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Wie dich Rechte mit „Fridays gegen Altersarmut“ verarschen wollen

von | Jan 7, 2020 | Aktuelles, Hintergrund

Wie rechts ist „Fridays gegen Altersarmut“?

Viele von euch haben sich sicherlich aus verschiedenen Gründen mal in einer Gruppe angemeldet. Sei es, um sich über Kochrezepte auszutauschen, mit den Schulfreunden in Kontakt zu bleiben oder ein gemeinsames politisches Ziel zu verfolgen. Wer sich jedoch gegen Altersarmut engagieren will, wird es damit in den Gruppen „Fridays gegen Altersarmut“ schwer haben. „Gegen Altersarmut“ zu sein ist eine fast nichtssagende politische Position, da wohl niemand für Altersarmut sein dürfte. Damit wird es zum perfekten Thema für rechte Betrüger.

So tauchten in den letzten Monaten auf Facebook mehrere Gruppen mit dem Namen „Fridays gegen Altersarmut“ auf, die Größte hat inzwischen 260.000 Mitglieder. Diese enorme Größe hat die Gruppe vor allem deshalb erreicht, weil viele Personen ihre gesamte Freundesliste einluden, sodass anzunehmen ist, dass viele gar nicht wissen, dass sie Mitglied dieser Gruppe sind oder bisher keinen Grund sehen, aus zutreten. Das könnte sich durch diese Informationen vielleicht ändern, denn auch viele derjenigen, die sich aktiv an der Bekämpfung von Altersarmut beteiligen möchten und in der Gruppe eine Möglichkeit dafür sehen, werden wohl von Betrügern, Rechten und sogar Rechtsextremen instrumentalisiert.



Rechte und Betrüger versuchen euren Unmut zu instrumentalisieren!

Wie Recherchen der Seite KKA, sowie unsere eigenen belegen, sind die vielen Admins dort unter anderem mit Mitgliedern der AfD und NPD befreundet oder haben Seiten wie „Gelbwesten Deutschland“, „Intensiv Patrioten“, „Alice Weidel“, „Fridays for Hubraum“ oder „Freiheit statt EU-Diktatur“ gelikt oder verbreiten Hetze gegen Greta Thunberg, Carola Rackete und andere. Die Admins verbreiten auf ihren Privatseiten rechte und rechtsextreme Propaganda und sind dort mit anderen Rechten vernetzt.

Nicht nur wird die Gruppe „Fridays gegen Altersarmut“ augenscheinlich von Menschen mit rechter und rechtsextremer Agenda geleitet, die Gruppe scheint auch als Honigtopf für nichts ahnende Menschen zu dienen, da kurz vor der Gründung, im Juli 2019 rechtsextreme Blogs dazu aufgerufen haben, das Thema Altersarmut zu nutzen.

Hintergrund ist, dass die AfD bisher nicht einmal irgendein Konzept hat, wie das Problem der Altersarmut oder Rente angegangen werden soll. Man kann natürlich herzlich darüber streiten, welche der Parteien das richtige Konzept anbietet, oder eben eher ökonomisch denkt, aber zumindest haben alle andere Parteien ein Konzept. Die AfD hat bis heute gar kein Konzept. Jörg Meuthen hatte sogar einmal vorgeschlagen, die gesetzliche Rente völlig abzuschaffen. Im Gegenteil, Pläne, die die AfD vorgestellt hat, würden bedeuten, dass Menschen mit körperlich und psychisch belastenden Berufen faktisch Rentenkürzungen hinnehmen müssten (Mehr dazu).

„Fridays Gegen Altersarmut“ von Rechten unterwandert

Neben den rechten Admins und den rechtsextremen Seiten, die den Plan formulierten, das Thema Altersarmut von rechts zu besetzen, findet man auch viel Werbung für die Gruppe auf rechten Seiten, Gruppen und Kanälen. Ausgewählte Beispiele:

Ein weiteres Indiz ist auch, dass sich bereits frühere Versuche, „gegen Altersarmut“ zu versammeln als genau das entpuppt haben: In Augsburg tauchten bei einer Demonstration gegen Altersarmut nur rechte Rocker und vom Verfassungsschutz beobachtete Rechtsextreme auf (Quelle).

