gezählt werden, können und dürfen größtenteils nicht arbeiten, zusätzlich zu dem Faktor, dass sie sich auf der Flucht befinden und kulturelle, sprachliche und psychische Barrieren überwinden müssen, ist ihre soziale Situation selbstverständlich weitaus gravierender als die der Durchschnittsdeutschen und daher anfälliger für hohe Kriminalität.

Das BKA schreibt dies selbst:

„Diese Ergebnisse dürften „nicht mit der tatsächlichen Kriminalitätsentwicklung gleichgesetzt werden. Sie lassen auch keine vergleichende Bewertung der Kriminalitätsbelastung von Deutschen und Nichtdeutschen zu. Einem wertenden Vergleich zwischen der deutschen Wohnbevölkerung und den sich in Deutschland aufhaltenden Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit stehen (auch) das doppelte Dunkelfeld in der Bevölkerungs- und in der Kriminalstatistik sowie der hohe Anteil ausländerspezifischer Delikte und die Unterschiede in der Alters-, Geschlechts- und Sozialstruktur entgegen.“

Lösungen und Diskussionen

Man kann eine Diskussion über Kriminalität von Flüchtlingen führen, ohne sich unsachlich bei Fake News, Übertreibungen oder einer selektiver Auswahl zu bedienen, wie es die AfD tut. Beispielsweise sind 87% aller „Messerangriffe von Migranten“, die sie anklagt, entweder keine Messerangriffe oder nicht von Migranten begangen. Teilweise sind es einfach Fälle von Deutschen ohne Migrationhintergrund. Hier mehr dazu:

Wahnsinn! So krass lügt die AfD über angebliche Messerattacken

Die AfD will einen Glauben machen, dass „Linke“ (und damit meinen sie alle von CSU bis zur echten DIE LINKE) Probleme leugnen. Doch wer den Übertreibungen und Fake News der Rechtsradikalen widerspricht, sperrt sich nicht automatisch für gangbare, nicht-fremdenfeindliche Lösungen der Probleme, die es gibt. Aber Abschiebungen oder Grenzschließungen sind größtenteils einfach unsinnig und bringen überhaupt nichts, um das Problem zu lösen.

Die Politik täte gut daran, sich auf Sachpolitik zu konzentrieren, und nicht durch unangebrachte Aussagen oder künstliche heraufbeschworene „Asylkrisen“ den Rechtsradikalen Recht zu geben. Ein Einwanderungsgesetz wäre beispielsweise eine gangbare Lösung, um Einwanderung übersichtlich und fair zu gestalten. Doch AfD-Hysterie hat weder etwas mit der Realität zu tun, noch löst sie irgendwelche Probleme.

Quellen: PKS 2017, BKA: „Kriminalität im Kontext Zuwanderung“. Artikelbild: pixabay.com, CC0