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Die AfD hat versehentlich selbst festgestellt, dass sie verfassungsfeindlich ist

von | Sep 23, 2019 | Aktuelles, Kommentar, Politik

Warum wir eine verfassungsfeindliche Partei auch so nennen sollten

Wir müssen unsere Sichtweise und damit auch den gesellschaftlichen Konsens in Bezug auf die AfD ändern. Viele Politiker befinden sich in einer Schockstarre, was den Umgang mit der Partei und besonders auch ihren verfassungsfeindlichen Mitgliedern angeht.

Gebetsmühlenartig werden Koalitionen mit der „in großen Teilen rechtsextremen“ Partei ausgeschlossen. So weit, so gut. Doch die AfD zu benennen als das, was sie ist, trauen sich immer noch nicht alle. Besonders in der CDU gibt es diese Zaghaftigkeit. Ist es die Angst, noch mehr Wähler an die AfD zu verlieren? Oder das berühmte „Hintertürchen“ für Koalitionen? Immerhin hat die CDU das sogar schon benutzt:

Erste Zusammenarbeit von CDU & AfD: Wer CDU wählt, könnte die AfD kriegen

Es ist tatsächlich schwer zu verstehen. Doch Eins sollte klar sein: Nur mit zaghaften Versuchen des „Auf-Distanz-Haltens“ und des „Wir-müssen-die-AfD-ernstnehmen“ wird es nichts.



Die AfD outet sich selbst

Während also CDU und co. in Bezug auf die AfD in ihrer Meinung noch ganz schön rumeiern, ist eine Partei schon weiter. Eine Partei des „rechts der Mitte“-Spektrums hat schon erkannt, wie extremistisch und verfassungsfeindlich die AfD ist.

Die AfD selbst.

Klingt wie schlechte Satire? Ist aber so. Die AfD hat anscheinend bemerkt, dass an den Vorwürfen der Verfassungsfeindlichkeit doch etwas dran sein könnte. Oder, dass es zumindest für zukünftige Wahlerfolge hinderlich sein könnte, mehr oder weniger offen beobachtet zu werden. Jedenfalls setzte sie eine „Arbeitsgruppe Verfassungsschutz“ ein. Diese sollte im Prinzip überprüfen, wie groß die Gefahr für das Szenario „Beobachtung der gesamten Partei“ tatsächlich ist.

Ergebnisse der Arbeitsgruppe

Die Ergebnisse sind, für AfD-Verhältnisse, erstaunlich ehrlich. Natürlich gibt es keine große Selbsterkenntnis á la „Wir sind ja wirklich rechtsextrem!“. Aber immerhin schon mal Aussagen, die „mehrdeutig interpretierbar“ sind. Wie der Focus zuerst berichtete, kam die von Fraktionschefin Alice Weidel ins Leben gerufene Arbeitsgruppe zu folgendem Ergebnis:

8 Punkte seien „vom [Bundesamt für Verfassungsschutz] nachvollziehbar aufgeführt“. Das bedeutet im Chiffre der AfD: 8 Punkte, die der Verfassungsschutz an der AfD für rechtsextrem hält, halten sogar Parteikader wie Alice Weidel für rechtsextrem. Nur zur Erinnerung: Weidel hatte sich unter anderem an den vom Verfassungsschutz beobachteten „Flügel“ angenähert (Quelle). Man kann sie also nicht einmal mehr als „moderate“ Kraft bezeichnen.

Weiterhin: 34 Anhaltspunkte, die (zitiert nach Focus) „inhaltlich mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind, ohne verfassungsfeindlich zu sein“. Interessanter Fakt am Rande: Für die AfD gibt es also einen erheblichen Unterschied zwischen „der freiheitlich demokratischen Grundordnung“ und unserer Verfassung. Was zumindest belegt, dass die Partei als Ganze radikal ist und, wenn sie könnte, die Verfassung deutlich abändern würde.

Die restlichen Fälle hätten entweder „Klärungsbedarf“ oder werden abgetan, mit dem Verweis darauf, dass der Verfassungsschutz offensichtlich „linksorientierte“ Arbeit betreibe.

„Aber es sind doch nur 8 verfassungsfeindliche Punkte“

Ist es also tatsächlich nur eine unbedeutende Minderheit, die verfassungsfeindliche Ansichten in der AfD verteilt? Auf den ersten Blick wirkt es zumindest so. Nur ein Bruchteil der vom Verfassungsschutz angemerkten Punkte werden tatsächlich bemängelt.

Doch wichtig ist: Eine der Personen, deren Aussagen als „mehrdeutig“ (das heißt bewusst an der Verfassung „vorbei geschmuggelt“) erkannt worden sind, ist Björn Höcke. Höcke ist immerhin der Anführer des nationalistischen „Flügels“ in der AfD. Wie groß der Einfluss von Höcke ist und wie gefährlich damit seine Aussagen sind, haben wir hier analysiert:

Argumentationshilfe: So einfach beweist du, dass Höcke ein Faschist ist

tldr: Björn Höcke, der Anührer der größten politischen Strömung innerhalb der AfD, erweist sich als Unterstützer der NPD und Nationalisten bis Rechtsextremen. Eine von Höcke selbst oft kritisierte Darstellung. Die aber die AfD nun selbst vorsichtig bestätigt.

Fazit

1. Die AfD outet sich offen als rechtsradikal. Dass „freiheitlich demokratische Grundordnung“ in den Augen der AfD nicht das ist, was in der Verfassung steht, ist ja doch schon eine Selbstoffenbarung. Weitere Untersuchungen, ob die AfD eine verfassungsfeindliche Partei ist, sind damit ja nahezu überflüssig. Wenn die „Untersuchten“ selbst es schon freimütig zugeben.

2. Die AfD outet sich auch als von Rechtsextremen unterwandert. Höcke, der im Begriff ist, die Partei zu unterwandern und zu übernehmen, wird in seinen Aussagen als Verfassungsfeind anerkannt. Sogar aus den eigenen Reihen! Solange jetzt nicht schleunigst Ausschlussverfahren gegen Höcke angestrengt werden, muss die AfD auch aushalten, dass sie mehr oder weniger offen gegen die Verfassung agiert.

3. Die anderen Parteien sollten diese Entwicklung endlich anerkennen. Die AfD ist keine „Protestpartei“. Sie ist auch kein „Vorbild“, wie man Stimmen gewinnen sollte. Die AfD ist rechtsradikal, kurz davor, vollständig rechtsextrem zu werden und sie akzeptiert Verfassungsfeinde bis in die Parteispitze hinein.

Wollen wir Verfassungsfeinden wirklich eine Bühne bieten? Müssen wir die AfD nach wie vor auf Podiumsdiskussionen, in Schulen, Talkshows oder anderweitigen Events auftreten lassen? Soll man weiterhin auf die Aggression der AfD mit Passivität und Zögern reagieren?
Rechtsextremen konnte man schon immer nur mit klarer Ablehnung entgegen treten. Und: Man sollte sie so nennen, wie sie sind. In die Opferrolle werden sie sich so oder so begeben, dann kann man die Dinge ja wenigstens noch beim Namen nennen. Auch verfassungsfeindliche Dinge.

Genau das ist nämlich eine wehrhafte Demokratie.

Artikelbild: photocosmos1, shutterstock.com

Mehr zu Narrativen und politischen Chiffres gibt es ab jetzt in dieser Serie:

Politik dechiffriert Teil 1: Was hinter „Mut zur Wahrheit“ wirklich steckt