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Darüber schweigen die Medien: 4 Angriffe auf Flüchtlinge PRO TAG

von | Nov 8, 2018 | Hintergrund

Im Schnitt 4 Angriffe täglich

Wer unseren Seite regelmäßig verfolgt oder unsere Kollegen bei Mimikama, der weiß, dass wahrscheinlich keine Woche vergeht, ohne dass eine Straftat erfunden oder überspitzt wird, dass man bei unbekannten Tätern einfach passende Täter erfindet oder dass alte Artikel immer wieder herausgeholt werden. Und wenn man dann mal ausnahmsweise eine echte Meldung findet – nicht ungewöhnlich, schließlich passieren jeden Tag zehntausende Straftaten in ganz Deutschland – dann wirkt es für diejenigen, die von der rechten Lügenpresse indoktriniert werden erst Recht dramatisch. Erst diese Woche wurde eine Straftat von „Migranten“ frei erfunden. (Hier)

Man betrachte zum Beispiel einmal die Fälle für „Messermigration“, die die AfD auf ihrer eigenen Seite auflistet. Bei ganzen 80% (!) der Fälle, 563 insgesamt, ist der TÄTER schlicht UNBEKANNT. Es ist absolut unseriös, dass die AfD sich erdreistet, hier einfach selbstherrlich Ausländern die Schuld zuzuschieben. In insgesamt 391 der Fälle war es übrigens auch entgegen der Behauptung keine Messerstecherei. Somit sind satte 88% der Fälle falsch. Die AfD findet in einem Zeitraum von über einem Jahr also gerade mal 85 Fälle für ihre Propaganda. Und davon waren meistens andere Migranten Opfer.

UPDATE: So dreist belügt die AfD uns über angebliche Messerangriffe



Die jüngste Angriffe auf Flüchtlinge

Am 29. August brechen drei Täter einem Syrer das Nasenbein (Quelle), am 1. September verprügeln zwei Männer ein Mitglied des Integrationsrates und seinen Begleiter, einen Geflüchteten aus Afghanistan (Quelle). Am 5. September schlägt ein 20-jähriger einem syrischen Schüler eine Bierflasche auf den Kopf (Quelle). Am 23. September schlägt ein Mann auf zwei Frauen aus Somalia und Äthiopien ein (Quelle).

Ich hatte von keinem der Fälle zuvor gehört. Aber wenn die Rollen vertauscht gewesen wären? Mindestens die rechte Lügenpresse wäre eskaliert. Studien zeigen, dass tatsächlich auch seriöse Medien überproportional oft über Straftaten von Nicht-Deutschen berichten (Quelle). Und es ist ja auch klar: Es bringt mehr Auflage. Die rechten Wutbürger werden jede Meldung über Kriminalität von Menschen mit Migrationshintergrund erfreut anklicken, teilen und kommentieren: Er bestätigt schließlich ihr Weltbild.

Von dieser perversen Symbiose profitiert der Journalismus: Nicht bringt mehr Auflage als emotionale Themen. Bei allem Hass, den die rechten der angeblichen „Lügenpresse“ entgegenbringen: Wenn sie von Straftaten ihres Feindbildes berichten, ist alles vergessen. Im Gegenteil, man denkt: Wenn selbst die darüber berichten, muss es besonders schlimm sein! Die klassischen Medienhäuser erhalten Klicks und Werbeeinnahmen, die Rechtsextremen ihr Feindbild. Alle glücklich?

Hass ENTLÄDT sich gegen Flüchtlinge

Wenn es nur bei Hass, Fake News, Gewaltphantasien und Vergewaltigungswünschen im Netz bleiben würde, könnte man es vielleicht noch harmlos abtun. Aber dieser Hass und diese verzerrte Realitätswahrnehmung führt nicht nur dazu, dass rechtsextreme PolitikerInnen und Parteien ungeniert Lügen können und politische Maßnahmen fordern, die nichts mit der echten Welt zu tun haben:

Die 11 lächerlichsten Lügen von Beatrix von Storch (AfD)

Diese falsche Darstellung, die Hass und Sozialneid gegen alle, die „anders“ aussehen schürt, führt in direkter Konsequenz zu mehr Gewalt. Eine Studie zeigt sogar, dass Hetz-Posts der AfD direkt zu mehr Angriffen auf Flüchtlinge führen. Im ersten Halbjahr wurden 704 Angriffe auf Flüchtlinge oder Flüchtlingsunterkünfte gezählt (Quelle). Das sind im Schnitt 4 pro Tag. Jedoch bis auf einzelne Ereignisse wie in Chemnitz hört man so gut wie nie davon. Und diese Ereignisse werden von Rechten auf Schärfste mit Lügen und Begriffsdebatten geleugnet:

Unglaublich, wie dreist die AfD zu Chemnitz lügt

93 Angriffe allein nach Chemnitz

Der Verband der Opferberatungsstellen für rechte Gewalt (VBRG) sah in den Ereignissen in Chemnitz einen Katalysator für rechte Gewalt: Allein in den ersten vier Wochen danach wurden 93 Angriffe und Bedrohungen gezählt. Auch die Amadeu-Antonio-Stiftung bemerkte einen Anstieg der Gewalt. Seit sich eine Partei im Bundestag und Teile der seriösen Presse auf die Seite der Rassisten und Neonazis gestellt haben, fühlen sich diese bestätigt und ermutigt.

Zwar sind die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im Vergleich zu den Vorjahren wieder zurückgegangen, was aber vor allem damit zusammenhängt, dass viele Schutzsuchende dezentraler untergebracht worden sind. Sie haben inzwischen eigene Wohnungen oder arbeiten, wie 320.000 anerkannte Flüchtlinge auch. Einzelne Wohnungen sind jetzt weniger schwer auszumachen.

80% der Gewalttaten im Osten

Traurig ist auch, das 80% der Gewalttaten in den neuen Bundesländern stattfanden, dort wo auch die rechtsextreme AfD am meisten Zustimmung genießt. Und das, obwohl dort nur ein Sechstel der Bevölkerung lebt. Im Vorjahr sah es genau so aus. (Quelle)

Niemand sagt, dass es keine Straftaten von Flüchtlingen gibt. Aber über 90% aller Schutzsuchenden haben sich nichts vorwerfen zu lassen, arbeiten, zahlen Steuern, einige retten sogar Menschen leben (Hier eine Liste). Wenn die AfD wirklich Recht hätte, warum muss sie dann so viel Lügen oder übertreiben? Warum hat sie dann so viel Angst vor der Realität? Und wenn es wirklich nicht Rassismus ist, warum greift man dann Unschuldige Menschen an?

Artikelbild: Master1305, Shutterstock.com, danke an Helena Ott, Süddeutsche Zeitung