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Cheblis Rolex: So helfen die Medien einer rechtsextremen Kampagne

von | Okt 22, 2018 | Kommentar, Social Media

Alles, was man über den Zustand deutscher Medien wissen muss

Sawsan Chebli ist alles das, was Rechtsextreme hassen: Eine Frau mit Migrationshintergrund, erfolgreich, gebildet und politisch, Muslima. Sie war bereits des Öfteren Ziel von rechtsextremen Shitstorms. Auch hatte sich beispielsweise Beatrix von Storch vor ein paar Monaten herzlos über den damals kürzlich verstorbenen Vater Cheblis lustig gemacht.

Herzlos: Von Storch (AfD) tritt verbal auf verstorbenen Vater von Sawsan Chebli ein

Dass jetzt Rechtsextreme und Sympathisanten rechtsextremer und vom Verfassungsschutz beobachteten Gruppierungen ein vier Jahre altes Foto auskramten, auf der Chebli zu sehen ist, die eine Rolex trägt, hätte einfach verpuffen können. Es ist eine offensichtliche Kampagne gegen Chebli persönlich. Sie ist inhaltlsleer, veraltet, sinnlos. Die Kritik ergibt keinen Sinn, wenn man nicht gerade eine Vendetta gegen eine SPD-Beamtin mit Migrationshintergrund führen will. Alice Weidel von der AfD trägt auch eine Rolex. Tragen die Männer in der SPD etwa alle nur Billiguhren? 



Von rechtsextremen Angezettelter Sozialneid

Wäre früher so ein billiger Versuch, unter rechtsextremen Anhängern eine vermeintliche „Doppelmoral“ einer SPD-Politikerin anzukreiden und Sozialneid zu befeuern, einfach nur in der Filterblase verpufft, so sprangen nach und nach immer mehr Medien auf den Zug und packten das „dürfen Sozen Rolex tragen?“ (Stern) und „Dürfen Linke Rolex tragen?“ (BILD) sogar in die Headline. Warum Medien nicht darüber hätten berichten sollen?

Natürlich ist das Thema (inzwischen) medial relevant, ich schreibe ja auch darüber. Aber wenn Journalisten ihre Aufgabe falsch verstehen und versuchen, „neutral“ über einen inhaltlosen Shitstorm von Rechtsextremen zu berichten, dann geht die ganze Debatte nun mal nach hinten los. Weil sie die Angriffe auf Chebli als legitime „Kritik“ darstellen, was sie nicht ist. Es ist weder relevant, noch aktuell, noch fair. Chebli zu verteidigen oder deswegen zu kritisieren sind keine zwei Standpunkte, die man einnehmen kann, je nachdem, wo man politisch steht. Das ist völliger Quatsch!

Wenn Medien so eine offensichtliche Kampagne gegen eine Person, die von Heuchelei nur so strotzt, aufgreifen und nicht richtig eingeordnet verbreiten, dann sind sie Teil dieser Hetzkampagne. Sie haben rechtsextreme Propaganda verbreitet. Während früher ein Rechtsextremer nicht mal einen Leserbrief bekam, so übernehmen Medien plötzlich deren „Ziele“ und Duktus. Was ist bloß los?

Offensichtliche Ablenkung

Dieselskandal, Khashoggi, CumEx – Aber dieses vier Jahre alte Foto einer SPD-Beamtin, die sich halt was mit ihrem Geld gekauft hat, soll zum Skandal taugen? Ich weiß nicht, was es besser machen würde, aber ist es Absicht oder Unfähigkeit, dass sich die Medien zum Spielball rechtsextremer Propaganda machen? Das hat nichts mit journalistischer Neutralität zu tun. Das ist einfach nur traurig.

Inhaltliche Kritik ist ja erwünscht. Kritisiert Chebli für was auch immer ihr wollt. Aber es ist ein Unterschied, ob Herkunft, Religion oder Kleidung kritisiert werden. Das hat nichts mit Politik zu tun. Das Thema taugt einfach überhaupt nicht als „Gesellschaftskritik“. Es ist einfach eine Diffamierungskampagne, die niedersten Sozialneid von Rechten ansprechen soll. Liebe deutsche Medienvertreter, ihr könnt das besser!

Artikelbild: photocosmos1, shutterstock.com