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Möritz: 6 Monate nach der Ermordung von Lübcke verteidigt die CDU einen Neonazi in der Partei

von | Dez 17, 2019 | Aktuelles, Kommentar

Das Foto vom Titelbild entstand erst am 6. Dezember 2019

Es ist höchst irritierend: Die CDU Sachsen-Anhalt, deren Parteikollege Walter Lübcke erst vor einem halben Jahr unter Jubel der rechtsextremen Szene ermordet wurde, stellt sich jetzt schützend vor einen Neonazi in den eigenen Reihen. Die CDU Sachsen-Anhalt würde gern so tun, als würde sie Robert Möritz glauben, er sei geläutert und ihm eine zweite Chance geben. Das ist normalerweise sehr löblich, ist in dem Fall jedoch absurd. Zuerst zu den Vorwürfen:

Möritz, der seit im Frühjahr 2019 in Löbnitz an der Linde ein Mandat im Ortschaftsrat für die CDU erhielt, zeigte nicht nur Affinität für die Neonazi-Szene, er war eindeutig Mitglied. Am 1. Mai 2011 war er als Ordner auf einer Neonazidemo unterwegs. Im Jahr 2015 teilte er Beiträge der Rechtsrock-Band Barricades, er trägt bis heute ein Neonazi-Tattoo der „Schwarzen Sonne“ auf seinem Unterarm. Zeugen sagen, das sei nicht das einzige Nazi-Tattoo. Viele weitere Belege hat lsa-rechtsaussen gesammelt.

Das sind auch alles keine „Jügendsünden“, denn Möritz war noch bis vor wenigen Tagen Mitglied im rechtsextremen Verein „Uniter“. Auf seinem inzwischen gelöschten Twitter-Account teilte er noch am 1. Dezember „Uniter wünscht allen einen schönen ersten Advent“. Uniter ist ein Netzwerk aus aktiven und ehemaligen Sicherheitskräften, die unter Verdacht stehen, mit Rechtsterroristen in Verbindung zu stehen. Zu diesem Netzwerk gehörte auch der wegen Rechtsterrorismus angeklagte Soldat Franco A., die sogenannte Hannibal-Gruppe, die laut taz eine Neonazi-Revolution in Deutschland plante und politische Gegner töten wollte (Quelle).



Zweite Chance nach 10 Tagen?

Bei alledem ist es nicht nachvollziehbar, dass sich die CDU Sachsen-Anhalt derart fest hinter Möritz stellt, dass sie dafür sogar die Kenia-Koalition hätte platzen lassen. Der CDU war die absolut berechtigte Kritik von Grünen und SPD ein schlimmerer Affront als die rechtsextreme Vergangenheit ihres Mitglieds. Eine Vergangenheit, die anscheinend noch bis vor wenigen Tagen andauerte – oder noch anhält. Eine Distanzierung war bisher nicht glaubwürdig. Erst recht, nachdem in Halle ein rechtsterroristischer Anschlag stattfand und ihr eigener Parteikollege Lübcke von einem Neonazi ermordet wurde. Im Gegenteil, man versucht mit Pädophilen-Vergleichen abzulenken.

Warum ist dieser Fall der Lokalpolitik so bedeutend? Weil das Verschmelzen von rechtsextremen Einstellungen mit konservativen auf kommunaler Ebene die Grundlagen legen wird, um diese auch auf Landes- und später auf Bundesebene umzusetzen – gerade in den ostdeutschen Bundesländern. Der AfD, deren Flügel und Jugendorganisation inzwischen zu einem gravierenden Anwachsen der Anzahl der Rechtsextremisten führten, wird durch so eine schleichende Normalisierung der Weg in die Regierungen geebnet. Und alles hängt davon ab, ob die CDU ihre Haltung, „gegen jeden Extremismus“ zu sein, auch konsequent durchsetzt, oder das nur als Ausrede benutzt, um nicht mit der demokratischen Linken zusammen zu arbeiten (Mehr dazu).

Artikelbild: Screenshot facebook.com via lsa-rechtsaussen.net