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#FlattenTheCurve: Will Dieter Nuhr Omas töten?

von | Mrz 10, 2020 | Aktuelles, Corona, Social Media

Ist doch nuhr Corona

Keine Panik! Sofern du keine Vorerkrankungen hast, musst du als durchschnittliche*r Leser*in unseres Blogs keine Angst vor Corona haben. Das heißt aber trotzdem, dass du dir regelmäßig 20 Sekunden die Hände waschen solltest und in die Armbeuge niesen und husten. Denn es geht bei den Maßnahmen zu Corona weniger um dich, sondern um ältere und kranke Menschen. Dein normales Immunsystem wird mit Covid-19 zurechtkommen, aber das heißt nicht, dass du es in der Zeit nicht weiterverteilst – an Menschen, bei denen es nicht so ist.

Genau deswegen empfehlen Expert*innen und inzwischen einige Landesregierungen, Großveranstaltungen abzusagen, um die Ansteckungsgefahr einzudämmen (Quelle). Und das war der große Fehler, den Italien gemacht hat.

FlattenTheCurve:

Es geht jetzt nämlich darum, die Verbreitung zu verlangsamen, damit unser Gesundheitssystem nicht mit allen Kranken auf einmal überlastet wird. Wenn wir jetzt nicht Maßnahmen wie das Meiden von Großveranstaltungen und strengere Hygiene ernst nehmen, wird die Infektionsrate wie in Wuhan zu Anfang rasant ansteigen – und dementsprechend auch Todeszahlen von ohnehin Geschwächten.

Jede verhinderte Infektion ist ein Sieg. In den letzten Tagen hat sich das Wachstum durch zahlreiche Maßnahmen abgeschwächt. Aber in den Tagen davor stieg die Verbreitung des Virus jeden Tag um den Faktor 1,5 an. Unser Ziel ist es deshalb, die Infektionsrate zu verlangsamen, dass geschwächte Personen verschont bleiben und diejenigen, die dennoch infiziert werden, nicht von einem überlasteten Gesundheitssystem empfangen werden müssen. Das wird nämlich die Todesrate in die Höhe schnellen lassen. 

Warum Großveranstaltungen absagen sinnvoll ist, Lieber Herr Nuhr

Nun twitterte Dieter Nuhr heute, dass er anscheinend das Absagen von Großveranstaltungen – einschließlich seiner Auftritte – für überzogen hält. Schließlich läge die Erkrankugnsrate nur bei 0,0001 Prozent.

Ja halt, aber wenn wir jetzt nicht handeln dann bleibt es ja nicht dabei, oder? Man kann an Norditalien sehen, was dann passiert. Nuhr war übrigens erst vor kurzem in Vietnam:

Nehmen wir spaßeshalber nun den Faktor 1,5 von vorhin, und gehen davon aus, dass sich bei Nuhrs Auftritt, den er am Wochenende gerne hötte, nur eine einzige Person infiziert. Dann haben wir innerhalb eines Monats 1,5^30, also 200 000 Infizierte. Davon sterben im Optimalfall (!) 0.5%, also 1000 vor allem ältere Menschen. Weil die Großveranstaltung Nuhrs nicht abgesagt worden wäre. Selbst wenn aus einer Veranstaltung nur 20 Ansteckungen von über 80-jährigen resultieren, dann sterben im Schnitt davon vermutlich drei. Und das ist vermeidbar. Aber so krass sind die Zahlen in dieser Altersgruppe.

Schützt die Kranken und Schwachen

Die Rechnung ist natürlich komplett hypothetisch. Aber wenn wir jetzt nicht Großveranstaltungen für eine Weile meiden und die Infektionsrate verlangsamen, werden wir wie in Italien einen totalen Lockdown brauchen, um das Zusammenbrechen des Gesundheitssystems zu verhindern. Das klingt dramatisch, und bisher sind die Zahlen noch gering und nochmal: Die allermeisten von euch brauchen sich keine Sorgen zu machen. Denn wollen wir doch alle keine Ärsche sein und das Leben von Alten und Kranken riskieren, oder?

Das Absagen von Veranstaltungen ist kein Ausdruck von Panik, sondern das Verhindern einer Situation, in der welche ausgelöst wird. Nuhrs Veranstaltung könnte dazu beitragen, dass hunderttausende Menschen ihrer Arbeit nicht mehr nachgehen können und die Wirtschaft komplett einbricht. Es ist eine sehr egoistische Betrachtungsweise ausgerechnet von dem Mann, der „den Grünen“ vorwirft, wenn diese etwas gegen die 400.000 frühzeitigen Todesfälle durch Feinstaub in Europa (Quelle) vorgehen wollen. Menschen die sterben, damit ein paar Ölscheichs noch reicher werden können.

Genau wie bei der Klimakrise hört Nuhr anscheinend lieber nicht auf die Empfehlungen von Expert*innen, wenn er diejenigen, die sich darauf stützen, als „hysterisch“ bezeichnet und möchte wohl lieber Menschenleben gefährden. Es ist nicht „hysterisch“, Menschenleben zu retten, Herr Nuhr, egal ob beim Klima oder bei Corona. Es geht nämlich nicht immer nur um uns, sondern auch um andere, alte und kranke Menschen – oder zukünftige Generationen.



Artikelbild: EukuCC BY-SA 3.0