Update 18.01: AfD & „Die Rechte“ unterstützen ebenfalls

Zwischenzeitlich haben beide rechtsextreme Parteien AfD durch Parteichef Meuthen und „die Rechte“ zu Unterstützung der Gruppe aufgerufen:

Echt jetzt? Die Anti-Renten Partei AfD ruft zu Fridays gegen Altersarmut auf

Krimineller Betrüger ist Admin der Gruppe?

Die größte Gruppe „Fridays Gegen Altersarmut“ wird unter anderem von einem Administrator mit verschiedenen Identitäten geleitet. Er nennt sich z.B. „Heinrich Madsen“ und „Heinrich von Graf“. Über die anscheinend rechtsaffine und kriminelle Person Heinz Madsen und all seine Aliasse kann man sehr viel im Netz erfahren. Einen Überblick gibt u.a. diese Gruppe, in welcher sich Opfer seiner kriminellen Machenschaften austauschen.

Zu Herr Madsen liegen gleich mehrere Sachen vor, die berichtenswert sind. Anbei Auszug aus einem Artikel:

Seit dem damaligen Interview, durch das Herr M. sich selbst der Lügen enttarnt hat, haben wir immer wieder in regelmäßigen Abständen, Androhungen mit Polizei, Staatsanwalt und Anwälten bekommen mit der Aufforderung den damaligen Artikel aus dem Netz zu nehmen. Es kam bis dato allerdings nie und von keiner juristischen Seite irgendetwas. Nach wie vor, haben wir alle Beweise vorliegen und haben uns diese in den letzten Wochen nochmals bestätigen lassen. Und wir haben aufgrund der massiven Handlungen recherchiert und sind einfach nur noch entsetzt.

Herr M. versucht zudem unsere Chefredakteurin massiv unter Druck zu setzen, bedroht sie, beschimpft und beleidigt sie und verbreitet diverse Unwahrheiten über ihre Person. Aber das allerschlimmste ist, dass er als Mensch der ja doch so auf Kinder bedacht ist, ihre 14 jährige Tochter anschreibt, massiv unter Druck setzt und versucht sie gegen ihre eigene Mutter aufzuhetzen. Laut Aussage des Anwalts, ist dieses Schreiben von ihm eine psychische Bedrohung. Hier wurde bereits am 31.12.2016 Strafanzeige gestellt.

Gesuchter Betrüger Madsen?

Auch beim Thema Spenden und Unicef scheint Herr Madsen so seine Probleme gehabt zu haben.

Herr Madsen hatte schon eine sehr interessante Vita, als er nicht den Vorsitz in der Gruppe Fridays gegen Altersarmut hatte. Noch im Mai 2019 wurde er anscheinend von der Polizei gesucht:

Selbst die anderen Fridays gegen Altersarmut Gruppen haben anscheinend so ihre Probleme mit der „Fridays gegen Altersarmut“ Gruppe von Madsen. Und wenn man sich die weitere Vita anschaut, dann ergibt sich ein Muster.

Hier der Hinweis, warum Madsen gesucht wurde:

Viele Personen, die sich darüber kritisch geäußert haben, wurden umgehend rausgeworfen

Alleine bei uns haben sich mehrere hundert Leute gemeldet, die aus der Gruppe geflogen sind, weil sie die ideologische Ausrichtung der Gruppe oder einzelner Posts hinterfragt haben. Kritische Stimmen werden in der Gruppe augenscheinlich sofort mundtot gemacht und gelöscht.

https://www.facebook.com/photo.php?fbid=158060635447265&set=p.158060635447265&type=3&theater

Laut Betroffenen wird man kommentarlos aus der Gruppe geworfen und gelöscht, wenn man lediglich fragt, was es mit der Vergangenheit des Gruppengründers auf sich hat:

Zugeschickter Screenshot. Und ja, auch diese Person wurde sofort danach geblockt und rausgeworfen

Madsen teilt gerne auch selbstgeschriebene Songtexte über verhasste „Gutmenschen“:

