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Strafbefehl gegen Querdenker-Partei wegen Erstellung von Feindeslisten beantragt

von | Aug 22, 2022 | Aktuelles

Partei verschickte Drohbriefe an Ärzt:innen

Nachdem der ehemalige Vorstand der Querdenker-Partei „Basisdemokratischen Partei Deutschland“ (kurz: die Basis) im Februar 2022 Drohbriefe an Kommunalpolitiker:innen verschickte, hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück nun Strafbefehl gegen die Mitglieder beantragt. Den Mitgliedern des parteipolitischen Armes der Querdenken-Organisation drohen demnach Geldstrafen (Quelle).

Ein Schreiben sollte Kommunalpolitiker:innen ‚informieren‘

Die Strafbefehle enthalten den Vorwurf der versuchten Nötigung nach Paragraf 126 des Strafgesetzbuches und sind an den damaligen Vorstand des Basis-Kreisverbandes in Osnabrück gerichtet. Dieser habe einen Brief unterzeichnet, der Ende Februar 2022 bei mehreren Osnabrücker Ratsmitgliedern einging. Unter der Überschrift „Wichtige juristisch relevante Informationen zur Covid-19-Impfung“ teilten darin neben anderen Anita Haunhorst und Thomas Biege den Empfänger:innen mit, dass sie in einer Liste erfasst wurden. Konkret heißt es: „Wir machen Sie darauf aufmerksam, dass Sie mit Zustellung dieser Informationen in einer Liste erfasst werden, die dokumentiert, dass Sie diese Informationen erhalten haben. Möglicherweise werden Ihre Namen auch auf der Webseite des MWGFD veröffentlicht. Kein Empfänger soll bei einer juristischen Aufarbeitung durch die Aussage: ‚Ich habe das nicht gewusst‘ vor möglichen Konsequenzen geschützt werden.“ (Quelle)

Im Anhang des Schreibens befanden sich vermeintliche Forschungsergebnisse der Initiative „Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie e.V.“ – laut dem Schreiben mutige Personen, „weil sie sich trotz Diskriminierung und Diffamierung, für Gesundheit, Frieden und Freiheit Ihrer Mitmenschen einsetzen“ (Quelle). Unter den Mitgliedern des Vereins finden sich einige prominente Querdenken-Akteure wie etwa Sucharit Bhakdi, Bodo Schiffmann und Stefan Homburg (Quelle).

Paragraf 126a StGB verbietet das Erstellen von Feindeslisten

Laut der Staatsanwaltschaft Osnabrück erfüllt das durch die Querdenker-Partei „die Basis“ versendete Schreiben einen strafrechtlichen Tatbestand. Denn seit September 2021 verbietet Paragraf 126a des Strafgesetzbuches das Erstellen von Feindeslisten. Dabei handelt es sich um Listen, die personenbezogene Daten verbreiten und die betroffene Person damit in Gefahr bringen (Quelle). Der Antrag auf einen Strafbefehl richtet sich in diesem Fall gegen die ehemalige Parteidoppelspitze Anita Haunhorst und Thomas Biege sowie fünf weitere Personen, die den Brief unterzeichnet hatten. Haunhorst selbst hatte sich schon im März 2022 auf einer Kundgebung zu den Ermittlungen des Staatsschutzes geäußert. Damals sprach sie davon, die Formulierung der ‚Liste‘ im Schreiben unglücklich gewählt zu haben und betonte, dass die Intention keineswegs war, Ratsmitgliedern zu drohen (Quelle).

In der Vergangenheit gab es ähnliche Einschüchterungsversuche

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Basis mit kontroversen Schreiben bemerkbar macht. Bereits im November 2021 empfingen einige Ärzt:innen im Raum Osnabrück Briefe der Partei. Darin wollte man sie daran erinnern, dass sie „persönlich für Schäden haftbar gemacht werden können“, wenn sie ihren Patient:innen die Covid-19-Schutzimpfung verabreichen. Drei Monate später ‚informierten‘ ähnliche Schreiben dann Ärzt:innen und Impfpraxen in Berlin darüber, dass sie sich „mitschuldig an der sinnlosen Verlängerung dieser verantwortungslosen Impfkampagne“ machten (Quelle).

Die strafrechtlich relevante Parteigeschichte ist besorgniserregend

Zwei Jahre nach ihrer Gründung ist die Querdenker-Partei mit strafrechtlichen Konsequenzen ihres Handelns bereits vertraut. So wurde kürzlich gegen den Parteivorsitzenden Reiner Fuellmich eine Geldstrafe wegen Volksverhetzung verhängt (Quelle). Auch bekannte Parteimitglieder wie Sucharit Bhakdi verharmlosten den Holocaust und wurden dafür wegen Volksverhetzung angeklagt (Quelle).

Ein anderes Mitglied der Partei wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, nachdem er falsche Maskenatteste ausgestellt hatte (Quelle). Die ehemaligen Bundestagskandidaten Michael Fritsch und Artur Helios mussten ebenfalls eine Geldstrafe zahlen, nachdem sie auf einer Demonstration in Dresden den Hitlergruß zeigten (Quelle). Es ist womöglich nur die Spitze des Eisbergs, aber die Fälle machen deutlich: Bei der Querdenken-Bewegung handelt es sich ebenso wie bei dessen parteipolitischem Arm um Akteure, die für ihre Ziele bereit sind, Gesetze zu brechen, Menschen einzuschüchtern und gefährliche antisemitische Ideologien zu verbreiten.

Artikelbild: Daniel Schäfer/dpa-Zentralbild/dpa