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Singapur: Freiwillig Ungeimpfte müssen selbst zahlen, wenn sie auf Intensiv landen

von | Nov 9, 2021 | Aktuelles

In Singapur werden Impfverweigerer bei Corona-Behandlung zur Kasse gebeten

Singapur beschließt neue Corona-Maßnahmen – Vorbild oder nicht? Die vierte Welle rollt, die Intensivstationen laufen wieder voll. Intensivmediziner:innen warnen eindringlich vor einer Überlastung des Gesundheitssystems (Quelle). Schon jetzt kommt man mancher Orts an die Kapazitätsgrenzen, dabei sind wir erst im Anstieg der vierten Corona Welle. Verantwortlich dafür sind vor allem die Ungeimpften ca. 30% der Bevölkerung, die maßgeblich die vierte Welle antreiben. Dazu ein paar Belege:

https://twitter.com/ClausHecking/status/1457601461852966917

Wir wissen also anhand der Fakten, dass uns vor allem die Gruppe der Ungeimpften in eine schwere Lage für den Winter bringen. Weltärztechef Montgomery bezeichnete die derzeitige Pandemielage – dass die mangelnde Impfbereitschaft Maßnahmen für alle zu Folge hat – gar als „Tyrannei der Ungeimpften“.

Weltärzte-Chef Montgomery: Aktuelle Pandemie-Lage eine „Tyrannei der Ungeimpften“

Pfleger:innen müssen sich mit Impfskeptiker:innen herumschlagen

Darüber hinaus mehren sich die Berichte von Pfleger:innen, die sich mit Impfskeptiker:innen auf den Stationen herumschlagen müssen. Als wären 1,5 Jahre Corona Pandemie nicht schon genug Belastung für die Kräfte im Gesundheitssystem.

https://www.instagram.com/p/CWAcfh1KFVM/

Wie undankbar kann man sein? Es ist also nicht nur so, dass überwiegend Ungeimpfte die Intensivbetten belegen, nein, einige davon stellen sich während ihres Aufenthaltes (wo es um ihr Leben geht) auch noch an und belasten die Pflger:innen vor Ort zusätzlich.

Thema Ungeimpfte: Triage wäre unethisch

Weil eben so viele Ungeimpfte auf Intensiv landen, kam in der Debatte immer wieder die Frage auf, ob man Ungeimpfte Personen nicht nachrangiger behandeln soll, ergo Geimpfte Personen vor Ungeimpften behandelt werden sollen. Manche finden es fair, es würde eventuell abschreckend wirken und einen weiteren Grund liefern, sich doch Impfen zu lassen. Doch erst kürzlich sprach sich der Ethikrat gegen eine solche Triage zum Nachteil von Ungeimpften aus (Quelle).

Unter der Triage versteht man die Priorisierung von Patient:innen, sollten nicht genügend Ressourcen zur gleichzeitigen Behandlung zur Verfügung stehen. Diese Situation könnte durchaus bald eintreffen. Wenn also eine Triage für Ungeimpfte moralisch selbstverständlich nicht in Frage kommt, weil dies laut der Ethikratsvorsitzenden Alena Buyx „wichtigen Prinzipien der Medizin“ widerspricht, gibt es andere Möglichkeiten Ungeimpfte zu sanktionieren, wenn sie Intensivbettenplätze belegen? Gibt es: In Singapur müssen sich Ungeimpfte an den Kosten ihrer Behandlung beteiligen. 

Singapur: „COVID-19 Patienten, die sich freiwillig nicht impfen lassen, müssen für ihre Arztrechnungen aufkommen“

Wie die Washington Post berichtet, ist man im Stadtstaat Singapur seit Montag dazu übergegangen, freiwillig Ungeimpfte Personen zur Kasse zu beten, wenn sie auf Intensivstationen müssen (Quelle). Immerhin, hätte ihr Aufenthalt durch eine einfache Impfung sehr wahrscheinlich verhindert werden können, Kapazitäten und Gelder dadurch eingespart werden. So heißt es in der Washington Post:

„Eighty-five percent of people in Singapore eligible for coronavirus vaccines are fully vaccinated, and 18 percent have received booster shots.

