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Kadyrov, „100 % Glücklich“ über Kyiv-Bombardierung, teilt auch AfD-Reden übrigens

von | Okt 14, 2022 | Aktuelles

Der Montagmorgen begann für die Menschen in der ukrainischen Hauptstadt mit Bombenalarm. Wieder einmal stand das Leben still oder fand in den U-Bahn-Stationen statt. Auch andere Städte sind von den jüngsten Angriffen auf die Zivilgesellschaft betroffen. Mittlerweile ist die Rede von 18 Toten und über 80 Verletzten. Aber nicht alle sind von dieser Nachricht geschockt und trauern um die Toten. Ramzan Kadyrov, , “Oberhaupt” der russischen Teilrepublik Tschetschenien und Verbündeter Putins feiert den Angriff in seinem Telegram-Kanal. Dort verkündete er am Montag: „jetzt bin ich 100 % glücklich über die Spezialoperation“.

brutaler Despot, Putin-Verbündeter… und Fan der AfD

Kadyrov ist für zahlreiche Morde, Folterungen, Verfolgungen und das Verschwindenlassen von Journalist:innen, Menschenrechtsaktivist:innen und queeren Menschen, insbesondere schwulen Männern, in Tschetschenien verantwortlich. Laut Human Rights Watch sind die Verbrechen, die ihm vorgeworfen werden, so systematisch und brutal, dass sie Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen könnten (Quelle). Der Kommandeur seiner Truppen in der Ukraine, Apti Alaudinov, sprach davon, dass Putin in der Ukraine einen Heiligen Krieg gegen den Westen und seine satanistischen Werte, allen voran die LGBT-Flagge, kämpfe (darüber haben wir hier ausführlicher berichtet).

Aber Kadyrov feiert nicht nur die Toten in Kyiv. Sein Telegram-Kanal ist eine zentrale Propagandaschleuder. Unter den von ihm geteilten und positiv kommentierten Inhalten finden sich unter anderem auch Videos von Reden von AfD-Abgeordneten im Bundestag. So etwa eine Rede von Petr Bystrow, gehalten Anfang März, in der er der deutschen Regierung eine Mitverantwortung für den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine gibt.

Oder die Rede von Alice Weidel von Ende Februar, in der sie die “Kränkung Russlands” als “historisches Versagen des Westens” bezeichnet. (Wer kennt es nicht, aus Kränkung mal eben einen Krieg anzetteln.. )

Liebe AfD, schon klar, man kann sich seine Verehrer manchmal nicht aussuchen. Aber meint ihr nicht, Applaus von jemanden, dem Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden, könnte ein guter Anlass sein, die eigenen Positionen zu überdenken…? Kadyrov bezeichnet sich übrigens als Muslim, der die Scharia über Russlands Gesetzen hält und die „Feinde des Islam“ beseitigen möchte (Quelle). Sehr spannend, dass man von der extrem rassistische und muslimfeindliche AfD da irgendwie ihre typische Reaktion vermisst, die sie sonst auf friedliche und unschuldige Muslime in Deutschland loslässt. Und sieht Kadyrov nicht die AfD als „Feind des Islam“…?

A propos Weidel…

Die Bewunderung von Pro-Putin Kräften gegenüber der AfD bleibt übrigens nicht unerwidert. Weidel etwa hat Ende September die Chance ergriffen, eine Liebesbotschaft direkt an Putin zu senden. Von Maischberger in der Talkshow gefragt, ob Putin vor das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gehöre, erwidert sie: “Da müssten noch ganz andere davor”. Maischberger hakt nach: “Gehört er davor oder nicht?” Aber Weidel eiert weiter rum: “Das wird die Geschichte sehen, das kann man heute noch nicht sagen. Es ist ein völkerrechtswidriger Angriff, ohne Frage, aber wir wollen mal abwarten, wie diese Auseinandersetzung ausgeht”. (Nur so ein Gedanke, Alice: Wäre es nicht gut, Menschen, die für einen völkerrechtswidrigen Angriff verantwortliche sind, vor ein Kriegsverbrechertribunal zu stellen, unabhängig davon, wie die „Auseinandersetzung“ ausgeht?).

Ob Weidel Frau Strack-Zimmerman bei der Aussage zustimmen würde, dass Putin ein Diktator und ein Massenmörder sei? Wie aus der Pistole geschossen: “Nein” (Quelle).

