ZDF manipuliert Umfrage: Mehrheit widerspricht Merz

Merz’ „Stadtbild“-Aussage, die als Ausgrenzung aller nicht-weißen Menschen in Deutschland zu verstehen ist, hat für massive Kritik gesorgt. Tausende Menschen protestierten spontan gegen die Spaltungsrhetorik des Kanzlers. Doch während sich bislang vorwiegend die extreme Rechte über die Merz-Entgleisung freute, gibt es nun auch Hilfe aus unerwarteter Richtung. Das ZDF springt dem Kanzler zur Seite, nutzt dafür auch manipulative Grafiken. Die ZDF Umfrage zeigt, dass die meisten Menschen Merz die „Stadtbild“-Panik nicht abkaufen und sich sicher fühlen. Dennoch titelt das ZDF, die Mehrheit stünde hinter Merz. Das zeigt, wie ernst das Problem an der medialen und politischen Spitze Deutschlands ist.

ZDF verteidigt Merz – mit manipulativer Grafik

Die Aussage des Kanzlers, wir hätten „dieses Problem im Stadtbild“, weswegen der Innenminister „jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen“ durchführt, war eine typische rassistische Hundepfeife. Denn: Stand Juni 2025 sind insgesamt nur 41.500 Menschen unmittelbar ausreisepflichtig. Deren Abschiebung würde kaum einen Einfluss auf das „Stadtbild“ haben. Für rassistisch eingestellte Zuhörer klingt das trotzdem sehr verheißungsvoll, wenn Merz von einem „Stadtbild“ spricht, was sich ändern soll, für sie klingt das nach millionenfacher Remigration. Gleichzeitig hat der Kanzler sich hier bewusst sehr vage geäußert, niemanden genau gemeint und genug Wasser hinter sich gelassen für eventuelle Landesrekorde im Rückwärtsrudern. Am Donnerstag ruderte er dann auch zurück. Doch es ist gleichzeitig auch allen, die es hören sollen, klar, wen er meinte. Nämlich die da in den Städten, wobei mit die da alle gemeint sind, die nicht dem Stereotyp des weißen „Bio-Deutschen“ entsprechen. Oder um es kurz zu fassen: der rassistische Wolf im Schafspelz.

Logischerweise gab es massive Proteste dagegen. Zu einer Spontankundgebung in Berlin kamen kurzfristig Tausende. Die Aktivist:innen von Demokrateam.org dokumentieren bereits zahlreiche weitere angemeldete Veranstaltungen in den nächsten Tagen. Das Narrativ drohte der Regierung zu entgleiten, offenbar sind doch nicht so viele Menschen mit der pauschalen „Stadtbild“-Keule einverstanden, wie man sich im Kanzleramt eingeredet hatte. Doch nun gibt es einen neuen Hoffnungsschimmer für Merz – mit Schützenhilfe aus Mainz.

Denn wie passend, dass gerade mal wieder eine Runde des ZDF-Politbarometers dran ist. Und wie erleichternd, dass dort soeben verkündet werden kann: „Mehrheit gibt Merz recht“. Also steht doch offenbar eine Mehrheit der Menschen dahinter, dass Nicht-Weiße ein Problem im Stadtbild sind und dagegen endlich etwas getan werden soll? Muss bestimmt so sein, denn die Alternative wäre, dass das ZDF Umfrage-Ergebnisse so manipuliert, dass sie die Regierung in einem besseren Licht dastehen lassen, und DAS ist doch wirklich undenkbar für einen „neutralen“ öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Oder? ODER?

Wie das ZDF Umfrage-Ergebnisse manipuliert

Okay, schauen wir mal rein, was hinter der Schlagzeile steckt. Zur Erinnerung: Im ZDF-Politbarometer titelt das ZDF: „Stadtbild-Debatte: Mehrheit stimmt Merz zu“. Auf Instagram wird die Frage gestellt: „Aussage von Friedrich Merz zum Stadtbild in Deutschland: Hat er damit recht?“. Man würde also davon ausgehen, dass in der Umfrage die Teilnehmenden befragt wurden, ob Merz recht hat, dass es Probleme im Stadtbild gibt, die durch Abschiebung gelöst werden. Unabhängig davon, dass es wenig Sinn ergibt, unkritisch diese rechte Dogwhistle abzufragen, ist das aber einfach gar nicht das, was die Leute gefragt wurden.

Die tatsächliche Frage hatte einen komplett anderen, viel spezifischeren Wortlaut:

Bundeskanzler Friedrich Merz hat davon gesprochen, dass es in Deutschland Probleme im Stadtbild gibt.
Konkret benannt hat Merz jetzt, dass es Probleme mit denjenigen gibt, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus haben, nicht arbeiten und sich nicht an unsere Regeln halten.

Was meinen Sie, hat Friedrich Merz mit dieser Aussage…
– Recht oder
– hat er damit nicht Recht?

