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AfD-Klima-Leugner kriegen Stress mit eigener Parteijugend

von | Mai 28, 2019 | Aktuelles, Analyse, Umwelt/Klima

Die Junge Alternative Berlin hat die Parteiführung aufgefordert mehr für Klimaschutz zu tun

Niemand könne noch nachvollziehen, warum die AfD den menschengemachten Klimawandel leugne. Damit hat die Junge Alternative vollkommen Recht, denn mehrere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass es keinen berechtigten Zweifel am wissenschaftlichen Konsens mehr gibt. 

Wie soll man auf so einen Sinneswandel reagieren? Ich bin dafür, solche Bestrebungen in allen Parteien zu unterstützen. Uns fehlt wirklich die Zeit, um uns mit politischen Unterschieden in anderen Themen auseinanderzusetzen. Mich wundert sowieso schon seit längerem, dass die Rechte in westlichen Ländern in diesem Punkt so stark gegen den Erhalt von Heimat arbeitet. Das meint auch der „Junge Alternative“-Vorsitzende Berlins in der Jungen Freiheit: „Das Thema Umweltschutz ergänzt sich auch mit dem Schutz der Heimat und der Kultur.“

Dazu müsste aus rechter Sicht noch dazukommen: Der Klimawandel wird zu globaler Massenmigration ungekannten Ausmaßes führen. Gleichzeitig weigern sich manche Frauen Kinder in eine Welt zu setzen, die von der Klimakatastrophe bedroht wird. Das Pentagon sieht in einem öffentlichen Bericht im Klimawandel sogar eine Bedrohung der nationalen Sicherheit. Der Untergang des Abendlandes ist damit bei einem „Weiter so“ also praktisch vorprogrammiert – und die globale Rechte arbeitet munter daran mit. 

Was schlägt sie vor?

Es ist also sehr zu begrüßen, dass es Personen in der AfD gibt, die beginnen sich mit wissenschaftlichen Fakten zu befassen. Dabei sollte man es aber nicht belassen, auch die Lösung von Problemen sollte genauso faktengeleitet sein. Was schlägt die Junge Alternative Berlin also in Sachen Lösungen vor? Laut Tagesspiegel wird von der JA der Vorschlag gemacht „Entwicklungszusammenarbeit mit Schwellenländern an die Einführung einer Ein-Kind-Politik zu koppeln“ 

Der dahinterliegende Gedanke ist klar: Nicht Deutschland soll etwas ändern, sondern vor allem Frauen in anderen Länder. Wenn sie das nicht tun, wird der weiße Mann sie bestrafen. Lasst uns trotzdem nüchtern einfach mal die Zahlen und Fakten dazu ansehen, ob der weiße Mann hier vielleicht noch ein paar andere Denkfehler gemacht hat. 



Ist Deutschland Einflussreich genug?

Als erstes ist es natürlich die Frage, ob Deutsche Entwicklungshilfe überhaupt hoch genug ist, um damit „Druck“ aufbauen könnte. Beispiel Schwellenland Indien: Hier steuert Deutschland 2018 750 Millionen an Entwicklungshilfe bei. Damit zu drohen dies zu entziehen dürfte Indien mit einer Wirtschaftsleistung von 2,6 Billionen USD kaum interessieren. Unser Entwicklungsministerium brüstet sich übrigens auf seiner Website damit, dass ein großer Teil dieser Entwicklungshilfe in Umweltschutzprojekte vor Ort fließt. Also würde durch ein Streichen dieser Mittel vermutlich sogar ein Negativ-Effekt entstehen. 

Überbevölkerung ist so 70er

Zweite Frage: Ist „Bevölkerungswachstum“ überhaupt so ein großes Problem für den Klimawandel?

Hierzu sehen wir uns die weltweiten Geburtenraten mal genauer an:

In der Grafik sieht man, dass fast nur noch Länder in Sub-Sahara Afrika eine hohe Geburtenrate aufweisen. Der Rest der Welt hat bereits eine sehr niedrige Geburtenrate um die 2 Kinder pro Frau. Auch in Indien liegt die Geburtenrate deutlich niedriger, als man dies vielleicht vermuten würde und es fehlen nur noch wenige Prozentpunkte bis Indiens Bevölkerung nicht mehr weiter wächst. Fazit: Es existiert kaum ein Schwellenland welches nicht bereits auf einem guten Weg ist, was die Geburtenraten angeht. 

Warum die Weltbevölkerung unvermeidbar trotzdem noch ein bisschen wächst und weitere Fakten zum Thema, erklärt dieses Video.

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Faktor 100 in Afrika

Die meisten verbleibenden Länder mit hohen Geburtenraten liegen in Sub-Sahara Afrika. Lohnt sich hier also ein Entzug der im Vergleich zum Reichtum dieser Länder deutlich höheren Entwicklungshilfezahlen?

Diese Grafik zeigt: Der Effekt den eine sinkende Geburtenrate in Afrika auf das Weltklima hätte, ist extrem klein. Ganz Afrika hat einen kleineren CO2 Ausstoß als Indien. In Sub-Sahara Afrika ist der Ausstoß nochmal niedriger.

Der Entzug von Entwicklungshilfe hätte auf das Bevölkerungswachstum auch hier möglicherweise sogar negative Effekte. Wir haben in der ersten Grafik gesehen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Schulbildung für Frauen und der Geburtenrate gibt. Wird die Entwicklungshilfe gekürzt, führt das also möglicherweise sogar zu einer höheren Geburtenrate. Auch werden mit Hilfe von Entwicklungshilfe oft Verhütungsmittel verfügbar gemacht, das würde dann auch wegfallen.

Wo liegen also die echten Einsparungspotentiale? Pro Kopf liegen die CO2 Emissionen von Uganda bei 100 kg pro Person. Die Emissionen eines Deutschen sind 100 mal (!) höher. Man kann also entweder 100 Geburten in Uganda verhindern (wie wir gesehen haben, ist der Entzug von Entwicklungshilfe dafür kein geeigneter Weg) oder ein Deutscher lebt eben Klimaneutral. Es nützt nichts um den heißen Brei herumzureden: Unsere Einsparungspotentiale beim globalen CO2 Ausstoß liegen nunmal größtenteils hier vor Ort in Deutschland. 

Fazit

Bis 2050 muss die Welt die Emissionen auf Netto Null heruntergefahren haben, um das 1,5 Grad Ziel überhaupt noch erreichbar zu halten. Diskussionen um Geburtenraten werden dafür keine Rolle spielen. Die meisten Länder weltweit haben ihre Geburtenraten mittlerweile unter Kontrolle. Länder mit hohen Geburtenraten haben gleichzeitig einen extrem geringen CO2 Ausstoß. 

Grundsätzlich ist das Interesse der Jungen Alternative am Klimaschutz nur zu begrüßen. Wie junge Menschen anderer Parteien auch, macht es auch für die Junge Alternative keinen Sinn ihre Zukunft für die Interessen alter Menschen aufs Spiel zu setzen. Ein Parteiprogramm, welches grundlegende Fakten leugnet, die jedes Kind kennt, dürfte mit der Zeit immer weniger Menschen überzeugen. Jetzt müsste man sich nur noch Lösungen ausdenken, die nicht das genaue Gegenteil von dem erreichen, was man eigentlich haben möchte. Der Volksverpetzer wird diesen Weg gern kritisch-wohlwollend begleiten. 

Und dann kann sich vielleicht eines Tages auch auch Annegret Kramp-Karrenbauer etwas bei der Jungen Alternative Berlin abschauen. 

Artikelbild: pixabay.com, CC0