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Grünau: Brandanschläge auf Einrichtungen mit ukrainischen Geflüchteten

von | Sep 5, 2022 | Aktuelles

In der vergangenen Woche kam es in Leipzig im Stadtteil Grünau gleich zwei Mal zu Brandanschlägen: Einmal in einer Unterkunft für Geflüchtete und in einer Kita, die insbesondere ukrainische Kinder betreut (Quelle). Zeitlich und räumlich passen die beiden Vergehen zusammen. Ob sie tatsächlich zusammengehören und eine politisch motivierte Tat vorliegt, ermittelt nun die Polizei Leipzig.

Die beiden Brandanschläge führten zu Sachschäden ohne Verletzte

In der Geflüchtetenunterkunft in Grünau kam es in der Nacht zum 27. August 2022 zu einem Brand, nachdem mehrere Brandsätze auf das Gebäude geworfen wurden. Dank des schnellen Einsatzes von Sicherheitskräften entstand nur ein geringer Schaden am Gebäude. Verletzt wurde niemand, die Täter konnten flüchten (Quelle).

Die Kita im gleichen Stadtteil kam etwas glimpflicher davon – zwar wurden auch hier am gleichen Wochenende Brandsätze geworfen, doch all das bemerkte das Personal erst am Montagmorgen. Denn im Gegensatz zur Unterkunft für Geflüchtete war am Kindergarten kein Feuer ausgebrochen. Aufgrund der räumlichen sowie thematischen Nähe der beiden angegriffenen Institutionen schließt die Polizei einen Zusammenhang zwischen den beiden Delikten nicht aus (Quelle).

Politiker:innen und antifaschistische Initiativen sind sich sicher: Es war rechter Terror

Die Resonanz auf den Brandanschlag in Grünau an der Gemeinschaftsunterkunft war groß – Sachsens Innenminister Armin Schuster hielt den Vorfall für ein „Alarmzeichen, dass solch menschenverachtende Straftaten nicht der Vergangenheit angehören“ und verstärkte die Überwachung aller Asylbewerberunterkünfte (Quelle). Auch Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek macht klar: „Für uns sieht es aus wie rechter Terror.“ Er zog Verbindungen zum 30 Jahre zurückliegenden Anschlag auf eine Geflüchtetenunterkunft in Rostock-Lichtenhagen sowie einem 29 Jahre zurückliegenden Angriff auf dieselbe Leipziger Unterkunft (Quelle).

Das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz rief am Montag zu einer Demonstration auf und betonte in Bezug auf Schusters Aussage: „Ein Brandanschlag mit dem Kalkül, Menschen zu ermorden, ist kein Warnsignal oder Alarmzeichen, sondern Beleg dafür, dass zu viele Warnsignale und Alarmzeichen übersehen wurden.“ Weiterhin klagt die Initiative auch einen „Resonanzraum in der Mitte der Gesellschaft [an], in dem der Alltagsrassismus gärt“ (Quelle).

AfD und Querdenken tragen maßgeblich zur rechten Hetze bei

Dass rechte Narrative von AfD und Querdenken an diesem Alltagsrassismus Teil haben, ist aufmerksamen Beobachter:innen lange klar. Besonders seit ukrainische Geflüchtete in Deutschland Schutz suchen, verbreitet Querdenken hetzerische Fakes – und auch die AfD schließt sich dem giftigen Tonfall an. Ähnlich wie 2015 und 2016 versuchen sie Stimmung zu machen, indem sie den Eindruck erwecken, Ukrainer:innen würden ‚den Deutschen‘ etwas wegnehmen.

So funktionierte beispielsweise ein Fake, laut dem Ukrainer:innen in Deutschland schon mit 57 in Rente gehen dürften (mehr dazu). AfD-Politiker René Springer stellte in einem Facebook-Video zwar klar, dass es sich dabei um Falschnachrichten handelte. Er skizzierte dann aber ein laut ihm ‚viel schlimmeres‘ Szenario, in dem Ukraine-Geflüchtete durch Sozialleistungen mehr hätten als deutsche Rentner:innen und ihnen zudem noch 120 Quadratmeter in Berlin Charlottenburg finanziert würden.

Die AfD macht ukrainische Schutzsuchende zum Feindbild

Das Narrativ aus Springers Video ist kein isoliertes – auf dem YouTube-Kanal der AfD-Fraktion finden sich ganz ähnliche Aussagen, die so im Bundestag getätigt wurden. So sagt Gerrit Huy in einer Rede vom 14. Mai 2022: „Mit der rechten Hand teilt der Staat also einmalig ein Almosen an die schon länger hier lebenden Armen aus, mit der linken Hand vergibt er gleichzeitig ein dauerhaftes Geschenk an die Ukrainer.“ (Quelle)

Ganz so zugeneigt, wie sie sich hier darstellt, ist die AfD den ‚Armen‘ übrigens gar nicht. Erst im Juli 2022 sorgte Co-Chef Tino Chrupalla für Aufsehen, als er sagte: „Ich bin der Meinung, dass jemand, der hier Sachbezüge bekommt, […] auch etwas dafür leisten muss.“ (Quelle) Wer also nicht arbeitet, hat laut Chrupalla auch keine überlebenssichernden Bezüge verdient.

Es geht der AfD letztlich nicht darum, sich für ‚die Armen‘, Hartz-4-Empfänger:innen oder Rentner:innen einzusetzen – stattdessen tragen sie mit ihrer Hetze aktiv dazu bei, ukrainische Geflüchtete zum Feindbild zu machen. Sie produzieren Szenarien, in denen nur entweder ihren Wähler:innen oder Geflüchteten geholfen werden kann. Anstatt Lösungen zu suchen, die beides möglich machen. So entpuppen sich viele Aussagen von AfD-Politiker:innen als besonders anschlussfähig an pro-russische Propaganda – nur diese geht noch weiter und unterstellt ukrainischen Geflüchteten einfach mal Vandalismus, der so nie stattfand (mehr dazu).

Artikelbild: Jan Woitas/dpa