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Freiheit vs. Klima? So wird mit Framing Stimmung gegen Klimapolitik gemacht

von | Sep 13, 2019 | Aktuelles, Kolumnen, Medien, Schwer verpetzt, Umwelt/Klima, Videos

Warum nicht beides?

Manchmal braucht es eine BILD-Schlagzeile, um plastisch zu verdeutlichen, was genau hinter dem Framing von rechtskonservativen und liberalen Medien und Politikern steckt, die Stimmung gegen Klimapolitik machen. Bei einer äußerst schrägen Gegenüberstellung von Greta Thunberg und Joshua Wong fragt die BILD „Was ist wichtiger – Klima oder Freiheit?“

Die linksgrüne Twitteria (und ich meine das mit viel Liebe), die diese konservative und liberale Welt von außen betrachten kann, hat diesen Unsinn schon mehrfach zerlegt.

Denn natürlich soll damit suggeriert werden, wer Freiheit möchte, könne, nein dürfe! sich nicht für Klimapolitik einsetzen. Denn den Planeten retten ist irgendwie inhärent autoritär. Und Klimadiktatur yadda yadda Klimahysterie yadda yadda „Ist es überhaupt so schlimm mit dem Klimawandel?“ bis hin zu dem Blödsinn, dass es die Klimakrise gar nicht gibt und das alles nur eine grüne Verschwörung ist, um von Migration abzulenken. True story.

Aber lassen wir die Spinner der AfD und der Klimawandelleugner einmal bei Seite liegen. Wer aus einem abgebrochenen Gerichtsprozess über eine Beleidigung mit völlig irrer Logik und vielen Lügen einen (verlorenen) Prozess um den Beweis der Existenz des Klimawandels basteln kann, den kann und sollte man nicht ernst nehmen.

Fake News! Der Klimawandel ist vor Gericht in Kanada NICHT widerlegt worden



Nein, subtiler: Freiheits-Framing

FDP, FAZ und Co geben sich weniger mit den rechten Schmuddelkindern ab, die den Klimawandel leugnen und schamlos ihre eigene Mutter belügen würden, wenn man damit Stimmung gegen Flüchtlinge machen könnte. Nein, dort wird subtil, weil nur im Kontext, suggeriert, Freiheit und Klimapolitik schließen sich gegenseitig aus. Das ist nichts Neues, aber die BILD hat es so schön dargestellt.

Das sieht man allein schon daran, dass viele, besonders rechtslehnende Medien manchmal gar nicht anders können, als Vorschläge grüner Politiker*innen als „Verbot“ zu bezeichnen und völlig zu übertreiben, selbst wenn diese gar nichts damit zu tun haben. So jüngst mit dem „Luftballonverbot“, das gar keines ist. Der Vorschlag war lediglich, dass auf städtischen Veranstaltungen auf Heliumsballons verzichtet werden sollte.

Wieder falsches Verbot-Framing: Kein „Luftballonverbot“ von Grünen gefordert

Denn Verbote sind natürlich das Gegenteil von Freiheit. Wer etwas verbietet, schränkt die Freiheit ein. Das macht auch gerne die FDP und Christian Lindner. Also, das so framen. Die positionieren sich auch gegen das vage Bild der grünen Verbote – und für die Freiheit. Da wirft Lindner Habeck auch schon mal ein Schnitzelverbot vor, das dieser niemals gefordert hat.

https://www.volksverpetzer.de/schwer-verpetzt/kein-fleischverbot/

Bauchgefühlfreiheit vs. Klimarettung

Wie so oft in der populistischen Politik liegt dahinter nicht wirklich formulierte Politik, sondern ein Bauchgefühl. Ein Framing, das Freiheit der Klimapolitik gegenüberstellt. So formuliert es mein persönlicher Nemesis von Altenbockum bei der FAZ besonders absurd, aber dafür umso mehr auf den Punkt gebracht: „Lieber zwei Grad höhere Temperatur als zwei Grad weniger Freiheit“ .

Das darf doch nicht wahr sein! Der dümmste Satz zur Klimakrise bisher

Doch wie eingangs erwähnt: Warum muss sich das ausschließen? Klar, wenn wir kollektiv nicht so weitermachen können wie bisher, ohne das Klima in den Dreck zu fahren, müssen wir unser Verhalten ändern. Aber wir müssen nicht unsere Freiheit aufgeben. Zumindest sollten wir von einem Verständnis von Freiheit ablassen, das anderen und uns schadet. Niemand beklagt den Verlust der Freiheit, einen Mord zu begehen.

Verbote, Freiheit vs. Klimarettung, wozu diese ganze, sinnlose Gegenüberstellung? Wir müssen unser Konsumverhalten drastisch ändern, das wissen wir alle. Schon seit Jahrzehnten. Nicht weil grüne Politiker gerne Dinge verbieten, sondern weil die Alternative noch mehr Verluste von Freiheit bedeuten. Hungersnöte, Dürren, Klimakatastrophen, Millionen Klimaflüchtlinge. Aber halt erst in zehn bis zwanzig Jahren. Obwohl es jetzt schon anfängt.

Der liberalste Ansatz: CO-Bepreisung

Und wer keine Fahrverbote oder andere Dinge will, der muss eben Alternativen fördern. Wir können nicht auf die magischen Innovation warten, wir müssen aufhören, klimaschädliche Dinge zu subventionieren wie Kerosin Fleisch. Nicht verbieten, aber die Wettbewerbsvorteile streichen. Das ist doch extrem liberal. Und umgekehrt mehr Radwege bauen, den Bahnverkehr ausbauen, geilere Schnitzel auf Erbsenproteinbasis anbieten. Wäre für viele Menschen ein kostenloser ÖPNV nicht unglaublich freiheitlich? Wenn es Alternativen gibt, wird ein Wechsel von selbst entstehen. Und ohne Verbote.

Deshalb brauchen wir auch einen CO2-Preis. Dringend. Wer bereits einen CO2-Preis als illiberal ablehnt, der soll nie wieder etwas von den Vorteilen eines Marktes erzählen. Und egal, ob es Emissionshandel ist oder eine Steuer: Es ist das beste Werkzeug, um den Markt liberal über Anreize dazu zu bringen, weniger Emissionen zu erzeugen. Klar, mit Handel kann man die Menge festlegen, aber wie man es an der EU gesehen hat, ist diese Menge aufgrund von Lobbyeinflüssen eher zu groß.

Die Steuer hat den Nachteil, dass man raten muss, welches der beste Preis ist, aber dafür geht er schnell und wirkt sofort. Wer mehr darüber wissen will, kann hier nachlesen. Aber ganz wichtig: Wenn die Grünen den Bahnverkehr ausbauen wollen, dann wollen sie eben keine Flüge verbieten. Wenn wir CO2 Bepreisen, dann müssen wir keine Verbrennungsmotoren (ab 2035) verbieten.

Wer Freiheiten möchte, soll dann eben liberale Klimapolitik betreiben. Aber nicht rumjammern und nichts tun. Und jeden sinnvollen Ansatz boykottieren. Alles andere ist nur der Versuch, über Framing sinnvolle und notwendige Klimamaßnahmen zu verzögern. Und genau dagegen geht FridaysForFuture auf die Straße übrigens.

Artikelbild: Screenshot twitter.com