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Wie kann das so schnell gehen mit den neuen COVID-Impfstoffen? Ärztin Grams klärt auf

von | Dez 2, 2020 | Aktuelles, Corona, Gastkommentar

Wie kann das so schnell gehen mit den neuen COVID-Impfstoffen?

Gastbeitrag von Natalie Grams

Wie kann das so schnell gehen mit den neuen COVID-Impfstoffen? Das fragen sich grade viele. Natürlich ist die Frage berechtigt, aber die möglichen Antworten sind gar nicht so krass unnachvollziehbar und verschwörerisch, wie manche befürchten oder herumraunen.

Zunächst mal ist es eben so, dass man die Entwicklung dieser Impfstoffe zur obersten Priorität gemacht hat, andere Projekte vielleicht zurückgestellt hat. Auch durch den Wettbewerbsdruck wurde hier einfach enorm viel Energie und Zeit reingesteckt, quasi alles kondensiert. Dafür wurden sicherlich auch Gelder priorisiert. Wenn plötzlich eine ganz andere Finanzkraft da ist, kann man natürlich die Entwicklung auch schneller vorantreiben als sonst. Mehr Personal, schnellerer Aufbau von Produktionsanlagen, Einkauf von Expertise… whatever.

Alle Tests finden gleichzeitig, statt nacheinander statt

Dazu kommt, dass es zum Beispiel zu den mRNA Impfstoffen schon viel Vorwissen gab, ganz neue Technologien zur Impfstoffherstellung und Haltbarmachung da sind, alle zusammenarbeiten, so dass sich Synergien ergeben, die zu einem schnelleren Endergebnis und schneller Produktion führen. Natürlich sind die Firmen dabei auch im Moment bereit, ein noch höheres Risiko einzugehen. Solche Entwicklungen kosten Millionen bis Milliarden und ohne Pandemie würde man hier bestimmt nicht alles auf eine Karte setzen. Das kann natürlich auch schiefgehen, dann haben wir alle Pech.

Molekularbiologe zerlegt Mythen über RNA-Impfung & Erbgut (z.B. von Hockertz/Wodarg)

Außerdem werden die verschiedenen Phasen der Impfstoffprüfung (Phase I bis III und davor natürlich die präklinischen, Grundlagenforschungsexperimente) nicht hintereinander sondern teilweise zeitgleich gemacht. Das heißt, es wird nichts ausgelassen, nur gleichzeitig geprüft und ausgewertet. Wenn Daten da sind, werden sie nicht erst lange gesammelt, in irgendeinem Fachmagazin publiziert, von anderen Wissenschaftler:innen auseinander genommen und diskutiert, sondern in einem Rolling Review Verfahren direkt und hoffentlich transparent von Zulassungsbehörden mit begutachtet.

Prozesse optimiert, verschlankt, entbürokratisiert und beschleunigt.

Das passiert im Moment teilweise auch international und man hat dafür viele Prozesse optimiert, verschlankt, entbürokratisiert und beschleunigt. Das bedeutet aber nicht gleich, dass Sicherheitsschritte weggelassen werden oder Tricksereien bewusst in Kauf genommen werden. Ein weiteres Risiko, dass man eingegangen ist, ist dass man einfach schon mit der Produktion von Millionen von Impfstoffdosen angefangen und ihre Auslieferung geplant hat, bevor die Daten klar waren. Wenn die Daten schlecht sind, können Hersteller das alles in die Tonne kloppen!

Man darf auch nicht vergessen, dass seltenste Nebenwirkungen oft erst nach der Zulassung gesehen werden können, einfach weil die Wahrscheinlichkeit, dass sie auftreten, erst bei einer Impfung von vielen hunderttausenden von Menschen zu Tage tritt. Das ist immer so, leider. Dafür gibt es dann die Nachbeobachtungsphase, die Surveillance, in der eben sehr genau geschaut wird, wo der Verdacht einer seltenste Nebenwirkung sich bestätigt und wie damit umzugehen ist. Hierauf schauen natürlich im Moment auch international noch mehr Leute als sonst.

Der Vorteil einer Pandemie..

In gewisser Weise ist es gut, dass wir Pandemie haben, denn dann können viele Menschen in die Studien eingeschlossen werden, weil eben im Moment viele Krankheitsfälle da sind. Die muss man ja oft sonst über Jahre sammeln, gerade bei selten gewordenen impfpräventablen Krankheiten. Deshalb werden wir, gerade wenn bald viele Menschen gleichzeitig geimpft werden können, auch seltenste Nebenwirkungen rasch erkennen können. Ich hoffe natürlich, dass es die nicht geben wird! Ich wünsche mir wirklich, dass die neuen Impfstoffe gut funktionieren und sicher sind!

Gastautorin: Natalie Grams. Dieser Text erschien zuerst auf ihrem Twitter-Kanal. Folgeempfehlung! Artikelbild: joel bubble benGudrun-Holde Ortner, CC BY-SA 4.0


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