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Wie die Polizei in der PKS Flüchtende krimineller aussehen lässt als sie sind

von | Mai 9, 2018 | Analyse

Laut Polizei ist die Anzahl der tatverdächtigen „Zuwanderer“ – anerkannte, abgelehnte und noch nicht anerkannte Asylbewerber, sowie Geduldete – im Vergleich zu 2016 um 4,1% gesunken. Aber in Wahrheit müssten es eigentlich eher 40% sein.

Zuerst einmal: Was sollen denn „Zuwanderer“ sein? Entgegen der umgangssprachlichen Bedeutung in der Bevölkerung hat diese Gruppe eigentlich nichts mit „Zuwandern“ zu tun – Das ist nämlich der Begriff, den die Polizei für anerkannte Flüchtende und Schutzberechtigte benutzt, „ Asylbewerber“, deren Antrag noch bearbeitet wird, und Menschen mit dem Aufenthaltsstatus „Duldung“, „Kontingentflüchtling“ und „unerlaubt“. (Wie viele geduldet werden und warum und wie viele sich tatsächlich noch unerlaubt im Land aufhalten habe ich hier erklärt)

Mir ist etwas unklar, wieso anerkannte Flüchtende und solche, die es werden wollen, als „Zuwanderer“ bezeichnet werden, da sie schließlich Flüchtende sind und niemand, der aus welchen Grund auch immer einwandert und sich bei uns niederlassen will. Flüchtende wollen üblicherweise zurück in ihre Heimat. Das unterstützt lediglich unnötigerweise den rechten Mythos, dass der Flüchtlingsstatus dazu genutzt wird, um nach Deutschland einzuwandern. Was Quatsch ist, wenn doch der Großteil aus dieser Gruppe in einer Form oder der anderen anerkannt oder geduldet wird. Aber gut, so ist jetzt diese Bezeichnung

Wie die Polizei 4,1% aus 40% macht

Zu beachten ist aber, dass bis 2016 anerkannte Asylbewerber NICHT zu den „Zuwanderern“ hinzugezählt worden sind, sondern lediglich zu den Tatverdächtigen ohne Deutschen Pass. Das heißt erstens, dass wir nicht wissen, wie viele Tatverdächtige es unter den anerkannten Asylbewerbern bisher gab und zweitens, dass die definierte Gruppe „Zuwanderer“ im Vergleich zu 2016 um schätzungsweise über 500.000 Menschen (anerkannte Asylbewerber der letzten Jahre) größer geworden ist.

Das heißt, dass die angegebenen 4,1% weniger Tatverdächtige unter der Gruppe der „Zuwanderer“ gar nicht wirklich stimmen, da diejenigen, die die PKS unter diesem Begriff versteht, nicht die genau gleiche Gruppe ist, sondern viel größer. Rechnet man anerkannte Flüchtende nämlich heraus, sinkt die Anzahl der Tatverdächtigen „Zuwanderer“ um satte 40,7% laut Spiegel. Einen Vergleich zum realen Rückgang der Tatverdächtigen der Gruppe „Zuwanderer“ mit anerkannten Flüchtenden können wir mit den Zahlen gar nicht machen.

Dass anerkannte Asylbewerber zur Gruppe hinzugezählt werden ist gar nicht das Problem. Man könnte es mit dem vorhandenen öffentlichen Interesse rechtfertigen, dass man anerkannte Asylbewerber und die anderen zusammenfasst. Das Problem ist jedoch, dass zwischen den Jahren diese Zusammenfassung in diese fiktive Gruppe geändert worden ist und das die Aussagekraft der veränderten Kriminalität (oder zumindest veränderten Anzahl der Tatverdächtigen!) im Vergleich zum Vorjahr dadurch gegen null geht.

Unsere ganze Analyse zur PKS 2017 findest du hier.

Im „Bundes­lage­bild Krimi­nalität im Kon­text von Zu­wan­de­rung 2017“ räumt das BKA auch ein:

Vergleichbarkeit mit den Vorjahren
In der PKS erfolgt die Zuordnung einer Straftat zum Bereich „Zuwanderung“ über
den Aufenthaltsstatus des dazu ermittelten Tatverdächtigen. Die ab dem Berichtsjahr 2017 erfolgte Erweiterung der Definition des tatverdächtigen Zuwanderers um den Aufenthaltsstatus  International/national Schutzberechtigte und Asylberechtigte“ führt zu einer eingeschränkten Vergleichbarkeit mit den PKS-Zahlen der Vorjahre. Dies hat zur Folge, dass zwar generell Entwicklungen dargestellt werden, jedoch ohne Berechnung entsprechender Veränderungsraten. Darüber hinaus können die deliktischen Fallzahlen im Bereich der Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung aufgrund einer Novellierung des Strafgesetzbuches (StGB) und der damitverbundenen Anpassungen der PKS, nicht den Zahlen der Vorjahre gegenüber gestellt werden.“