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Fakes entdeckt: #fridaysforfuture Bewegung mit False-Flag-Accounts unterwandert?

von | Mrz 6, 2019 | Aktuelles, Analyse, Social Media

False-Flag-Accounts entdeckt

Twitter-Nutzern sind eine Reihe verdächtiger Accounts aufgefallen, die sich als UnterstützerInnen der #fridaysforfuture Bewegung oder als Schutzsuchende ausgeben. Doch viele Hinweise sprechen dafür, dass es sich dabei um Fake-Accounts von Rechten handeln, die entweder ihre politischen Gegner ungestört beobachten, oder die Bewegung durch False-Flag-Aktionen diskreditieren wollen.

Es ist nichts Neues, dass die rechtsextreme Minderheit über Fake-Accounts, Bots und Trolle in Social Media versucht, eine Scheinmehrheit zu simulieren und die inzwischen größtenteils online geführten politischen Diskussionen so an sich zu reißen. Ein Beispiel war die „Reconquista Germanica“. Die selbsternannte „elektronische Armee“ schloss sich im Sommer 2017 zusammen, um den Ausgang der Bundestagswahl zur Gunsten der AfD zu beeinflussen.

Die radikalen Internet-Aktivisten vereinbarten in geschlossenen Foren Uhrzeiten, Hashtags und Zielscheiben für ihre Hasskampagnen, um die Algorithmen der sozialen Medien zu manipulieren und den politischen Online-Diskurs zu diktieren. (Mehr dazu bei Mimikama) Das passiert heute auch noch. So waren nach einer Analyse bis zu 50% aller Hass-Kommentare gegen Greta Thunberg von Fake-Accounts erstellt worden:

Greta Thunberg: Bis zu 50% der Hass-Kommentare stammen von Fake Accounts



Woran erkennt man die Fake-Accounts?

Hier sind einige Beispiele, gefunden von Peter Nagel (Hier). Man sieht hier: Die Accounts sind alle zum etwa gleichen Zeitpunkt, erst vor wenigen Tagen erstellt worden. Sie haben nicht nur fast identische Hashtags als Profil-Beschreibung, sondern auch das exakt gleiche Hintergrundbild. Niemand, der wirklich gegen die Klimakrise kämpft, will eine „Ökodiktatur“, wie man hier im Profil lesen kann. Das ist eindeutig rechte Sprache und entlarvt die Accounts als False-Flag-Profile.

Screenshots @DrPeterNagel

Auch, dass die Profile die gleichen oder sehr ähnlichen Inhalte kurz aufeinander posteten, war höchst verdächtig. Ziel war es, möglichst viel Reichweite zu bekommen, um vom „Gegner“ gesehen zu werden, in der Hoffnung, Follower und Retweets zu bekommen.

Screenshots @DrPeterNagel

Auffällig auch: Nach Hinweisen und Nachfragen durch Herrn Nagel wurde er von den Accounts geblockt. Und mit auffällig rechter Sprache beleidigt. Ein echter Account würde bei einem Missverständnis nicht so aggressiv reagieren. Inzwischen wurden die meisten der Accounts durch Twitter eingeschränkt, da erkannt wurde, dass es sich um Fakes gehandelt hat.

Screenshots @DrPeterNagel

Hier in diesem Clip hat der Ersteller sogar offen zugegeben, dass es sich um Fake-Accounts handelt. Er bezeichnet sie allerdings als „Kunstfigur“. Mehr dazu später.

Fake-Flüchtlinge

Auch andere Accounts sind entdeckt worden, die sich entweder als Schülerin oder Schutzsuchende ausgeben. Alle diese Accounts wurden erst vor wenigen Tagen oder Wochen erstellt.

Screenshot twitter.com

Man versucht zuerst geschickt, über vermeintlich „Linke“ Vorurteile das Vertrauen zu gewinnen, wie bei diesem Account eines angeblichen Flüchtlings. Doch der beste Hinweis ist das „Columnist at #ZGI“. Die Seite „ZGI – Zentrum Gegen Intoleranz“ ist ebenfalls eine False-Flag-Seite von Rechten.