But the Singaporean government said Monday that it will no longer cover the medical costs of people “unvaccinated by choice,” who make up the bulk of remaining new covid-19 cases and hospitalizations in the city-state.

“Currently, unvaccinated persons make up a sizable majority of those who require intensive inpatient care, and disproportionately contribute to the strain on our health care resources,” the Ministry of Health said in a statement Monday.“

Auf deutsch:

„Fünfundachtzig Prozent der Menschen in Singapur, die für eine Impfung gegen das Coronavirus in Frage kommen, sind vollständig geimpft, und 18 Prozent haben Auffrischungsimpfungen erhalten.

Die singapurische Regierung erklärte jedoch am Montag, dass sie die medizinischen Kosten für „freiwillig ungeimpfte“ Personen, die den Großteil der verbleibenden neuen Covid-19-Fälle und Krankenhausaufenthalte in dem Stadtstaat ausmachen, nicht mehr übernehmen wird.

„Derzeit machen ungeimpfte Personen eine beträchtliche Mehrheit derjenigen aus, die eine intensive stationäre Behandlung benötigen, und tragen unverhältnismäßig stark zur Belastung unserer Gesundheitsressourcen bei“, erklärte das Gesundheitsministerium am Montag in einer Erklärung.“

Der Gesundheitsminister  Ong Ye Kung ergänzt dazu:

“Hospitals really much prefer not to have to bill these patients at all,” Ong said. “But we have to send this important signal to urge everyone to get vaccinated if you are eligible.”

Auf deutsch:

„Die Krankenhäuser würden es wirklich vorziehen, diese Patienten überhaupt nicht in Rechnung stellen zu müssen“, sagte Ong. „Aber wir müssen dieses wichtige Signal aussenden, um jeden zu drängen, sich impfen zu lassen, wenn man dazu berechtigt ist.“

Die Singapurische Regierung sieht also das Übernehmen von Kosten der Behandlung als einen weiteren Überzeugungspunkt, um Impfskeptiker:innen davon zu überzeugen, sich vielleicht doch impfen zu lassen. Eine drastische Maßnahme, aber vertretbarer als eine Triage zum Nachteil von Ungeimpften?

Wenn nicht über Vernunft, dann über den Geldbeutel? Das eine solche Maßnahme aus einem Land kommt, in welchem Fake News zur Corona-Impfung per Gesetz unter Strafe steht, sollte nicht überraschen (Quelle).

IfW: Gesundheitsausgaben wegen Ungeimpften 180 Millionen € pro Woche

Vor ein paar Wochen veröffentliche das Institut für Weltwirtschaft aus Kiel einen Wirtschaftspolitischen Beitrag unter dem Titel „Eine Pandemie der Ungeimpften kann für Deutschland teuer werden“. Die Kernaussagen:

  • Ausgaben wären vermeidbar, wenn die Impfquote höher läge
  • Die hohen Seit August liegt der Anteil ungeimpfter Personen in stationären Corona-Behandlungen bei durchschnittlich fast 85 Prozent.
  • Bei laut AOK durchschnittlichen Behandlungsausgaben von 10.200 Euro ergeben sich so für die Monate August und September 2021 Ausgaben von mehr als 160 Millionen Euro für die stationäre Behandlung von an Corona erkrankten, aber ungeimpften Erwachsenen
  • Im Winter drohen sich die Ausgaben für Ungeimpfte zu vervielfachen und auf 180 Millionen Euro pro Woche zu steigen

Die Ungeimpften belasten also nicht nur zu großen Teilen unsere Intensivstationen, sondern auch die gesetzlichen Krankenkassen. Dabei könnte das alles durch eine kostenlose Impfung größtenteils verhindert werden.

Mit faktenbasierten Argumenten kommt man bei vielen Impfgegner:innen leider einfach nicht weiter. Aber vielleicht könnte wie so oft der Kostenpunkt auschlaggebend dafür sein, sich überzeugen zu lassen. Die Singapurer versuchen es zumindest so.

Artikelbild: Travelpixs

Unsere Autor:innen nutzen die Corona-Warn App des RKI.