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Ceuta: Warum die AfD die fiktive Narrative der „schwarzen“ „Invasion“ verbreitet

von | Jul 28, 2018 | Kommentar, Politik

Welchen Zweck verfolgt die AfD mit diesem Framing?

In der letzten Woche gab es eine „Invasion“. So zumindest lauteten viele Kommentare anlässlich der Überwindung des Grenzzaunes zur spanisches Exklave Ceuta. Faktisch liegt Ceuta auf dem afrikanischen Kontinent, gehört aber zur EU bzw. Spanien. Nun stellt sich mir zunächst die Frage, ob wir es hier wirklich mit einer „Invasion Europas“ zu tun haben. Kurz gegoogelt: „Feindliches Einrücken von militärischen Einheiten in fremdes Gebiet.“

Die Menschen nutzten demnach Bolzenschneider, Branntkalk und selbstgebaute Flammenwerfer. Dieses tatsächlich brutale Vorgehen Einiger ist zu verurteilen, das ist ganz klar. Ob wir es aber deswegen mit einer „Invasion“ zu tun haben, bleibt fraglich. Eine Invasion verbinde ich mit einer Übernahme von Macht, mit einer kriegerischen Intention. Das erkenne ich hier nicht, denn einmal den Zaun überwunden, passiert was genau? Vermutlich werden die Männer einfach festgenommen und teilweise einfach wieder zurückgeschickt.



Das Framing „Invasion“ soll ein feindliche Absicht unterstellen und Gewaltbereitschaft steigern

Und faktisch sind sie ja immer noch in Nordafrika. Ich glaube nicht, dass sie, einmal in Ceuta angekommen, irgendwelche kriegerischen Absichten haben. Im Gegenteil, sie fliehen vermutlich teilweise vor kriegerischen Auseinandersetzungen. Das Framing „Invasoren“ hat also nur einen Zweck: Angst schüren. Angst vor dem schwarzen, bösen Mann. Ich nenne das Entmenschlichung, denn hinter jedem dieser Menschen steckt eine Geschichte, die wir nicht kennen.

Uns wird stattdessen eine böse, schwarze, aggressive Welle gezeichnet. Sie unterstellt den Menschen, die vor Hunger, Verfolgung und Krieg fliehen böse Absichten. Sie macht sie zu „anderen“, zu „Feinden“. Und denen muss man nicht helfen, die muss man bekämpfen. Die AfD will die Hilfsbereitschaft unserer Gesellschaft nach und nach zerstören. Stattdessen soll unsere Gewaltbereitschaft gesteigert werden.

Es verfolgt ein Ziel:

Wie ich zuletzt in einer Hass-Tirade gegen mich lesen musste, „kippt endlich die Stimmung in Europa“. Mein Gegenüber genießt „den Rechtsruck“. Und vor allem war er der Auffassung, dass „10-15% genügen, um eine Gesellschaft radikal zu verändern.“ Bei letzteren hat er allerdings Recht. Genau das ist der Plan der Hetzer: Sie streben einen Wandel der Gesellschaft an!

Wenn ich nun die Forderungen hierzulande lese, dass Waffengewalt eingesetzt werden soll, dann wundere ich mich über die Verhältnismäßigkeit. Einige Politiker der AfD fordern aber aus ihrer Sicht folgerichtig genau das für die deutsche Grenze, basierend auf einem Vorfall in Nordafrika. (Quelle)

Die spanische Regierung geht einen anderen Weg. Sie lässt die messerscharfen Klingen an den Zäunen entfernen. Der ganze Vorfall zeigt doch ganz deutlich, dass politische Lösungen gefordert sind oder wollen wir jetzt jeden, der über den Zaun klettert, vom Zaun runterschießen? Dass manche das nicht sofort als absurde Vorstellung abtun werden, zeigt, wie verroht der Diskurs inzwischen ist.

Runterschießen, Seenotretter kriminalisieren, Menschen auf dem Mittelmeer im Stich lassen oder im menschenunwürdige Lager zurückschicken wollen. Das sind die einfachen und falschen Antworten der Populisten. Wenn sie gewinnen, werden wir uns in vielen Jahren Fragen stellen lassen müssen.

Artikelbild: Erik Marquardt, alle Rechte vorbehalten. Danke!