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Fake! Kahrs (SPD) fordert kein Berufsverbot für AfD-Anhänger, bekommt dafür Morddrohungen

von | Jul 10, 2019 | Aktuelles, Kommentar, Social Media

rechte fake news führen zu morddrohungen

Es ist wieder einmal so eine Schlagzeile, wo du dir als rational denkender Mensch automatisch denken musst: Na, daran wird doch sicher wieder einmal etwas nicht stimmen. Und dann hättest du Recht. Eine rechte Desinformationsseite verbreitete gestern die Meldung, der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs hätte ein „Berufsverbot für AfD-Anhänger“ gefordert. Diese Meldung verbreitete sich natürlich entsprechend in diversen AfD-Gruppen:

Screenshot: DieInsider, Bild: Volksverpetzer

Auslöser der Fake-Schlagzeile war dieser Tweet von Johannes Kahrs vom 7. Juli:

https://twitter.com/kahrs/status/1147764782864523264

Aber auch der FAZ-Journalist Plickert liest den Tweet absichtlich falsch:



Das ist keine Forderung für ein berufsverbot für AfD-Mitglieder!

Es ist erstaunlich, wie manche Menschen Dinge in Worte hineinlesen, die dort überhaupt nicht stehen. Wie Kahrs auch in späteren Tweets noch einmal verdeutlichte, fordert er ein Parteiverbot der AfD aufgrund ihrer rechtsextremen und damit verfassungsfeindlichen Tendenzen. Insbesondere bei einer Übernahme durch den faschistischen Flügel sei ein Verbot angebracht, meint Kahrs:

https://twitter.com/kahrs/status/1147766390214053889

Aus einem Verbot würde zwangsläufig folgern, dass Mitglieder einer verbotenen Partei selbstverständlich keinen Beamtenstatus haben dürften. Wenn es tatsächlich zu einem Verbot der Partei kommen würde, wäre das auch völlig angebracht und im Einklang mit dem Gesetz. Im besten Fall ist dieser Satz richtig: Kahrs fordert für AfD-Mitglieder die Entlassung aus dem Beamtenstatus, im Falle eines Verbots der AfD. Weder fordert er ein „Berufsverbot“, noch für „AfD-Anhänger“, noch außerhalb eines erfolgreichen Verbotsverfahrens.

Es ist viel geistige Akrobatik und vielleicht sogar mutwillige Verzerrung notwendig, um diese Unterstellung aus seinen Tweets hineinzulesen. Allerdings muss man auch sagen, dass Kahrs ein wenig dafür eine Vorlage liefert, wenn er derart ungeschickt seine durchaus berechtigte scharfe Kritik an der AfD übt. Besonders der Fokus auf Äußerlichkeiten wie „häßlicher rechtsextremist“ oder sein bekanntes „Hass macht hässlich, schauen Sie nur in den Spiegel!“-Zitat verlassen den Boden der gerechtfertigten Kritik.

Er hat durchaus Recht, dass es faschistische Gefahren in der AfD bestehen, die über Einzelfälle hinaus gehen und die mit allen rechtlichen Mitteln bekämpft werden müssen – und dazu gehört auch im Äußersten die Überprüfung eines Parteiverbots – die aggressive und manchmal unsachliche Art sind rhetorisch jedoch kontraproduktiv. Emotionalität ist nicht das Problem, solange die Argumentation inhaltlich bleibt. Kahrs hält sich manchmal nicht an diesen Grundsatz und macht sich unnötig angreifbar. Dennoch hat er weder dafür, noch für das in-den-Mund-legen von Aussagen derartige hasserfüllte Reaktionen und sogar Morddrohungen aus den AfD-Gruppen verdient:

Morddrohungen von AfD-Anhängern

Diese rechte Fake News verbreiteten sich in den Facebook-Gruppen, die die Recherchegruppe #DieInsider überwacht. Dort reagierten die NutzerInnen erwartungsgemäß, ohne den Wahrheitsgehalt der Meldung zu überprüfen. Neben diversen Beleidigungen, Fäkalsprache, homophoben Äußerungen und Hass jeder Coleur wurde besonders oft ein Nazi-Vergleich herangezogen:

Sobald ein politischer Gegner vermeintlich eine Äußerung fällt, die mit Nazi-Methoden vergleichbar ist, sind diese Leute anscheinend durchaus bereit, die „Nazi-Keule“ zu schwingen, aber wehe jemand würde ähnliche oder schlimmere Aussagen von AfD-Politikern derart benennen. Und wo wir bei schlimmeren Aussagen sind: Auch finden sich dort solche Kommentare.

Unabhängig davon, ob die Aussage wirklich so getroffen worden wäre und nicht ein absichtlich falsch interpretierter und aus dem Kontext gerissener Tweet Anlass für Fake News gewesen ist, sind solche Reaktionen absolut undemokratisch, kriminell und widerlich. Man muss dabei bedenken, dass das kein berechtigter Ärger ist, sondern in den AfD-Gruppen buchstäblich an der Tagesordnung. Diese Menschen formulieren für quasi jede öffentliche Äußerung eines ihrer politischen Feindbilder Morddrohungen und Hass, erst kürzlich über Anton Hofreiter.

Nach Lübcke: AfD-Fans hoffen, dass Morddrohungen gegen Hofreiter wahr werden

Nach ständigen Meldungen über rechtsextremen Terrornetzwerken und nicht zuletzte der Ermordung Walter Lübckes, der genau so etwas voranging und auch mit Jubel in den Gruppen versehen wurde, muss man sich allerdings schon fragen, ob solche Menschen mit so einem Weltbild wirklich einen Platz in der demokratischen Öffentlichkeit haben sollten.

Artikelbild: Mark Nazh, shutterstock.com / Screenshots: DieInsider, Zusammenstellung: Volksverpetzer