Screenshot

Rechte Feindbilder & Begriffe

Nachdem klar sein sollte, wer diese Gruppe leitet und wer dazu aufruft, ihr beizutreten, schauen wir uns einmal die Inhalte in der Gruppe genauer an. Nachdem jüngst öffentliche Kritik unter anderem von „Omas gegen Rechts“ an den rechten Tendenzen und Hintergründen der Gruppe  laut wurde, kam es zu großen Löschaktionen, bei denen das Meiste der offenen Hetze gegen Andersdenkende und Schutzsuchende gelöscht wurde.

https://www.facebook.com/Omasgegenrechtsdeutschland/posts/723589761498354?__xts__[0]=68.ARBRGjblAIoJtm74CjxyPl7MMLXJ7QfvbsE4uuTlK-B78ERDe9lfR2FBjh8i2o-W1MHZH2Ix4JOtbpxgLHXoJvZYj6CJimSmu95hTUUi6f35TW7keWbCz_fAkQIsaTN1zJqLi9VivHvGSMRuy-jvP4vaA6X0ZOU7yhEye2x0lhBTBvak3Rvd8cGQLb4LfWe6KdDE96onzMjESGak84MUJL_DXQmsMfnxZlZMI9AgZtZU5zJpcC5sMXmEZfSafmjg1dg7aqWUaX19zRsj_6NF3kKCRyIABlaL5zHDyDm4DLoowdfv9NM7U0z9zjfhCtE5mvOlkBqf4q5nTa8vxKk&__tn__=-R

Nun sind beinahe ausschließlich Aufrufe zu Mahnwachen und Demonstrationen zu lesen, neben Danksagungen sowie emotionalisierenden Appellen der Admins, die ausschließlich wie Durchhalteparolen klingen. Während das wie ein Indiz dafür aussehen mag, dass rechte Hetze in der Gruppe eben nicht geduldet wäre, ist es aufgrund der Umstände viel wahrscheinlicher, dass es sich hierbei um eine Taktik der Selbstverharmlosung und der Kosmetik handelt. So rechtfertigt sich der Admin dafür, angeblich nicht AfD gewählt zu haben – anstatt deren Rassismus und Rechtsradikalismus zu verurteilen oder zu benennen. Denn während „Fridays Gegen Altersarmut“ auf den ersten Blick wie eine Gruppe gegen ein universell anerkanntes Problem aussieht, erkennt man auf den zweiten Blick, dass hier jegliche Lösungsansätze fehlen.

Keine Lösungsansätze

Auffälligerweise findet man dort außer emotionalisierenden Appellen keine konkreten Ziele, geschweige denn Hilfen für Betroffene! Keine Petitionen, keine Tafeln, an welchen man sich engagieren könnte, keine konkreten Forderungen an die Politik, keine Artikel oder Analysen, wie Altersarmut denn konkret aussieht, wen sie genau betrifft oder wie sie denn überhaupt entstanden ist. Das ist höchst verdächtig. Denn verdeckt werden hier von den rechten Admins rechte Feind- und einfache Weltbilder bedient. „Die Regierung“ sei einfach Schuld, ohne Erklärung, warum. Und „die Altparteien“ müssten einfach bekämpft werden (Ein alter Nazi-Begriff).

Es wird einfach die simple, populistische Erklärung bedient, „die da oben“ seien Schuld und wenn man gegen „die Elite“ kämpft, wird sich das Problem irgendwie auf magische Weise von selbst lösen. Es ist reiner Populismus, der bei unbedarften Mitgliedern ein vereinfachtes Weltbild etablieren soll, dass nahtlos an das rechtsextreme Weltbild der AfD andocken kann, wenn die Zeit reif ist. Der Mechanismus ist der gleiche: Man erzeugt emotional Unmut über ein Problem – und bietet keine Lösung dafür an, aber Feindbilder. Der Frust darüber führt zu Radikalisierung und lässt sich gut instrumentalisieren.

Altersarmut zur Rekrutierung für Rechtsextreme

Durch falsche und vereinfachte Darstellung, wie beispielsweise deren „politische Forderungen“ zu „versicherungsfremden Leistungen“, die so dargestellt werden, als ob aktuell Rentenversicherungsbeiträge zweckentfremdet werden um z.B. Flughäfen zu bauen, Politikerdiäten zu bezahlen oder allgemein Haushaltslöcher zu stopfen, soll mit Falschinformationen Wut erzeugt werden. Dass damit so Dinge wie „Mütterrente“, „Ausfallzeiten wegen Schulbildung“, „Besserstellung der beruflichen Ausbildung in der Rentenberechnung“ gemeint sind und teilweise selbst die Hinterbliebenenrente als versicherungsfremde Leistung angesehen wird (da die Hinterbliebenen schließlich nicht selbst Beiträge eingezahlt haben) dürften die wenigsten wissen, die sich dort über alles aufregen.

