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Warum du die Nazi-Keule benutzen solltest

von | Sep 16, 2018 | Kommentar

Es gibt jetzt halt wieder Nazis.

Lange Zeit war es sicher wahr, dass die „Nazi-Keule“ mehr über denjenigen ausgesagt hat, der den Begriff genutzt hat, als über den Bezeichneten. Oft war diese sprachliche Eskalation auch bei berechtigter Kritik unseriös. Sie war meistens in der Sache falsch, übertrieben und hat einen konstruktiven Dialog zerstört. Aber jetzt eben nicht mehr.

Rechtsradikale gab es immer. Ausländerfeinde, rechtsextreme Parolen, Morde an Menschen mit Migrationshintergrund – Das war immer eine Schande in unserem Land. Doch was jetzt anders ist: Jetzt marschieren diese Leute durch unsere Straßen, zeigen Hitlergrüße, jagen Ausländer. Und das wird nicht mehr allgemein selbstverständlich verurteilt. Es wird geleugnet oder heruntergespielt.



Hitlergrüße zeigen, aber kein Nazi sein wollen?

Vorweg: Niemand mag Leute, die damit antanzen, und darauf bestehen, dass der Begriff „Nazi“ lediglich „Altnazis“ meinen kann. Also Mitglieder der NSDAP aus dem Dritten Reich. Sprache wandelt sich, die definitorische Bedeutung eines Begriffes verändert sich durch Nutzung und mit der Zeit. (Neo-)Nazis sind Anhänger der nationalsozialistischen Ideologie, haben rassistische und fremdenfeindliche Einstellungen. Wer heute „Nazi“ sagt, meint Rechtsextreme.

Vor allem, da es ja nicht einmal eine falsche Beschreibung ist. Rechtsextreme verherrlichen Nationalsozialisten, benutzen Hakenkreuze und Hitlergrüße, wie man auf üblichen Nazi-Konzerten und in Chemnitz und Köthen sehen konnte. Sie verstehen sich buchstäblich als Nazis. Wer den Hitlergruß macht, darf sich nicht beschweren, wenn er korrekt als „Nazi“ identifiziert wird.

Eine PArtei im Bundestag solidarisiert sich mit Rechtsextremen

Ja, aber was ist mit allen denjenigen, die einfach nur die Flüchtlingspolitik kritisieren wollen und nur zufällig hinter den Glatzköpfen hinterherlaufen, die „Nationaler Sozialismus! Jetzt!“ rufen? Das war Sarkasmus. Ich habe ehrlich gesagt keine Lust, Rechtsextreme nach sehr rechtsextrem und nur ein bisschen rechtsextrem zu sortieren. Wer mit Nazis mitmarschiert, ist buchstäblich ein Mitläufer. Wenn du wirklich denkst, ein Mensch mit dunkler Hautfarbe ist ein größeres Problem als derjenige, der den Mensch mit dunkler Hautfarbe jagt, dann bist du ein Nazi.

Man kann Flüchtlingspolitik natürlich kritisieren, ohne Nazi zu sein. Aber wer Menschen mit Migrationshintergrund für krimineller oder gefährlicher hält, WEIL sie Migrationshintergrund haben, denkt wie ein Nazi. Wer rechte Verschwörungstheorien glaubt und verbreitet, wie dass „Grenzen geöffnet“ wurden (Es gab keine Grenzen!) denkt wie ein Nazi. Wessen einzige Lösung für Probleme jeglicher Art Abschiebungen sind, spielt Nazis in die Hände!

Nein, man muss nicht gleich einen Holocaust fordern, um ein Nazi zu sein. Nazis gab’s auch schon 1931. Hinter dem Holocaust und der NS-Diktatur stand eine lange Reihe an sprachlicher und ideologischer Eskalation. Und ich warte nicht damit, das Kind beim Namen zu nennen, wenn es schon zu spät ist. Die AfD spricht und denkt wie Nazis (Hier unsere Liste). Sie marschiert gemeinsam mit Rechtsextremen wie Pegida, der Dritte Weg, die Identitären und ja.. Nazis, wie man in Chemnitz gesehen hat.

Wo seid ihr, gemäßigte AfDler?

Selbst wenn es anständige Menschen in dieser Partei gibt, oder welche die Partei wählen: Wo seid ihr? Wo ist eure Distanzierung von den unzähligen rechtsradikalen Grenzübertritten? Warum wird ein Bernd Höcke nicht aus der Partei geworfen? Wer zu diesem Zeitpunkt diese Partei trotz allem wählt oder Mitglied ist, der macht sich mitschuldig. Wer Nazis hilft, ist auch ein Nazi. Die Nazis im Dritten Reich haben auch nur die Macht ergreifen können, weil es zu viele Menschen aus Opportunismus oder Feigheit zugelassen haben.

Es tut mir leid, dass es bei Rechtsextremismus keine neutrale Position gibt. Aber wer sich nicht aktiv gegen Fremdenhass und Rassismus, gegen die Bedrohung unserer Grundfesten der Demokratie und des Rechtsstaates stellt, der sägt mit. Nazis sind immer in der Minderheit gewesen. Gewonnen haben sie stets durch das Schweigen der Mehrheit. Und ich werde nicht schweigen. Ich werde nichts schön reden.

Nehmen Rechtsextreme Rücksicht? Auf Menschen mit Migrationshintergrund? Behinderte? Auf Homosexuelle oder Transsexuelle? Andersdenkende? Wir können es uns nicht mehr leisten, Rechtsextremen falsche Fairness zu zeigen, wenn sie dabei sind, die öffentliche Meinung mit Lügen, Überspitzungen und Verkürzungen und ihrer Ideologie des Hasses zu übernehmen. Die Nazi-Keule sollte man sich sparen, für Situationen, in denen sie angebracht ist. Aber ich glaube, dieser Zeitpunkt ist gekommen.

Artikelbild: pixabay.com, CC0