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4 Gründe, warum Greta Thunberg deinen Hass verdient hat!

von | Aug 16, 2019 | Aktuelles, Kolumnen, Schwer verpetzt, Umwelt/Klima

Gründe 1-4: Weil du ein vollidiot bist!

Halt, halt, warte! Klick noch nicht weg. Sorry, das war gemein, ich weiß. Ich werde netter sein, versprochen. Ich möchte jetzt auch mal einen Artikel darüber schreiben, was mir passiert ist und daraus eine politische Schlussfolgerung schließen. Und nein, mir ist keine Wassermelone heruntergefallen. Ich habe natürlich eine Stofftüte, mit der ich sie transportieren kann. Also, vor einer Weile sah ich einen Facebook-Freund, der hämisch den Artikel der taz teilte, dass die Atlantik-Reise von Greta Thunberg klimaschädlicher ist, als wenn sie einfach geflogen wäre. Er bezeichnete sie als „weltfremde Göre“, die unserer Umwelt „gehörig in die Eier treten“ würde.

Und dann hat er sich über die „Greta-Jünger“ beklagt, die seine Kritik ganz unverschämt als „Hass“ bezeichnet hätten. Die „Greta-Sekten-Community“ sei so blind und würde ihren „Messias“ verteidigen, er hingegen habe nur diesen Tonfall gewählt, um auf die Heuchelei von Greta aufmerksam zu machen. Die bösen Greta-Fans würden ihn schließlich so oder so beschimpfen. Und ich saß völlig bedeppert davor. Das war eigentlich ein rationaler Mann, der sich sonst für gute Dinge einsetzt. Aber wenn es um die 16-Jährige Schwedin geht, mutiert er zum rechten Troll. Was ist da los?

Und Leute, ganz ehrlich: Mir ist Greta Thunberg eigentlich völlig egal. Vielleicht denken manche, ich sei auch ein „Greta-Jünger“, weil ich die unzähligen Fake News (Hier, hier und hier) aufkläre und den Hass und Hetze gegen sie verurteile (Hier und Hier). Aber abgesehen davon, dass sie Millionen junge Menschen dazu inspiriert hat, für ihre Zukunft auf die Straße zu gehen und den medialen Fokus weg von rassistischen AfD-Themen verschoben hat, finde ich die Obsession der Medien auch übertrieben. 



Am medienkult sind aber greta-kritiker selbst schuld

Aber passt auf, dass die Medien uns mit Greta Thunberg zudröhnen, ist nicht die Schuld der „Greta-Jünger“ (oder irgendwelche PR-Unternehmen, die mit ihrem Namen Geld verdienen wollen), sondern auch weil sich die – was sind sie dann? Greta-Heiden? – Greta-„Kritiker“ jedes Mal so schön über sie aufregen. Vielleicht erinnern sich manche, aber der Grund, warum die Medien überproportional (und quasi schon ausschließlich) über Kriminalität von Nicht-Deutschen (oder einen Erfolg der AfD im Osten, den es gar nicht gibt) berichten, ist, weil die rechte Troll-Blase jeden dieser Artikel mit ganz vielen Likes, Kommentaren und Teilungen belohnt. Es ist halt Hass, aber Klick ist Klick.

Die Medien berichten in einer Welt, in der nur Klicks, Werbeeinnahmen und Interaktionen zählen, natürlich über die Themen, die genau das liefern. Und die bloße Existenz der jungen Schwedin bringt anscheinend genau das. Es ist keine geheime, „grüne Verschwörung“, gegen die ihr in euren Hass-Kommentaren anjammert, sondern euer Jammern ist eben ein großer Grund dafür. Wenn ihr keine Greta mehr sehen wollt, dann hört auf, euch so viel mit ihr zu beschäftigen. Und ich finde die 24/7-Berichterstattung über Greta Thunberg auch nicht zielführend. Nicht nur, weil die ganzen Journalisten, die ihre Abfahrt begleitet und gefilmt haben auch viel CO2 damit produziert haben.