Die Gruppe „Fridays Gegen Altersarmut“ (und andere, die weniger versteckt ihre rechte Agenda formulieren), versuchen über dieses Thema neue Menschen dazu zu trainieren, ihre vereinfachten Welt- und Feindbilder zu verinnerlichen. Wenn jemand unkritisch Hass auf „die da oben“ entwickelt, ohne konstruktive Lösungsansätze, dann wird er empfänglicher dafür, wenn er sich mit den verkappten Rechten in der Gruppe vernetzt, die dann gegen Schutzsuchende hetzen. So beginnt eine Spirale, an deren Ende die Opfer zu vollen Rechtsextremen gemacht werden sollen.

Sabotage

Mit dabei soll das Herdendenken helfen, wenn man von fast 300.000 Mitgliedern sprechen kann, von denen, wie gesagt, die allermeisten jedoch wohl inaktiv sind. Der Versuch, im gesamten Bundesgebiet einzelne Demonstrationen zu organisieren, wird letztlich nicht viele Menschen auf die Straße bringen und diese auch noch sehr dünn über das ganze Land streuen. Der Frust darüber wird dann als gezielte Sabotage der „Feinde“ interpretiert – wozu auch wir für unsere Kritik zählen werden. 

Dieses Sabotage-Narrativ soll weiter den inneren Zusammenhalt stärken und die Gruppe nach innen vor Kritik immunisieren. Während der Kampf gegen Altersarmut selbstverständlich löblich ist, sind diese Gruppen von Rechten und Kriminellen gegründete Honigtöpfe, die keine Lösungen anbieten und nur dazu dienen sollen, rechte Narrative subtil zu verbreiten und Gruppendynamiken zu schüren.

Nein, selbstverständlich sind nicht alle in der Gruppe rechts oder gar rechtsextrem. Im Gegenteil, es ist davon auszugehen, dass dies nur ein kleiner, aber besonders aktiver Teil ist. Wie bei jeder Bewegung versuchen Rechtsextreme, sich an die Spitze von sozialen Bewegungen zu setzen und sie in ihre gewünschte Richtung zu bewegen. Diese Strategie der Unterwanderung ist deshalb so perfide, weil sie sehr verdeckt stattfindet. Während die meisten Menschen von offener Hetze abgeschreckt werden, funktionieren derartige populistische Ansätze dabei, subtiler Menschen anzulocken.

Fazit

Die Profile einiger Admins und deren Sprache von „Altparteien“, von „sie“ haben „Angst vor uns“, einem Aufbauen von „Unten“ versus einer „Gemeinschaft der Wahlverlierer (Groko)“, deren allgemein abwertende Äußerungen gegen Politiker*innen und vor allem das Fehlen von Lösungsansätzen sind lediglich populistische Narrative ohne Substanz oder Richtung. Hier soll ein generelles Misstrauen in die Politik geschürt und elitenfeindliche Narrative verfestigt werden .

Mit dem unverdächtigen Thema Altersarmut sollen erst viele ins Boot geholt und dann durch die oben beschriebenen Strategien radikalisiert werden, während gleichzeitig ein „Wir-gegen-Die“-Narrativ aufgebaut wird, das jegliche Kritik unter Generalverdacht stellt und alle Kritiker*innen herauswirft. Das ist keine breite, partizipatorische Bewegung, sondern populistische und elitenfeindliche Narrative, die von Rechten aufdiktiert werden sollen. Sie sollen aufrichtig empörte Menschen anlocken, manipulieren und instrumentalisieren. Nein, das macht nicht jede Mahnwache rechts oder verdächtig. Aber wir raten allen Beteiligten, dies bei ihrem Engagement gegen Altersarmut im Hinterkopf zu behalten – und aufzupassen, wer ihren Aktivismus instrumentalisieren möchte.

Artikelbild: Screenshot facebook.com