Screenshot facebook.com

Die Seite ist voll mit vermeintlich echten „linken“ Zitaten oder Aussagen. Man postet diverse Nachrichtenartikel zu Geflüchteten und stellt sie bewusst missverstanden dar. „Das Ganze folgt immer dem gleichen, stupiden Muster; jedes Vorurteil über die linksgrünversifften Gutmenschen wird vermeintlich bestätigt, der Strohmann wird von Post zu Post größer und absurder.“ (Quelle) Ganz unten in der „About“-Sektion steht:

„Es handelt sich um eine Satire-Seite. Wir karikieren lediglich die Meinungen links-grüner Aktivisten und Politiker. Auch wir sind entschieden gegen Rassismus – jedoch sollte man nicht automatisch jede kritische Meinung als Rassismus bezeichnen.“

Vergessen wir einmal, dass das keine Satire ist, weil Satire so überhaupt nicht funktioniert. Ich habe erst vorhin etwas zum Thema geschrieben, das kann man hier nachlesen. Aber fest steht: Es ist eine von Rechten unterhaltene Seite, die Accounts werden auch von Rechten betrieben. In den Kommentaren tummeln sich Rechte, um sich über die angebliche Dummheit der „Linken“ zu amüsieren. Ziel ist es ja auch, Karikaturen ihrer politischen Gegner zu zeichnen. Kein Wunder also, dass „die Linken“ so „realitätsfern“ sind.

Warum False-Flag-Accounts?

Das hat mehrere Gründe. Wenn ein vermeintlich „grüner“ Account eine „Ökodiktatur“ fordert, können sich Rechte, wenn sie Screenshots davon anfertigen, in ihrer Meinung bestätigt sehen. So wird eine vermeintliche „Satire“, eine Karikatur des politischen Gegners für sie zur Realität. Genau deshalb sind rechte Fake-Zitate von Grünen-PolitikerInnen auch kein Scherz, sondern man glaubt sie genau so. Im Endeffekt beschwert man sich über etwas, das gar nicht existiert.

Fake-Artikel über Claudia Roth: Warum rechte Fakes keine Satire sein können

Ziel ist selbstverständlich, die eigene Fanbase durch Empörung fester an die eigene Ideologie zu schweißen. Und diese durch unmögliche Aussagen der vermeintlichen „Gegner“ mobilisiert und engagiert zu halten, damit diese auf jeden Fall die Ideologie verstärken und fleißig wählen gehen. Kompromisse und gegenseitiges Verständnis werden hier als nicht zielfördernd angesehen. So kommt es zur immer weiteren Extremisierung.

Auch sollen False-Flag-Kommentare und -Aktionen den politischen Gegner öffentlich diskreditieren, eine auch im echten Leben verwendete Strategie. So wurden vermeintliche „linke“ Bekennerschreiben zu Magnitz oder auch zu einem Anschlag auf eine Moschee 2017 auf Indymedia veröffentlicht – In beiden Fällen war es nach Expertenmeinung eine False-Flag-Aktion. Im Falle des Anschlags auf die Moschee war der Täter am Ende auch ein Pegida-Anhänger. (Quelle).

Spionage

Ein weiterer Zweck der Fake-Accounts ist es, die politischen Gegner zu beobachten. In Zeiten, in denen Blocklisten umhergehen, werden Rechte von dem abgeschnitten, was „Linke“ und „Grüne“ so schreiben. Das hindert sie einmal daran, sie durch Trollen und Beleidigen einzuschüchtern und ihnen Zeit und Nerven zu stehlen. Aber auch darin, effektiv ihre Online-Kampagnen an aktuelle Themen anzupassen.

Ein stiller Follower, der auf den ersten Blick die „richtigen“ Inhalte zeigt, wird von vielen leicht übersehen. Im Gegensatz zu einem offensichtlichen Hetzer-Profil mit Deutschland-Flagge, Flüchtlingshetze und Dutzenden Beleidigungen. Es ist Vorsicht bei solchen Accounts geboten. Man braucht ein wachsames Auge, um vermeintliche „Satire“ oder Spione zu entdecken, die „linke“ oder grüne Bewegungen mit False-Flag-Aktionen diskreditieren wollen, anstatt sich mit den Argumenten oder Fakten auseinander zu setzen.

Artikelbild: Screenshots twitter.com, danke an Peter Nagel!