Es geht darum, unseren Planeten zu retten. Lasst uns gern über den Sinn und Unsinn von CO2-Steuern diskutieren, oder ein Klimaschutzgesetz, das das Pariser Klimaschutzabkommen verankert. Aber doch nicht, worin Greta heute morgen ihr Frühstück eingepackt hat oder wie sie ihren Toilettengang auf See betreibt (Wird wirklich diskutiert). Ich finde ihre Segelreise auch völlig unpraktisch, allein schon, weil es kein Modell ist, das überhaupt jemand kopieren kann. Aber dann wiederum hätten auch alle Gift und Galle gespuckt, wenn sie mit dem Flugzeug geflogen wäre, oder? Das hat doch alles nichts mit rationalen Argumenten zu tun. Sie kann mit diesen Maßstäben nichts richtig machen.

Warum wird Greta so gehasst?

Und mein lieber Facebook-Freund hätte ihre „Heuchelei“ dann sicher auch angeprangert und sich dann verwundert, warum Leute seine Kritik nicht ernst nehmen können. Versteht mich nicht falsch, auch „Greta-Jünger“ können scheiße sein und unsachlich beleidigen. Die will ich auch gar nicht verteidigen, die sind kein Stückchen besser. Aber wenn man völlig blind und vulgär auf eine 16-Jährige losgeht, muss man sich nicht wundern, wenn es genau so aus dem Wald zurückhallt.

Und dann stellt sich mir die Frage: Was konkret hat sie eigentlich getan? Ich meine, klar, wir können von früh bis Abend darüber sinnieren, dass auch Klimaschützer irgendwo immer ganz „heuchlerisch“ mal Plastik nutzen oder CO2 erzeugen. Meine Güte, mach ich auch. Es ist nun mal das, was von FridaysForFuture kritisiert wird. Dass wir in einer Welt leben, in der man nicht nicht klimaschädlich leben kann. Das wollen sie ja ändern.

Und man kann ja gerne kritisieren, dass man nicht alle Kohlekraftwerke sofort abschalten könne, oder das Pro und Kontra einer CO2-Steuer. Aber muss man Greta Thunberg dafür gleich hassen, weil sie diese Forderungen vorbringt? Muss man sie beleidigen, weil sie ein Segelschiff nutzt? Muss man gleich seine Gewaltfantasien vorbringen und ihr den Tod wünschen, weil sie eine junge Aktivistin ist? Letzteres kommt natürlich eher von den Neonazis und Hetzern. Aber sie hat niemandem etwas getan! Was zur Hölle? Kritisiert ihre politischen Vorschläge all day long, ich diskutiere mit. Aber das hier ist nur ein Hass-Battle gegen ein kleines Mädchen.

Wovor habt ihr Angst?

Ist es psychologisch? Weil Greta Thunberg ein Symbol geworden ist? Ein Symbol für eine sich verändernde Welt? Warum haben nicht nur Rechte, aber eigentlich auch vernünftige Menschen so viel Angst vor ihr, dass sie jeglichen Anstand verlieren und Kinder im Netz beleidigen müssen? Um Storch Heinar zu zitieren: „Bei FridaysForFuture geht die Zukunft auf die Straße. Bei Pegida nur die Vergangenheit.“ Ist es das?

Es ist natürlich Quatsch, hier pauschal jemanden zu psychologisieren, aber ich kann es mir sonst nicht erklären. Ich finde den Hype auch nicht zielführend, weil ich lieber über konkrete Maßnahmen diskutieren würde als über Persönlichkeiten. Aber ich habe nicht das Bedürfnis, bei jeder Erwähnung ihres Namens Hass in die Kommentarspalten zu brechen. Ist es so wie sonst auch eine Mischung aus gegenseitiger Anstachelung und Entfesselung in den Filterblasen, gefüttert mit Fake News?

Es gibt keinen einzigen Grund, die junge Schwedin zu hassen. Also sie zu beleidigen und so aggressiv zu sein. Das macht keinen Sinn, sie hat doch nichts gemacht. Man kann gerne nicht ihrer Meinung sein. Man kann ihre Taten und Aussagen kritisieren. Tut es, so lange ihr wollt. Aber dieser Hass ist dumm, bescheuert und sinnlos. Das werde ich nicht ernst nehmen. Und ich habe keine Lust, ständig darüber zu diskutieren, ob es ok ist, sie beleidigen. Seid ihr bescheuert? Können wir lieber darüber diskutieren, wie wir unseren Planeten retten können? Das ist nämlich das, was Greta ursprünglich wollte und noch immer will.

Artikelbild: Per Grunditz, shutterstock.com