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Steilvorlage für Kritiker: Warum die ARD-Framing-Anleitung nach hinten los ging

von | Feb 20, 2019 | Aktuelles

ARD in der Framing Falle

Ich mag unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Ich finde Ihn glaubwürdig und menschlich. In seinen Glanzstunden und in seinem Versagen. Brav gucke ich täglich die Tagesschau. Meine angestauten Aggressionen werde ich los, wenn ich zu „Anne Will“ und „Hart aber Fair“ auf dem Sofa an die Decke gehe. Und ich muss gestehen, manchmal, aber nur manchmal, ziehe ich mir heimlich eine dieser Florian-Silbereisen-Shows rein.

Dort überkommt mich immer diese Mischung aus Ekel und Bewunderung, die mir hilft, diese vertrackte Welt zu verstehen. Nun hat die ARD jedoch richtig ins Klo gegriffen. Sie haben sich eine Anleitung schreiben lassen, wie man das Image des öffentlich-rechtlichen Rundfunks allein mit Wörtern aufpolieren kann. Wie man die Dinge nennt – das wissen wir – ist ziemlich wichtig, wenn wir bei Zuhörern punkten wollen.



Nomen est Omen

Aktuelle Beispiele aus der großen Politik: Sage ich Kita-Gesetz oder nenne ich es Gute-Kita-Gesetz? Sage ich Grundrente oder nenne ich es Respekt-Rente? Sage ich Familien-Gesetz oder Starke-Familien-Gesetz? Bei solchen Sprachspielen spricht man von Framing. Je mehr man sich darüber Gedanken macht, wie man seine Zuhörer möglichst positiv beeinflusst, umso mehr spricht man von strategischem Framing.

Nun leidet unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk seit Jahren an Image-Problemen bei einigen seiner „Kunden“. Da gibt es einige, die sich als „Zwangskunden“ empfinden und die sagen: „Ich nutz das eh nicht. Die berichten nicht ausgewogen. Radio? Fernseher? Was ist das denn?“. Dabei wissen diese Leute immer so gut Bescheid, wie scheiße das Programm sein soll, dass denen das eh niemand glaubt.

„Sprechanleitung“ der ARD ist absolut naiv

Darum gibt es jetzt das Framing-Manual also die „Sprechanleitung“, wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ARD über die ARD reden sollten. Da steht zum Beispiel drin, dass man besser „Gemeinwohlmedien“ sagen sollte, statt öffentlich-rechtlich. Die Privatsender dagegen, könne man auch „Profitrundfunk“ nennen. Das Problem ist gar nicht mal dieses Neusprech, also dass man hier Gute-Laune-Wörter für die eigene gute Sache finden will.

Vielmehr offenbart es eine erschreckende Naivität im Umgang mit Sprache und Framing. Framing ist nämlich keine Einbahnstraße. Welchen Eindruck hinterlässt eine Sprechanleitung, die Euch in ein besseres Licht rücken soll, bei jenen Menschen, bei denen Ihr euer Image verbessern wolltet? Diese Leute, die glauben, ihr würdet nicht ausgewogen genug berichten und die „Lügenpresse“ oder „Lückenpresse“ rufen?

Um es klar zu sagen. Euer Framing ist in diesem Fall eine Kanone, die nach hinten losgeht. Ihr liefert Euern Kritikern jenes Argument, auf dem diese seit Jahren herumreiten. Den Vorwurf der Realitätsverfälschung und Manipulation. Liebe ARD, wenn ihr mit Framing arbeiten wollt, dann bitte für Eure Arbeit und nicht gegen Eure Kritiker. Lernt in puncto Berichterstattung über den Gebrauch der Sprache besser nachzudenken und Begriffe zu hinterfragen. Genau hier liegt das Potenzial Euer Image mit Framing aufzupolieren.

Artikelbild: pixabay.com, CC0