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Ich musste selbst Flüchtlinge integrieren, weil sie der Staat allein ließ

von | Jul 8, 2018 | Aktuelles

Niemand hat ihnen geholfen, sich in der deutschen Bürokratie zurecht zu finden oder Arbeit zu finden. Denn außer ein klein wenig Geld und Deutschkurse bekommen diese Menschen keine Hilfe.

2016 haben mein Mann und ich beim Welcome Dinner mitgemacht. Das war ein Projekt, wo es darum ging, Flüchtlinge und Einheimische für einen Abend zusammen an einen Tisch zu bringen. Dieser Abend hat das Leben von uns allen für immer verändert. Wir bekamen Besuch von Ahmed und Anas. Beide Anfang 20 und aus Syrien, erst wenige Wochen in Deutschland, weshalb wir uns damals noch auf englisch unterhalten mussten.

Aber die Chemie stimmte sofort und sie kamen ab da einmal die Woche, um mit uns die neueste Folge „Game of Thrones“ zu schauen. Ich habe durch sie viel über Flucht gelernt. Wusstet ihr z.B., dass die meisten Flüchtlinge mehrere Facebook Accounts haben, um sich in den jeweiligen Regionen Syriens als Anhänger von Assad, IS oder Rebellen auszugeben, um bei Kontrollen nicht erschossen zu werden?

Weil der Staat nichts tat, haben wir sie selbst integriert

Meinen Mann und mich hat erschreckt, wie wenig unser Staat dafür tut, die beiden zu integrieren. Also haben wir das in die Hand genommen. Ahmed ist Informatiker und arbeitet seit zwei Jahren in der Firma meines Mannes. Anas haben wir über Beziehungen an der Uni untergebracht. Anas hat sein in Syrien begonnenes Studium hier mittlerweile beenden können und lebt seit ein paar Wochen in Köln, da er da eine Stelle in der Personalabteilung einer großen Firma bekommen hat. Ich freu mich für ihn. Aber er fehlt mir. Beide sprechen jetzt perfekt Deutsch und bestreiten ihren Lebensunterhalt.

Das war besonders für Ahmed wichtig, denn er hatte eine Verlobte in Syrien, die irgendwann nach Libyen floh und in einem Lager landete. Und jetzt kommt der Witz: Während unsere Politik es verhindert, dass Familien wieder zusammen kommen und man Frauen und Kinder in diesen Lagern lässt, wo sie unter schlimmsten Bedingungen leben, haben wir Ahmeds Verlobte ganz legal im Flieger nach Deutschland bekommen.

Man lässt diese Menschen mit der Bürokratie allein

Und diese Umwege nur, weil die beiden eben NICHT verheiratet waren. Alles, was Ahmed brauchte, war eine Wohnung, einen Job, der genug Geld abwirft, um zwei zu ernähren und jemanden, der sich bei Behörden nicht abwimmeln lässt und die Rechtslage kennt. Rawia landete im Februar in Frankfurt. Wart ihr mal dabei, wenn zwei Menschen, die dachten, sie würden sich niemals wieder lebend sehen, sich das erste Mal in den Armen halten?

Ahmed und Rawia haben am Valentinstag geheiratet und ich hätte eine glücklichere Trauzeugin nicht sein können. Und jetzt kommt das große Aber: nichts von alledem wäre passiert, wenn ich damals nicht diese Anzeige von dem Welcome Dinner gesehen hätte. Ahmed und Anas wären heute vermutlich noch auf Sozialhilfe angewiesen, Rawia noch in einem Lager.

Deutschland will diese Menschen ausgrenzen

Denn außer ein klein wenig Geld und Deutschkurse, bekommen diese Menschen keine Hilfe. Denn eigentlich sollen die sich auch nicht integrieren und schnellst möglich wieder weg, sobald in Syrien Frieden ist. Nur wenn man sich die politische Lage anschaut, wird das noch ewig dauern. Vielleicht sogar nie passieren. Und trotzdem setzt unser Land weiter darauf, diese Menschen auszugrenzen. Sogar in Lager zu stecken..

Und ich schaue Nachrichten, höre den Populisten zu, wie sie über Menschen in Not reden und mein Herz wird schwer, weil es überall an Menschlichkeit fehlt. Und ich bin verzweifelt, in welche Richtung unser Land sich zur Zeit entwickelt. In unserem Land sollen Menschen in Lager gesteckt werden. Menschen wie Ahmed, Anas und Rawia. Und ich fühle mich ohnmächtig, unendlich traurig und ich bin unfassbar wütend.

Aber am Wochenende kommt Ahmed mit Rawia und er mäht meinen Rasen. Ich koche und dann essen wir zusammen und für einen kurzen Moment wird meine kleine Welt ein klein wenig menschlicher sein. In your face Gauland, Weidel, Seehofer, Söder und sonstige Arschlöcher!

Ende P.S. bitte überlasst den Menschen, die nichts als Hass in sich tragen, nicht unser Land. Macht euch stark für alle, die unsere Menschlichkeit brauchen.

Text: Anonym