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Die AfD darf als „parlamentarischer Arm des Rechtsterrorismus“ bezeichnet werden

von | Okt 24, 2019 | Aktuelles, Hintergrund, Politik

Die Hintergründe zum „Rechtsterrorismus“-Urteil

Die beste Nachricht vorneweg; Ja, es ist weiterhin in Ordnung, die AfD als „parlamentarischen Arm des Rechtsterrorismus“ zu bezeichnen. Doch betrachten wir die Dinge der Reihe nach.

In einem vor einigen Tagen veröffentlichten Interview (Paywall) mit der Welt bezeichnete Michael Roth (SPD) die AfD als „parlamentarischen Arm des Rechtsterrorismus“. Das ließ sich die AfD, die sich selbst ja höchstens als leicht rechts der Mitte verortet, nicht gefallen. Sie organisierte sich Rechtsbeistand bei der Kanzlei Höcker Rechtsanwälte (über diese werden wir gleich noch reden) und forderte eine Unterlassungserklärung. Er weigerte sich, diese abzugeben. In Social Media gab es dafür vor allem Zustimmung und Unterstützung (mehr hier). Die Kanzlei zog ihre Abmahnung schließlich zurück. Der Grund dafür sei eine Morddrohung gegen die Kanzlei.



Unprofessionalität auf beiden Seiten

Okay, erstmal müssen wir etwas klar stellen: Wir distanzieren uns, genau wie Michael Roth, von dieser „Methode“. Eine Morddrohung ist nicht ein „radikaler“ Weg. Oder die „letzte“ Methode. Es ist gar keine Lösung. Die AfDler sind Faschisten, Rechtsextremisten und oft auch einfach nicht besonders geschickt. Und das Ganze verlangt auch nach radikaler Gegenaktion und heftigem Protest. Keine Frage. Aber: Diese Aktionen dürfen niemals dieses Ausmaß annehmen. Morddrohungen sind immer ein Zeichen von Verrohung und Hilflosigkeit. Das gilt unabhängig von der politischen Ausrichtung.

Ganz ehrlich: Die AfD liefert genug Steilvorlagen, mit denen man sie besiegen kann. Die Partei bringt Gedankengut von 1933 wieder in die Parlamente – macht sie damit fertig! Zeigt ihnen ihre Inkompetenz auf, stellt ihren Frust und Hass bloß. Das ist alles richtig so! Aber Morddrohungen sind einfach nur schwach. Denn sie sind immer auch ein persönlicher Angriff, ähnlich wie Attacken wegen Hautfarbe, Religion, Herkunft etc. Ihr seid nicht besser als die, wenn ihr ihnen damit droht!

Und selbst wenn es nur bei den Worten bleibt: Das ist genau das, was wir immer wieder an der AfD kritisieren. Das Klima wird durch sowas vergiftet, es wird eskaliert, wo Deeskalation nötig wäre. Lasst euch nicht auf diese Ebene herab. Das musste mal raus.

Was ist das für eine Kanzlei?

Diese Frage stellt sich einem natürlich. Wer verteidigt die AfD? Ich könnte jetzt ein paar allgemeine Fakten zur Kanzlei Höcker Rechtsanwälte raushauen, oder ganz galant den Fakt fallen lassen, dass Hans-Georg Maaßen, die „AfD“ in der CDU, für sie arbeitet. Oder ich könnte erwähnen, dass ihr Chef Ralf Höcker Bundespressesprecher der Splittergruppe in der Union namens „WerteUnion“ ist. Ja, das sind genau die, die aus irgendeinem Grund tonnenweise Aufmerksamkeit bekommen, obwohl sie nur ein Bruchteil der CDU ausmachen.

Aber ich könnte auch einfach nur diesen Tweet zur Debatte teilen:

Quelle: twitter.com

Also man kann ja darüber diskutieren, wie wichtig es ist, dass der Kollege seine Opferrolle richtig schön inszeniert. Aber das muss man auch nicht, gerade weil die Situation ja echt noch nicht geklärt ist.

Was aber wirklich alles darüber aussagt, was für Typen diese Rechtsanwälte sind, ist der letzte Satz: Man bezeichnet unbekannte Gegner, über die noch keine Informationen bekannt sind, offiziell als „Dirnensprosse“. Das machen vielleicht protzige „Deutschrapper“ so. In anderer Wortwahl. Aber ein Anwalt, der auf Seriosität bedacht ist? Wie ergeht es denn dann den armen Richtern, die in ihren Verhandlungen solche Menschen sitzen haben?

Die Frage nach dem wahren Grund

Natürlich darf man eine Morddrohung niemals unter den Teppich kehren. Aber sind wir mal ganz ehrlich: Alle Beteiligten auf Seiten der AfD, also sowohl die Partei als auch die Anwälte, sind darauf erpicht, Roth fertig zu machen und als Verlierer darzustellen. Lässt man sich in dieser Situation wirklich von einer Drohung kleinkriegen? Wohl kaum.

Wahrscheinlicher ist, dass die Rechtsanwälte die moralische Situation ausgenutzt haben, um sich aus dieser brenzligen Affäre zu ziehen. Denn ihnen war wohl klar: Die Bezeichnung „parlamentarischer Arm des Rechtsterrorismus“ trifft zu gut auf die AfD zu, als dass man eine ernsthafte Chance hätte, einen juristischen Sieg zu erlangen. Denn: Diese Bezeichnung ist immer noch erlaubt. Es ist nie zu einer Verhandlung über den Fall gekommen. Nur wird die Morddrohung, so schändlich sie auch ist, ausgenutzt, um diese schwere Niederlage zu vertuschen.

Zum Glück hat Michael Roth dieses Spiel schnell durchschaut und eine äußerst souveräne Antwort geteilt. Die lassen wir hier einfach mal so stehen:

Fazit

Morddrohungen sind ein Zeichen von Schwäche. An alle, die aus wirklich nachvollziehbaren Gründen gegen die AfD sind: Lasst Morddrohungen sein. Die bringen uns nicht weiter. Aber dass im Jahr 2019 Rechtsanwälte offen wie Schulkinder beleidigen, das ist schon eine Diskussion wert. Und auch, dass gerade die AfD mit solchen Leuten zusammenarbeitet, ist schon fast filmreif. Sogar Maaßen und Teile der CDU, die die AfD normalisieren wollen, hängen wieder mit drin. Kann man sich nicht ausdenken.

Aber Morddrohung hin oder her: Man darf die AfD weiterhin als „parlamentarischen Arm des Rechtsterrorismus“ bezeichnen. Natürlich sorgen die Umstände dafür, dass sich das nicht wirklich wie ein Sieg anfühlt. Doch am Ende ist es ja doch einer. Ein Sieg der Meinungsfreiheit. An alle AfDler: Viel Spaß beim Zerreißen des Artikels basierend auf dem letzten Absatz. Aber am Ende ist halt doch der Rechtsterrorismus das wahre Problem in Deutschland.

Artikelbild: Foto-berlin.net, shutterstock.com