530

Ulm: Afrikaner schießt auf Deutschen, Waffenarsenal sichergestellt – AfD bringt Pressemitteilung

von | Aug 11, 2019 | Aktuelles, Glosse, Politik

Oder halt nein, es war anders herum

Ups, da habe ich mich wohl verlesen. Das Opfer war „Afrikaner“ und der Täter war ein Deutscher. Und der Fall ist schon über eine Woche her. Am Samstag, den 3. August hatte sich ein betrunkener 50-Jähriger Deutscher mit Schlagring, Messer und Druckluftpistole bewaffnet und ist auf einem Treffen von „Menschen aus Afrika“ (SWR) in Ulm aufgetaucht. Er soll mehrfach das Wort „Ausländer“ gerufen haben und dann auf einen 51-jährigen Mann geschossen haben, welchen er leicht verletzte. Später fand man ein größeres Waffenarsenal beim Täter mit Saufeder, Machete und Armbrust. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen eines rassistischen und rechtsextremen Hintergrunds (Quelle, Quelle).

Ja, da hat die AfD natürlich den Fall nicht instrumentalisiert, geschweige denn überhaupt erwähnt. Die BILD-Zeitung hat auch keinen einzigen Artikel über den Vorfall geschrieben. Und ich habe von dem Vorfall auch erst eine Woche später erfahren. Die Medien, die den Fall aufgriffen, schrieben, dass der Mann „verärgert über Lärm“ gewesen sei und „auf einer Feier geschossen“ hätte (Stuttgarter Nachrichten, SPIEGEL, FOCUS). Da sind Merkel und die „Willkommenskultur“ halt nicht „schuld“ an der Hautfarbe des Täters.



Heuchelei über sicherheit

Aber stellt euch mal vor, hier hätte es sich nicht um einen bewaffneten Deutschen gehandelt, der möglicherweise sogar rassistisch motiviert war, sondern so wie in der Schlagzeile ein „böser Dunkelhäutiger“. Die Medien hätten tagelang darüber diskutiert, die AfD wäre eskaliert, die BILD hätte vier bis fünf Artikel dazu gebracht, den „Macheten-Afrikaner“ unverpixelt auf ihrer Titelseite gezeigt oder so etwas. Wir hätten völlig irrsinnigerweise über Merkels Flüchtlingspolitik diskutiert, völlig egal, ob „die Afrikaner“ (Was ist das überhaupt für eine Beschreibung in der Presse? Afrika ist ziemlich groß. Was für Staatsbürgerschaften hatten sie denn, wenn wir schon darüber reden? Oder ist es wirklich nur die Hautfarbe?!) irgendetwas damit zu tun haben.

Woher ich das weiß? Weil genau das in den letzten Tagen in Frankfurt und Stuttgart der Fall gewesen war. Am gleichen Tag wie in Frankfurt starb ein anderes Kind wegen eines Deutschen, und andere tote Kinder wurden von AfD und Co ebenfalls nie erwähnt (Mehr dazu). Der Täter, ein seit 2008 legal in der Schweiz lebender, psychisch kranker und legal nach Deutschland gereister Christ, hat so ziemlich rein gar nichts mit „Willkommenskultur“ in Deutschland zu tun. Am gleichen Tag wie in Stuttgart wurde in Kassel ebenso ein Mann auf offener Straße ermordet (Mehr dazu). Keine Panik in den Kommentaren. Und so weiter.

(PKS= Polizeiliche Kriminalstatistik) Links: Realität, Rechts: AfD-Auswahl Mehr dazu

Es ist nachgewiesen, dass die AfD nur die Straftaten überhaupt erwähnt, die sich für ihre Zwecke und ihr Narrativ von „Ausländerkriminalität“ instrumentalisieren lassen. Hätte sie es ausgeschlachtet? Hundertprozentig. Erwähnt sie auch nur mit einem Wort den Fall in Ulm? Nein. Das tut sie, um ihre Wähler zu manipulieren und ihnen ein Märchen vom unsicher gewordenen Deutschland aufzutischen. Alles nur, um ihre rassistische und faschistische Politik zu rechtfertigen. Mehr zur Realität von Kriminalität:

Kriminalität: Wie jedes Gespräch mit einem AfD-Wähler abläuft

Instrumentalisieren wir nicht auch gerade?

Häufig lese ich: Ach, Links oder Rechts, beide instrumentalisieren Straftaten! Nein. Denn erstens macht es mich nicht „links“, wenn ich darauf hinweise, dass Rassisten Rassisten sind, die sich einzelne Vorfälle herauspicken, um sie zu instrumentalisieren. Und zweitens ist Kritik an Instrumentalisierung nicht auch Instrumentalisierung. Das wäre auch absurd, denn dann dürfte ich die AfD nie kritisieren. Das ist doch Unsinn.

Der Fall aus Ulm ist ein Beispiel (von vielen möglichen) für die Heuchelei der AfD, die sich weder für Sicherheit, noch für die Opfer interessiert. Sondern nur für die Hautfarbe der Täter. Ich instrumentalisiere den Fall nicht, um eine … wasweißich?…. „antideutsche“ Agenda zu propagieren. Ich zeige damit nicht auf, wie gefährlich alle Deutschen seien und dass man alle Deutschen abschieben soll oder sowas. Nicht einmal, wie rassistisch alle Deutschen seien. Ich nutze ihn nur als Beispiel. Es könnte nämlich höchstens zeigen, wie gefährlich Rassismus in diesem Land geworden ist. Womit wir wieder den Bogen zur AfD geschlagen haben.

Die Sache mit der Hautfarbe und Herkunft

Denn Straftaten begehen, während man eine nichtweiße Hautfarbe hat, ist keine Ideologie. Straftaten gegen Opfer mit nichtweißer Hautfarbe begehen, weil sie eine nichtweiße Hautfarbe haben, schon. Nur Straftaten von Menschen mit nichtweißer Hautfarbe zu erwähnen und sie zu skandalisieren, ebenfalls. Erst recht, wenn dann die Hautfarbe und Herkunft irgendwie mit völlig unterschiedlichen Begriffen wie „Migranten“, „Flüchtlingen“, „Migrationshintergrund“ und „Willkommenskultur“ und „Seenotrettung“ in Verbindung gebracht wird, um eine sehr simple und sehr falsche Kausalität aufzubauen.

Letztendlich spielen doch die Hautfarbe und Herkunft keine Rolle. Hier hat ein Mann auf einen anderen Mann geschossen. Das ist zu verurteilen und gehört bestraft. Am Mittwoch hat ein Mann eine junge Frau auf ein Gleis gestoßen (Mehr dazu). Ihr ist zum Glück nichts passiert, aber das gehört bestraft, auch wenn der Täter ein Deutscher ist. Lasst euch nicht dazu aufhetzen, Straftaten zu ignorieren und andere Menschen wegen ihrer Herkunft zu hassen. Verurteilt lieber diejenigen, die euch dazu manipulieren wollen.

Artikelbild: Aaron Amat, shutterstock.com