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Absurd: AfD protestiert gegen Fest-Absage & erstattet dann Anzeige, weil es stattfand

von | Apr 30, 2020 | Aktuelles, Kommentar

Absurder AfD-Populismus

Anfang März gab es im bayerischen Rosenheim heftige Diskussionen: Am 4. März empfahl der Leiter des Gesundheitsamtes in Rosenheim, das für den ab dem 5. März stattfindene Starkbierfest abzusagen. Zu diesem Zeitpunkt gab es einen bestätigten Corona-Infizierten im Landkreis Rosenheim (Quelle). Der bayerische AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Winhart protestierte damals zu der (verfrühten) Meldung, dass das Starkbierfest abgesagt worden wäre. Er frage „Ist diese Panik wirklich nötig?“ und nutzte den Hashtag #CoronaPanik.

Das Starkbierfest wurde jedoch nicht abgesagt, da es nach Einschätzung des städtischen Ordnungsamts keine hinreichenden rechtlichen Gründe gab. Das Gesundheitsamt hätte keine Empfehlung, sondern eine zwingende Erfordernis für eine Absage aufgrund des Infektionsschutzes feststellen müssen (Quelle). So wurde das Fest mit einigen, zusätzlichen Hygienemaßnahmen durchgeführt – zumindest für ein paar Tage. Nachdem am 09.03.2020 ein dritter Fall im Landkreis bestätigt wurde und das Gesundheitsamt eine Risikobewertung aufstellte, wurde das Fest dann doch vom Landratsamt untersagt und nach drei Tagen vorzeitig beendet. Es wäre noch bis zum 14.03. geplant gewesen (Quelle).

Und warum spielt dieses unbedeutende Fest eine Rolle?

Knapp zwei Wochen danach schnellten in Rosenheim die Zahlen der Infizierten in die Höhe. Ob das Fest etwas damit zu tun habe, ist allerdings nicht nachgewiesen (Quelle). Der AfD-Politiker Winhart, der zuvor von „CoronaPanik“ gesprochen hatte, hat jetzt die Stadt Rosenheim aber dafür angezeigt – und wirft der Stadtregierung vor, die Gesundheit der Bevölkerung aufs Spiel gesetzt zu haben (Quelle).

Moment, was denn nun? Winhart machte sich Anfang März darüber lustig, dass „CoronaPanik“ zur Absage des Festes geführt habe und einige Wochen später zeigt er die Stadtregierung dafür an, dass sie das Fest doch nicht sofort abgesagt habe? Nicht nur das: Der AfD-Mann, der gerade gegen die Durchführung des Festes klagt, wessen mögliche Absage er zuvor protestiert hatte, beschwert sich gleichzeitig auch darüber, dass die Stadt Rosenheim das Herbstfest auch bereits vorsichtshalber abgesagt hat. Er hält diese Absage wiederum für „unverhältnismäßig“.

Ja richtig, in der Welt der AfD kann niemand etwas richtig machen, außer sie selbst. Wird das Starkbierfest abgesagt, ist das „CoronaPanik“, wird es durchgeführt, wird man dafür angezeigt. Wird das Herbstfest hingegen abgesagt, ist das auch wieder „unverhältnismäßig“ und nicht richtig. Völlig egal, was die Stadt Rosenheim macht, die AfD wird poltern, klagen und kritisieren. Zwischen dieser Forderung Meuthens, einen Shutdown durchzuführen, um die „Katastrophe“ zu verhindern und seiner Forderung, die „in sich widersprüchlichen Beschränkungen“ wieder zu lockern, liegen gerade mal vier Wochen.

So funktioniert Populismus

Der Politologe Erik Flügge erklärt in einem Facebook-Post zu diesem Fall den Trick dahinter: „Was […] die AfD betreibt, ist eine strategische Täuschung.“ Und weiter: „Winhart weckt zwei mal Empörung. Das 1. Mal gegen die Stadt, weil sie das Fest abbricht. Das 2. Mal weil sie es überhaupt hat stattfinden lassen. => So macht Winhart die Leute wütend und Menschen in Wut schauen nicht so genau auf die Details. Ihr Gehirn aktiviert beim Gefühl „Wut“ Urinstinkte. Einer dieser Urinstinkte ist es laut zu schreien, um den Gegner zu erschrecken und andere zu warnen.“

Es ist natürlich absolut in Ordnung, seine Einstellung und Einschätzungen weiter zu entwickeln und öffentlich einzugestehen, dass eine frühere Einschätzung falsch gewesen ist. Doch das ist ja nicht das, was die AfD macht: Sie ist immer dagegen, völlig egal, was „die anderen“ gerade machen. Es ist immer falsch, es ist immer verwerflich, es ist immer ein Skandal. Aber wenn man zuvor noch von „CoronaPanik“ gesprochen hat, und dann die Stadt dafür anzeigt, das zu tun, was man gefordert hat, dann ist das nur noch absurd. Ohnehin muss die Partei sich einmal einigen, ob Corona jetzt gefährlich ist oder nicht. Die Partei verbreitet auch abstruse Verschwörungsmärchen darüber, dass Corona ein großangelegter Plan von „Politik, Medien, Pharma und NGOs“ gewesen sei:

Nichts davon ergibt Sinn

Wie das wieder mit dem Rest, was die AfD so von sich gibt, zusammen passt, ist rätselhaft. Es ist ein deutliches Beispiel, wie inhaltslos der Populismus der AfD ist. Es geht nicht um eine politische Meinung (abseits des Rassismus), sondern nur um Empörung und Wut. Und solange die gleichen Feindbilder bedient werden, bemerken ihre Anhänger*innen nicht einmal, dass die Gründe, warum sie dagegen sein sollen, sich jeden Tag ändern.

Denn die Feindbilder bleiben gleich. Das Weltbild der AfD baut nicht auf feste Werte auf, sondern auf feste Feindbilder. Das darf die AfD zwar machen, aber das heißt auch, Kritik von dieser Partei muss man nicht allzu ernst nehmen – denn gehört man zu ihrem Feindbild, wird man automatisch kritisiert, egal was man macht. Und liegt sie mal versehentlich mit etwas richtig, ist das auch nur Zufall.



Artikelbild: Screenshot twitter.com