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Worst of AfD-EU-Wahlprogramm: „Europäische Reformen“ & „Außenpolitik“

von | Mai 3, 2019 | Aktuelles, Kommentar

Worst of AfD-EU-Wahlprogramm

Bis zur Europawahl ist es nicht mal mehr ein Monat, der Wahlkampf befindet sich in der heißen Phase. Auch die AfD ist mit am Start, möchte ihre momentane Glanzleistung (1 Sitz im Europaparlament) überbieten. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ein AfD-Wähler tatsächlich etwas über Inhalte der Partei wissen möchte, hat die AfD sogar ein Wahlprogramm veröffentlicht. Man findet es hier, natürlich rein zufällig 88 Seiten lang.

Der größte Teil davon ist wie gewohnt Geschwafel über einen angeblichen Einheitsstaat Europa, irgendwas mit Nationalismus und historischer Verantwortung (hört, hört!) und einige von der CDU und der FDP geklaute Passagen in Bereichen, von denen die AfD wirklich keine Ahnung hat, die aber auch keinen Wähler interessieren. Und doch gibt es einige Stellen mit AfD-eigenem Stuss, die eine Nichtwahl dieser Partei besonders rechtfertigen. Diese sollen in dieser Reihe besonders gewürdigt werden.



Was die AfD mit der EU machen will

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Interessant muten die Dinge an, die die AfD unter 2.2 „Europäische Reformen“ veröffentlicht hat. Dabei sticht natürlich der reißerische Unterpunkt 2.2.1 „DEXIT – der Austritt als letzte Option“ ins Auge. Dabei verkündet die AfD stolz:

„Das undemokratische EU-Parlament mit seinen derzeit privilegierten 751 Abgeordneten wollen wir abschaffen“.

Kleiner Fun Fact zu Beginn: Die AfD möchte darauf hinweisen, dass derzeit 751 Abgeordnete privilegiert sind – da die Partei allerdings scheinbar unter einer Satzbau-Schwäche leidet, steht jetzt sinngemäß da, dass die 751 Abgeordneten nur „derzeit privilegiert […]“ seien, d.h. dass sich das in einem unbestimmten Zeitraum ändern wird. Es ist immer wieder amüsant zu sehen, wie eine Partei, die die deutsche Kultur gegen die Globalisierung verteidigen möchte, an der eigenen Sprache scheitert.

Aber bleiben wir beim Inhaltlichen, denn da wird es noch amüsanter: Am 26.5. wird nämlich genau das Parlament gewählt, das die AfD abschaffen möchte. Auf den ersten Blick mag das zumindest dem AfD-Wähler ja noch einleuchten (schließlich hat auch Hitler damals die Demokratie mit ihren eigenen Waffen…okay ihr wisst was ich meine), aber wenn man das Gedankenexperiment weiterdenkt, merkt man schnell, dass das so nichts wird.

Will die AfD etwa das Parlament über seine Selbstauflösung abstimmen lassen? Oder etwa, wie im Bundestag oft geschehen, trotzig den Sitzungssaal verlassen, wenn dies sich dann (verständlicherweise) als unmöglich herausstellt? Die Wahrheit ist vermutlich, dass das Dutzend AfD-Abgeordnete Urlaub auf EU-Kosten machen wird, das saftige Einkommen (welches momentan noch intensiv kritisiert wird) einsteckt und die EU noch handlungsunfähiger macht, als sie es im Brexit-Chaos sowieso schon ist.

Die „Außenpolitik“ der AfD

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Interessant ist Punkt 3.1. Dort möchte die AfD ihre außenpolitischen Ziele für die EU erklären. Nach den allgemeinen Zielen folgen dann einzelne Staaten, die eine besondere Würdigung wert sind: USA, Russland und China als große Global Player, dazu noch die Türkei als mittlerweile jahrelangem Streitpunkt und dann folgt – Syrien. Nicht der Nahe Osten. Nicht Krisengebiete allgemein. Syrien. Möchte die AfD etwa die EU-syrische Freundschaft ausbauen? Oder gar, im Gegenteil, Syrien den Krieg erklären?

Nun ja – weder noch. Streng genommen hat der Punkt überhaupt nichts dort zu suchen, denn mit der EU hat er herzlich wenig zu tun. Dieser Punkt ist nämlich eigentlich nur eine Kritik an der Regierung Merkel, verbunden mit der Forderung der Rückführung der aufgenommen Flüchtlinge aus Syrien. Warum ausgerechnet die syrischen Flüchtlinge zurückgeführt werden sollen und nicht Flüchtlinge anderer Nationen, die zum Beispiel aus sichereren Staaten stammen, bleibt offen.

Aber sind wir ehrlich: Hier wird einfach nur der Propaganda-Wahlkampf von Plakaten und Debatten ins Europaprogramm verlagert. Die Partei möchte ihrem rechten Kauderwelsch einen offiziellen „EU-touch“ verpassen, indem sie schreibt, die Regierung müsse „sich in der EU für die Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien einsetzen“. Unabhängig davon, was genau das jetzt bringen würde/sollte: Das Ganze hat nichts mit Europa zu tun. Es ist nur ein neuerlicher Versuch, die Bundesregierung zu denunzieren.

Forderung nach Kriegen für den Profit

Eine weitere Kostprobe für diesen ersten Teil zum Programm der „AfD“: unter 3.2.3 geht es um den „Erhalt der deutschen und europäischen wehrtechnischen Industrie“. Unter dieser, im wahrsten Sinne des Wortes, technischen Überschrift verbirgt sich die Forderung nach neuen wehrtechnischen Programmen zum Zweck der „Sicherung der in diesem Hochtechnologiesektor bestehenden Arbeitsplätze und Planungssicherheit für die deutsche Industrie und unsere Streitkräfte“.

Heruntergebrochen möchte die AfD also bewusst Kriege zum wirtschaftlichen Zweck fördern. Es wird nicht wegen einer militärischen Dringlichkeitslage aufgerüstet, sondern weil man wirtschaftlichen Nutzen daraus zieht. Ob man Kinder im Nahen Osten mit altmodischen Waffen oder welchen aus dem „Hochtechnologiesektor“ tötet ist für die moralische Bewertung dieser Forderung völlig egal.

Der AfD sind Menschenleben egal, solange die europäische (seien wir ehrlich liebe AfDler, ihr meint die deutsche) Industrie davon profitiert kann. Ob wohl dem einen oder anderen AfD-Wähler schon die Korrelation zwischen Waffenexporten, Bürgerkriegen und damit auch Flüchtlingswellen aufgefallen ist…?

Artikelbild: volksverpetzer.de