8.540

Diesen FAZ-Artikel über die AfD musst du unbedingt lesen

von | Nov 2, 2019 | Aktuelles, Kommentar

Diesen Artikel musst du lesen!

Ich bin gestern auf einen sehr interessanten Artikel in der FAZ vom 1.11. gestoßen. In diesem fragt der Autor nach den Gründen für den Wahlerfolg der AfD in Thüringen. Er „zieht erste Schlüsse aus dem Wahlerfolg“. Als Ursachen für das starke Abschneiden erklärt der Autor dass sie „zu verschiedenartig und im einzelnen Fall zu wenig kontrollierbar“ seien. Er stellt aber auch fest: „Man muß zunächst übertriebene Auffassungen zurückweisen: der Kern der Wählerschaft hat an der guten demokratischen Tradition des Landes festgehalten“.

Nur ein „Bruchteil“ falle auf die rechtsextreme Werbung herein, die „politisch aus dem Gleise geworfen“ worden sind, es seien „Leute mit dem kurzen Gedächtnis, die nicht nur die Lehre des Krieges und der Niederlage nie erfaßt haben“, sondern auch die „ungeheure Fortschritte“ nicht sehen, die man „unbestreitbar politisch und wirtschaftlich gemacht haben“. „Es sind die Leute, die innerlich so durcheinander gebracht sind, daß sie kritiklos auf jede Hetze reagieren und jeden Schwindel glauben, der ihnen von skrupellosen Spektakelmachern vorgesetzt wird.“

Der Autor stellt aber am Ende fest, dass der Erfolg der Partei „auch in irgendwelcher Hinsicht ein Versagen des […] Staates dokumentieren muss“. Auch wenn er feststellt, dass damit Abgeordnete einziehen, die den Landtag „von innen heraus sabotieren wollen“. Letztlich glaubt die FAZ „derweil nicht, dass die Partei die Demokratie gefährden könnte.“ Also: Laut FAZ kommen mit der Partei antidemokratische Elemente in den Landtag, die mit Hetze stimmen gewinnen, aber die Demokratie nicht wirklich abschaffen werden können.



Habe ich gesagt, der Artikel geht um die AfD? Ich meinte NSDAP

Ich habe ein wenig geflunkert. Der Artikel in der FAZ stammt zwar vom 1. November, aber vom ersten November 1929. Und er handelt nicht von der Wahl in Thüringen, sondern von der Wahl in Baden und den Einzug der Nationalsozialisten, nicht der AfD. Wirklich, ich habe die Zitate nicht verändert. Wer den Original-Artikel lesen will, kann ihn online hier finden (Link). Und es liest sich seltsam vertraut. Es liest sich so wie so viele Artikel, die heute über die AfD geschrieben werden, besonders in Zeitungen wie der FAZ. Und das sollte uns Angst machen.

Wenn betont wird, dass es nur wenige rechtsradikale und demokratiefeindliche Elemente in der AfD gibt, dass wir uns keine Sorgen um die Demokratie machen müssen. Wenn man der Partei indirekt Recht damit gibt, dass ihre Kritik an der Demokratie doch irgendwie berechtigt ist, wenn auch fehlgeleitet. Wie wir alle wissen hat die NSDAP nur etwas mehr als drei Jahre später die Macht ergriffen und eine totalitäre Diktatur errichtet und dann auch bereits das erste Konzentrationslager. Und die Berichterstattung ist heute genau so wie früher.

Normalisierung des Faschismus

Das zeigt uns im Wesentlichen zwei Dinge: Erstens, dass die „Nazi-Keule“ gegen die AfD heute keine Übertreibung ist. Sie ist natürlich keine NSDAP von 1942. Aber sicherlich eine von 1929. Faschismus arbeitet stets mit der Eskalation, es gibt nie nur ein bisschen Faschismus. Der Faschismus führt immer zum Äußersten, zwangsläufig. Wenn heute vor allem „nur“ gegen Muslime und Schutzsuchende gehetzt wird, sind es morgen alle Nicht-Weißen, Nicht-heterosexuellen und so weiter. Man muss nur an die gebürtige Deutsche und Christin Benigna Munsi denken, gegen die AfD bereits heute hetzt – weil sie nicht weiß ist.

Die zweite Lehre ist eine Warnung an den (noch) liberalen und konservativen Journalismus. Denn wenn gewisse Teile des Bürgertums in den Faschisten der AfD das geringere Übel sehen, wenn sie ihnen durch Wiederholung ihrer falschen und menschenverachtenden Narrative Recht geben und noch schlimmer: Wenn sie sie hofieren und sie wie eine „ganz normale Partei“ behandeln, ist das mit Blick auf die späte Weimarer Republik das Anfang vom Ende. Und genau da geht es wieder um die FAZ. Die lud nämlich die AfD auf ihre Party ein:

https://twitter.com/ADORJ/status/1190169352936599553

Die „bürgerliche Mitte“ und der Faschismus

Das ist kein aus dem Kontext gerissenes Ereignis. Gauland hat auch schon Gastbeiträge in der FAZ veröffentlicht – in welchem er eine Hitler-Rede paraphrasierte. Bereits im Juni fanden wir viele Anzeichen für den Rechtsruck der FAZ:

https://www.volksverpetzer.de/schwer-verpetzt/was-faz-los/

Auch die WELT, die den wirren Artikel voller Lügen Döpfners veröffentlichte, bietet immer öfter den rechtsextremen Narrativen eine Bühne. Kein Wunder, dass es viel Applaus von der AfD gab. Mehr dazu:

Wahnsinn! Springer-Chef Döpfner verbreitet Lügen & gibt Merkel Schuld an Halle-Terror!

Solange konservative und liberale Medien und Politiker*innen nicht die klare Kante zeigen, nicht die Gefahr erkennen, die von den (neuen) Faschisten ausgeht, solange ist die Bedrohung für die Demokratie absolut real. Solange man lieber mit Faschisten paktiert als mit den „Linken“, solange wird Faschismus gewinnen. Solange man ihre Sprache wiederholt, solange man ihre Narrative bestätigt, solange wird man Demokratiefeinde nicht aufhalten. Diese Lektion sollte die FAZ die WELT, die CDU und auch andere dringend lernen.

Artikelbild: C. Nass, shutterstock.com