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Gewalt gegen Polizisten in Ganderkesee, Magdeburg: Warum du nur von Ellwangen gehört hast

von | Mai 18, 2018 | Aktuelles

Magdeburg: 150 Männer verletzen 28 Polizisten, zünden eine Straße an. Ganderkesee: Großaufgebot der Polizei, verletzte Polizisten und beschädigte Polizeiautos. Nicht davon gehört? Vielleicht weil im Gegensatz zu Ellwangen keine Flüchtlinge beteiligt waren. Die deutsche Presse macht den Wahlkampf der AfD.

Wir erinnern uns an das große Medienecho wegen Ellwangen: Politiker überschlugen sich mit Forderungen: Abschiebungen, weitere Verschärfungen des Asylrechts. Warum? In Ellwangen haben sich Flüchtlinge gegen die Abschiebung eines Mannes aus Togo gewehrt. In den Medien wurde groß von „gewaltsamem Widerstand“ gesprochen, sogar von Waffen! – Doch wie Nachfragen bei der Polizei ergaben, gab es keine Waffen, und auch keine Handgreiflichkeiten – Sondern nur gewaltsame Sprache und Gebärden. Trotzdem entstand das Bild der gewalttätigen, „frechen“ Asylbewerber. Die AfD dankt.

Die deutsche Presse hat aber zwei weitere Fälle allein in den letzten Wochen, wo sich große Männergruppen gewaltsam gegen die Polizei gewehrt haben, nicht im gleichen Maße medial aufgezogen: In Magdeburg wurden im Rahmen des Aufstiegs des. 1. FC Magdeburg 28 Polizisten von vermummten Krawallmachern verletzt, eine Straße wurde angezündet, sie griffen auch die Feuerwehr an. Hast du von dem Fall erfahren? Stell dir mal vor, das wären Asylbewerber gewesen. Politische Debatten zum Fall gab es keine.

Auch in Ganderkesee gab es riesige Krawalle – Am Vatertag war ein Großaufgebot der Polizei nötig, um alkoholisierte und gewalttätige Männer zu stoppen. Rettungskräfte seien daran gehindert worden, Verletzten zu helfen. Ein Polizist wurde verletzt, ein Polizeiauto beschädigt. Kam dieser Fall in die Medien? Forderten hier PolitikerInnen Konsequenzen bei diesem Widerstand gegen die Staatsgewalt? Nein. Warum? Hier waren die Täter ja nur Deutsche. Wenn die Entstehung von rechtsfreien Räumen in der Innenstadt von Magdeburg und gezeigte Hitlergrüße von Deutschen begangen sind, ist das den Medien keinen Leitartikel wert.

Die Medien machen Wahlkampf für die AfD

Die deutsche Presse, die durchaus gerne die AfD kritisiert, macht sich Mitschuld an ihrem Aufstieg. Nicht nur, dass ihre eigentlich Kritik am Rechtspopulismus der AfD geheuchelt wirkt, wenn sie täglich Meldungen im Framing der AfD publiziert und ihr damit implizit Recht gibt, sie verstärkt die Opferrolle der AfD, ohne der öffentlichen Wahrnehmung Gründe dafür zu liefern, warum die AfD denn nicht Recht haben solle.

Das ist keine persönliche Wahrnehmung, Studien haben festgestellt, dass die deutsche Presse konsequent überproportional viel mehr über Straftaten berichtet, wenn sie von Nicht-Deutschen begangen werden und viel weniger, wenn die Opfer Nicht-Deutsche sind. Kein Wunder, dass die Menschen den gewaltigen Rückgang an Straftaten, insbesondere unter Asylbewerbern (wir berichteten) nicht glauben, wenn sie jeden Tag etwas anderes lesen.

Und das trifft nicht nur auf Menschen im Rechtspopulisten-Umfeld auf, deren rechte Lügenpresse jede erfundene oder reale Meldung über Straftaten von Nicht-Deutschen groß hinausposaunt und rechte Straftaten konsequent verschweigt, sondern auf die gesamte Bevölkerung, die Straftaten nur noch im Zusammenhang mit Nicht-Deutschen wahrnimmt. Die AfD möchte, dass wir bei Asylbewerbern an kriminelle denken, an Gefahr, damit sie sich als einzige Retterin präsentieren kann und an die Macht kommt, und die deutsche Presse macht sich zum Helfershelfer.

Der Kreislauf der negativen Berichterstattung muss enden

Immer wieder werden echte oder aufgebauschte Fälle in den Medien diskutiert, während gleichzeitig gleiche oder schlimmere Vorfälle von Deutschen wenig Aufregungspotential aufweisen und größtenteils ignoriert werden. Das muss aufhören! Wie soll man den Menschen glaubhaft die Lügen und Propaganda der AfD erklären, wenn das, was sie in der Zeitung lesen, den Rechtsextremen täglich Recht zu geben scheint?

Ich weiß, warum sie es machen: Zum Teil wegen der Rechtspopulisten-Netzwerke, die solche Meldungen derart verstärken, ist jede Meldung, die das Wort „Flüchtling“ oder „Asyl“ im Titel enthält, weitaus erfolgreicher als jede andere und in einem Zeitalter, in dem Journalismus ein brotloser Job ist, ist jede verkaufte Auflage und jeder Klick überlebenswichtig. Aber die deutsche Presse muss sich endlich ihrer Verantwortung bewusst werden, darüber, wie sie die Wahrnehmung der Menschen beeinflusst.

Und auf lange Sicht sicher sie sich nicht ihr Überleben, wenn sie einer Partei zur Macht verhelfen, die Journalisten aussperrt und Kritiker blockiert. Denn am Ende verlieren wir eben jene freie Presse, die die AfD jetzt noch aufhalten könnte.