Wenn man genau liest, merkt man: Es geht gar nicht um die „Stadtbild“-Frage. Die Leute werden stattdessen gefragt, ob es ein Problem mit denen gibt, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus haben, nicht arbeiten und sich nicht an unsere Regeln halten. Gerade den letzten Teilsatz kann man nur so verstehen, dass damit Menschen gemeint sind, die Gesetze brechen oder sich zumindest nicht an gewisse Grundlagen halten. Offensichtlich haben viele Befragte ein Problem damit, wenn Leute z. B. stehlen oder betrügen. Das kann man auch schlimm finden, vollkommen unabhängig davon, ob diese Leute einen deutschen Pass haben, weiß sind oder was auch immer Merz so an Menschen im Stadtbild stört. Die Frage aber bezog sich viel eher auf Merz Aussagen, als er zurückruderte, als auf seine ursprünglichen „Stadtbild“-Aussagen.

Einfachste Umfrage-Regeln nicht beachtet

Aus der Antwort auf diese Frage kann man also gar nicht ablesen, welcher von Merz’ Aussagen Menschen nun zustimmen: wie viele Menschen mit „Ja“ gestimmt haben, weil sie etwas gegen Nicht-Weiße im „Stadtbild“ haben, oder wie viele Menschen mit „Ja“ gestimmt haben, weil sie es nicht gut finden, wenn sich Menschen nicht an Regeln halten. Das ist übrigens ein so bekannter Fehler in den Sozialwissenschaften, dass es sogar einen Fachbegriff für solche schlecht gemachten Fragen gibt: Double-barreled Question.

Die Instagram Kommentare zum ZDF Beitrag zeigen die Verbitterung der Menschen mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk:

„Sorry, ÖRR, leider ist das nicht die Frage. „Hat sich das Stadtbild wegen Migration verschlechtert?“ wäre es eher gewesen. So manipuliert die Frage eine breite Zustimmung für Merz“

„Man nennt es auch manufacturing consent und statt seinem Bildungsauftrag nachzukommen, befeuert das @zdfheute eine zutiefst rassistische Debatte.“

Realität: Mehrheit hat keine Probleme mit Geflüchteten und fühlt sich sicher

Na gut, aber das ist nur ein Teil des Versagens. Aber das ZDF geht auch noch einen Riesenschritt weiter. Eigentlich ist es natürlich ihre Aufgabe, als öffentlich-rechtliches Medium der Regierung kritisch auf die Finger zu schauen. Doch leider wählen sie in ihren Artikeln den Weg des geringsten Widerstands. Aus den Antworten auf die oben analysierte, schwammige Frage dazu, wie Menschen zu arbeitslosen, ausreisepflichtigen Regelbrecher:innen stehen, leitet das ZDF eben ab, dass die Mehrheit in der Stadtbild-Debatte Merz zustimme. Auch wenn in der Umfrage, auf die sie sich beziehen, gar nicht so generell danach gefragt wird.

Übrigens: Das ZDF hätte stutzig werden können, wenn es nur mal auf die eigene Umfrage geschaut hätte. Denn sie haben auch noch andere Fragen gestellt, die sich sogar stärker auf die „Stadtbild“-Debatte und rechte Dogwhistles dahinter beziehen. Und hier geht es komplett in die andere Richtung. So antworteten 74 % (!!) aller Befragten, in der Gegend, in der sie wohnen, gibt es „nicht so große“ oder „keine“ Probleme mit Geflüchteten. 66 % aller Befragten stimmen der Aussage zu, sie fühlten sich an öffentlichen Orten und Plätzen in der Regel „sehr sicher“ oder „eher sicher“. Findet man auch raus, wenn man sich auf der zdfheute.de-Seite durch die Slideshow einmal durchklickt. Diese Aussagen widersprechen diametral dem von Merz aufgebauten Narrativ.

Fazit: Wir müssen auch dem ZDF genau auf die Finger schauen

Das macht dann natürlich nachdenklich. Absolute Mehrheiten stimmen zu, dass sie sich sicher fühlen und keine Probleme mit Flüchtlingen haben – aber laut Überschrift ist die Mehrheit auf Merz’ Seite, der ja das Gegenteil impliziert? Wer sich die erhobenen Daten genauer anschaut, erkennt schnell, dass diese Überschriften manipulativ sind und mindestens Falsches implizieren. Der Beitrag könnte auch den Titel haben: „Mehrheit überstimmt Merz – Menschen fühlen sich sicher“ oder: „Merz in der Minderheit – die meisten Deutschen haben keine Probleme mit Geflüchteten“. Das wäre erstaunlicherweise sogar näher an den erhobenen Forschungsdaten dran.

Nun ist es nichts Neues, dass es in Deutschland rechte Medien gibt, die versuchen, die Menschen gegeneinander aufzuhetzen und alte rassistische Stereotype wieder aufzukochen. Wir berichten hier regelmmäßig über BILD, NIUS und wie sie nicht alle heißen. Aber spätestens wenn deren Narrative in die sogenannte bürgerliche Mitte hineinschwappen, sollten alle Alarmglocken schrillen. Das ZDF hat weder die Aufgabe, gehorsamst im Sinne der Regierung zu berichten, noch, rechte Fake-Narrative zu pushen. Und versteht uns nicht falsch – beim ZDF machen viele Leute einen guten Job, es ist eine Errungenschaft, funktionierende Öffentlich-Rechtliche zu haben. Aber gerade deswegen sollten wir hier doppelt kritisch draufschauen, wenn wissenschaftliche Ergebnisse umgedreht werden, um Regierungs-Propaganda zu stützen.

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