Weidel hat es übrigens anscheinend bisher nicht für nötig gehalten, den jüngsten Angriff auf die ukrainische Hauptstadt zu verurteilen.

HONEYMOON IM DONBASS?

In der AfD ist sie mit ihrer ganz besonderen Nachsicht gegenüber Putin nicht allein. Die Begeisterung mancher AfD-Mitglieder geht so weit, dass sie sich zu einer Reise in die von Russland besetzten Teile der Ukraine aufgemacht hatten. Zwar wurden sie vom Vorstand zurückgepfiffen. Man haben nichts von den Plänen gewusst, hieß es vom Fraktionsvorsitzenden Tino Chrupalla (Quelle).

Diese Behauptung kann allerdings zumindest stark bezweifelt werden. Nur wenige Tage vor der Abreise in Richtung Donbass waren die Abgeordneten in Schnellroda bei einer der Schlüsselfiguren der Neuen Rechten, Götz Kubitschek, zusammengekommen und hatten dort unter anderem auch den Faschisten und Flügelchef Björn Höcke getroffen (unsere Recherche dazu hier). Dass die Reise dabei nicht zur Sprache gekommen sein soll, ist extrem unwahrscheinlich. Entweder, die Spitze wusste also doch von der geplanten Reise, oder aber Höcke macht einfach mittlerweile komplett sein eigenes Ding.

Allein die Tatsache, dass die Abgeordneten die Reise so antreten konnten, lässt vermuten, dass es enge Verbindungen direkt in den Kreml geben könnte. Claudia Major, Expertin für Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, erklärte gegenüber dem ZDF: 

„Es ist kaum vorstellbar, dass die AfD-Politiker ohne Unterstützung des Kremls in die russisch besetzten Gebiete im Donbass einreisen können. Das politische Signal dieser Reise ist verheerend und genauso aus Moskau gewollt; der Westen sei gespalten und stehe nicht zusammen.“  und weiter:  „Das Kalkül aus Moskau dürfte sein, den AfD-Politikern gezielt Desinformationen in den besetzten Gebieten zu unterbreiten und vorzuführen, um diese in die deutsche Öffentlichkeit zu tragen“.  (Quelle)

Gemeinsamer Hass verbindet

Zwischen AfD und Putins Russland wird also geflirtet, was das Zeug hält. Und das ist auch kein Wunder, schließlich gibt es jede Menge Gemeinsamkeiten. Da wäre zum Beispiel das geteilte Interesse daran, dass die Sanktionen gegen Russland aufgehoben und normale Handelsbeziehungen wiederaufgenommen werden, und Deutschland so weiterhin abhängig von russischem Erdgas bleibt (Quelle).  Eine Forderung, die nur echte „Patrioten“ stellen können: Das eigenes Land von einem ausländischen Diktatur abhängig machen, ja klar! (Ironie off)

Oder dass sich die soziale Lage in Deutschland verschlechtert und es zu einer Destabilisierung kommt. Denn, wie wir aus dem Mund des AfDlers Harald Weyel unlängst gehört haben, hofft man ja bei der AfD, dass der Winter für Deutschland möglichst “dramatisch” werde (hier haben wir darüber berichtet).

Die Alternative für Russland

Und schließlich wäre da noch der Hass auf freie und selbstbestimmte Sexualität und Genderidentität, der sowohl bei der AfD als auch bei Putins Fans in Russland regelmäßig die Köpfe zum Explodieren bring. In Tschetschenien unter Ramzan Kadyrov, der ja gerne AfD Videos teilt, kommt es regelmäßig zu brutalen Verfolgungen und Ermordungen von schwulen Männern (Quelle). Im russischen Staatsfernsehen wird regelmäßig gegen die LGBT+ Community gehetzt und behauptet, sie sei gefährlicher als Terroristen:

Das selbe Framing übernahm Höcke bei seiner Rede am 3.10. in Gera. In der Rede, die voller Russland-Lobhudellei ist, faselt er unter anderem vom „Regenbogen-Imperium“, gegen dass es sich zu verteidigen gelte. Die AfD ist laut Lesben- und Schwulenverband eine „zutiefst homophobe Partei“ (Quelle). Eine Analyse zur Rede von Höcke findet ihr bei Belltower.

Artikelbild: -/AP/dpa