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Studie: Die AfD ist die vielleicht klimafeindlichste Partei Europas

von | Mrz 1, 2019 | Aktuelles, Analyse, Umwelt/Klima

Die rechten parteien europas und das klima

Forscher des Forschungsinstitut Adelphi haben eine Studie zu Rechtspopulismus und Klimapolitik in Europa veröffentlicht. Darin untersuchten sie die 21 wichtigsten rechtspopulistischen Parteien Europas und deren Beziehungen zur Klimakrise. Von den 21 sind sieben Parteien „skeptisch“, was den wissenschaftlichen Konsens über den menschengemachten Klimawandel betrifft oder leugnen dessen Existenz. Elf weitere kommunizieren dazu keine oder keine klare Haltung.

Zwei Parteien bestätigen die Existenz des menschengemachten Klimawandels und dessen Gefahren.  Das sind die ungarische „Fidesz“-Partei und die lettische „Nationale Allianz“, welche beide an ihren jeweiligen Regierungen beteiligt sind. Auch die „Finnenpartei“ erkennt die Existenz des Klimawandels an und sogar, dass es ein global zu lösendes Problem ist. Eine Erklärung für deren Haltung ist, dass ihre jeweiligen Wirtschaften weniger abhängig von Kohle sind und dass besonders „Fidesz“ und die „Nationale Allianz“ beide schon lange regieren und vielleicht deshalb mehr Verantwortung zeigen.

Die „Typ 2“ Rechtspopulisten, welche im Klimawandel entweder kein Problem sehen oder keine Position dazu haben sind unter anderem die italienische „Lega“, die griechische „Goldene Morgenröte“, der französische „Rassemblement National“ oder die polnische Regierungspartei „PiS“. Diese Parteien unterstreichen die Unsicherheiten in der Wissenschaft bezüglich des Einflusses des Menschen auf das Klima oder leugnen die Effektivität bestimmter politischer Maßnahmen.



DIe Klimawandelleugner Europas

Die letzte Kategorie der Klimawandelleugner und -skeptiker sind unter anderem die britische „UKIP“-Partei und die AfD. „UKIP“ und die AfD leugnen die Realität der Klimakrise gänzlich, oder erklären die tausenden Studie und Berichte mit irgendwelchen unwissenschaftlichen Begründungen, wie kosmische Strahlen oder der Sonne. In die Kategorie fallen auch die niederländische  „Freiheitspartei“, die „dänische Volkspartei“ oder die „Konservative Partei Estlands“.

Die offen klimafeindlichen Parteien porträtieren ihre jeweiligen WählerInnen in diesem Zusammenhang oft als Opfer eines geheimen Plans „der Eliten“ oder einer Verschwörungstheorie. Oft wird auch behauptet, dass der Klimawandel ein Trick sei, um durch extra Steuern vom „Volk“ zu „stehlen“.

Diese Parteien nutzen verschiedene Strategien, um ihre klimafeindlichen Positionen zu begründen, wie die Studie erklärt. So wird entweder behauptet, die klimarettenden Maßnahmen seien schädlich für die Wirtschaft, würden den Bürgern schaden oder seien in Wahrheit doch schlecht für die Umwelt. Auch wird manchmal unterstellt, sie seien sinnlos, entweder weil der Klimawandel in ihren Augen nicht existiert oder weil die politische Maßnahme am Ziel vorbei gehen sollte.

Wie Rechte gegen das Klima abstimmen

Auf Basis dieser Hintergründe hat die Studie sich das Abstimmverhalten der Parteien im EU-Parlament angesehen. Es ist sehr wahrscheinlich, dass relativ viele euroskeptische und rechte Parteien bei der nächsten EU-Wahl ins Parlament einziehen werden. Zur Zeit sind diese Parteien jedoch nicht vereint, sondern auf verschiedene Fraktionen verteilt. Die ungarische „Fidesz“ ist sogar Teil der eher zentristischen, konservativen Fraktion EVP, in der auch die Union Mitglied ist.

Die Studie hat unter anderem anhand 13 wichtiger Abstimmungen im EU-Parlament seit der Unterzeichnung des Pariser Klimaabkommens 2015 die Positionen 16 rechtspopulistischer Parteien zu klimarettenden Maßnahmen analysiert. Vor allem die AfD, die niederländische PVV und die britische UKIP (die wegen Brexit aus dem Parlament austreten wird) haben diese Maßnahmen vollständig abgelehnt.

© adelphi, CC-BY ND 4.0”

Die ungarische „Fidesz“ und die polnische „PiS“ haben allen Maßnahmen zugestimmt, mit Ausnahme der Abstimmung über CO2-Standards für Autos, bei welchem „Fidesz“ dagegen stimmte. Da rechtspopulistische Parteien jetzt und vor allem in Zukunft einen noch größeren Anteil an Parteien ausmachen, die über Klimamaßnahmen abstimmen werden, ist deren größtenteils klimafeindliches Wahlverhalten höchst bedenklich. Sie machen in der aktuellen Wahlperiode 15% aller Sitze aus, aber fast 50% aller Nein-Stimmen zu klimapolitischen Maßnahmen.

Die AfD ist ein Kernproblem für den Kampf gegen die Klimakrise

Da die AfD zu den Parteien gehört, die am konsequentesten gegen klimapolitische Maßnahmen stimmt und gleichzeitig mit dem größten Zuwachs an Sitzen im EU-Parlament rechnen kann, ist sie mitunter die gefährlichste Partei für das Klima in Europa. Neben der Gefahr für das europäische Parlament an sich, welches die AfD abschaffen möchte, werden sie und andere rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien in der nächsten Legislaturperiode eine der stärksten Kräfte gegen Klimamaßnahmen darstellen.

Die Studie schließt mit etwas Hoffnung ab, da sie aufzeichnet, dass die rechten Parteien Europas ein breites Spektrum an Positionen zum Klimawandel liefern, und dass Regierungsbeteiligung Parteien anscheinend die Verantwortung und das Ausmaß der Klimakrise bewusst werden lässt. Aber da diese Parteien Kleinstaaterei anstreben, sowie multilaterale Maßnahmen an sich ablehnen, sind sie generell ein großes Hindernis für Maßnahmen gegen die Klimakrise, die immer global aussehen müssen.

Die voraussichtlich gestärkten klimafeindlichen Parteien könnten notwendige Kompromisse unnötig erschweren. Die größte Gefahr liegt darin, dass zentristische Parteien im Versuch, Stimmen vom rechten Rand zu fangen, diese klimafeindlichen Positionen übernehmen. Und damit auch EU-feindliche Positionen. Und auch in der Frage, wo man die Grenze zwischen notwendiger Kooperation und den Verstößen gegen die Menschenrechte von Parteien wie „Fidesz“ oder „Pis“ ziehen wird.

Die Studie „Convenient Truths“ wurde von Stella Schaller und Alexander Carius verfasst und erschien bei Adelphi.

 Artikelbild: Paul Velasco, shutterstock.com