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Reichsbürgerin & Ex-AfD-Stadträtin biss Polizisten – Urteil

von | Aug 2, 2022 | Serie

Ex-AfD-Stadträtin biss Polizisten in die Hand – Urteil!

Es ist nicht das erste Mal, dass AfD-Mitglieder mit Mandat von Gerichten verurteilt wurden. Wir haben das hier, hier und hier bereits berichtet. Immer wieder geraten Mitglieder der AfD mit dem Gesetz in Konflikt. Manchmal beißen sie auch zu: als die Polizeibeamten am 10.05.2021 aufgrund von Ausschreitungen bei einer Demonstration, die sich gegen die Corona-Auflagen richtete, Personen anlassbezogen kontrollieren wollten, war darunter auch Margitta Böttcher – selbsternannte Reichsbürgerin. Sie war zum damaligen Zeitpunkt noch Mitglied der AfD und für diese als Stadträtin in Zwönitz (südlich von Chemnitz gelegen). Sie biss einem Polizisten bei der Kontrolle ihres Personalausweises in die Hand, weil sie die Kontrolle ablehnte. Nach zwei Prozesstagen (sehr skurril, später mehr) wurde sie nun wegen „tätlichen Angriffs & Widerstand“ vom Landgericht Chemnitz verurteilt.

Wütender Mob umzingelte die Polizei bei Kontrolle und sprühte Reizgas

Als die Polizei bei einer Personenkontrolle im Zuge der Demonstration von einem Mob umzingelt und mit Reizgas besprüht wurde, wurden insgesamt sieben weitere Beamt:innen verletzt. Das Reizgas wurde aus dem Mob der 200 Demonstrationsteilnehmenden heraus gesprüht. Margitta Böttcher war Teil dieser Demonstration im Mai 2021.

Margitta Böttcher saß seit der Stadtratswahl im Mai 2019 für die AfD im Stadtrat. Diese sind dort im Übrigen mit 4 von 26 Sitzen vertreten, den Rest teilen sich CDU (14 Sitze), Freie Wähler (4 Sitze), Linke (3 Sitze) und die SPD (1 Sitz). Kurz nach den Vorkommnissen legte sie ihr Mandat im Juni 2021 nieder. Ihre Begründung: „Weil die AfD spaltet“. Und weiter: Sie sei der Meinung, „dass die BRD als nicht vorhandener Staat auch keine Parteiengesetze und Verordnungen rechtsgültig erlassen darf.“ (Quelle)

Beef unter Nazis: AfD fürchtet Konkurrenz von den rechtsextremen „Freie Sachsen“

Der Prozess verlief skurril

Wie bereits angedeutet: der Prozess verlief mehr als skurril. Gerichte müssen sich durch rechtsextreme Reichsbürger schon seit Längerem so Einiges anhören, aber Margitta Böttcher war dann doch noch ein bisschen spezieller. So weigerte sie sich am ersten Verhandlungstag am 23.06.2022 laut Prozessbeobachtern, nach vorne neben ihren Verteidiger zu kommen und blieb auf einem Besucherstuhl sitzen. Begründung: „Ich bin nicht Margitta Böttcher, sondern Böttcher-Margitta.“ Die Logik erschließt sich uns auch nicht. Sie wolle dort stehen bleiben. Der Richter kam ihrem Wunsch nach – und ließ den Stuhl entfernen, so dass sie stehen konnte.

Ihr Verteidiger reichte einen Befangenheitsantrag ein, da die Verhandlung angeblich nicht öffentlich sei. Aber: das war sie sehr wohl. Die Besucher waren lediglich aufgefordert, sich vor Betreten des Saals auszuweisen. Böttcher selbst schrieb zuvor einen acht Seiten langen Brief an den Richter, um ihm zu erklären, wieso er gar kein Richter sein könne. Es war ein reinster Zirkus. Inhaltlich ging es im feinsten Reichsbürgersprech darum, dass er lediglich von „den Alliierten“ als Richter eingesetzt sei. Daraufhin beendete der Richter den Verhandlungstag, um erst schriftlich Stellung zum Befangenheitsantrag nehmen zu können.

Am zweiten Prozesstag am 29.07.2022 war der Richter noch da und auch Margitta Böttcher erschien wieder, Befangenheitsantrag offensichtlich abgelehnt. Sie kam laut Augenzeugen diesmal mit Gehhilfen in das Gericht. Vielleicht hoffte sie dadurch diesmal auf den Besucherstuhl, der ihr beim ersten Tag ja noch weggenommen wurde. Nach kurzem Prozess seitens des Richters war das Urteil schnell gesprochen: Zwei Jahre, auszusetzen auf Bewährung. Die „interessanteste“ Bewährungsauflage: sie muss eine Anti-Aggressions-Therapie machen. Damit ist sie tatsächlich noch einmal glimpflich davongekommen. Lehnt sie das als Reichsbürgerin jedoch alles ab, so muss sie die Zeit in Haft absitzen.

Ihr Anwalt: ausgerechnet ein Rechtsextremist & Querdenker

Als Rechtsbeistand nahm sie sich ausgerechnet den vom Verfassungsschutz Sachsen beobachteten Martin Kohlmann, Vorsitzender der rechtsextremen Querdenker-Partei Freie Sachsen. Auch diese positionieren sich wenig überraschend regelmäßig gegen die Corona-Maßnahmen und verbreiten entsprechende Desinformation.

In unserem Gastbeitrag von Januar 2021 wurde sich der Telegram-Kanal der Freien Sachsen einmal näher angeschaut. Die Bundesrepublik Deutschland wird dort als eine zu bekämpfende „Diktatur“ dargestellt, die dem SED-Regime ähneln würde. Ziemlich nah dran am Reichsbürger-Sprech. War die AfD am Ende zu gemäßigt für Margitta Böttcher und sie orientiert sich nun politisch neu?

Die Freien Sachsen auf Telegram: Eine rechtsextreme Querdenker-Partei

Querdenker & Reichsbürger radikalisieren sich zusehends

Auch wenn Margitta Böttcher nicht mehr aktives Mitglied der AfD ist, so zeigt es die Gewaltbereitschaft ihrer Mitglieder, denn sie ist kein Einzelfall. Aufgeheizt durch Hetze und Lügen auf Telegram, Youtube und Facebook terrorisiert diese selbstherrliche und verantwortungslose Meute auch ihre Mitmenschen im Alltag. Sei es durch verbale Gewalt beim Verweigern und Brechen der Corona-Regeln oder „echte“, physische Gewalt. Mindestens ein junger Mann hat schon sein Leben verloren, weil er einen verschwörungsaffinen Menschen aufforderte, die Maske zu tragen – der Angestellte Alexander W., der in einer Tankstelle in Idar-Oberstein arbeitete. Ende 2021 hatten wir bereits schon einmal Beispiele zusammengetragen, wie uns Querdenker tagtäglich terrorisieren.

Gewalt & Terror – So terrorisieren uns Querdenker – auch ohne ihre Infektionen

Artikelbild: Gorodenkoff

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