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E-Fuels: CDU & FDP wollen Autofahren & Heizen unbezahlbar machen

von | Mrz 2, 2023 | Aktuelles

Das Märchen von Synth-Gas und E-Fuels: Nein, wir können nicht einfach alle Heizungen und Autos mit Synth-Gas und E-Fuels weiter benutzen. Kann bitte irgendwer die ersten beiden Hauptsätze der Thermodynamik auf schöne Flyer drucken und die dann an CDU und FDP schicken? Was die da gerade fordern, ist echt gefährlich.

Ich kann den Wunsch ja verstehen, auf bereits bekannte Lösungen zu setzen, aber bitte hört nicht auf Leute, laut denen wir jetzt einfach alle weiter Verbrennungstechnik nutzen. Energie lässt sich außerhalb des Harry-Potter-Universums nämlich nicht einfach so herzaubern. Wasserstoff, E-Fuels und Synth-Gase sind Energie-TRÄGER, keine Energiequellen.

Wir brauchen im ersten Schritt immer erst Energie, um sie herzustellen, und leider nicht wenig. Und die HERSTELLUNG von E-Fuels und Synth-Gas ist extrem aufwendig und verbraucht viel mehr Energie. Paradoxerweise würden wir dann deutlich mehr erneuerbare Energien benötigen, als wenn wir einfach mit E-Autos fahren und mit Wärmepumpen heizen. Heißt mehr Windräder und Solarfarmen, gegen die sich CDU und FDP sonst gern mal wehren.

E-Fuels sind nur in kleinen Bereichen sinnvoll:

Ja, wir werden E-Fuels brauchen und wir werden synthetisches Methan brauchen, und zwar für Kraftwerke, Schiffe, die chemische Industrie, Landmaschinen und so weiter. Die Idee, damit in Bälde auch 49 Mio. PKW zu fahren und 30 Millionen Haushalte (Gas und Öl) zu wärmen, ist hochgradig esoterischer Unfug. Richtig, nicht alle sind so weit von der Realität entfernt wie der FDP-Landesvorsitzende Michael Kruse, der das als umfassende Maßnahme fordert. Er bekommt parteiintern aber auch wenig Gegenrede, daher nur mal zur Visualisierung der Größenordnungen, von denen wir da reden.

Der Großteil der Energie verpufft einfach

Das wichtigste: Beim Heizen mit Synth-Gas geht extrem viel Energie schon bei der Herstellung verloren. Mit einer Wärmepumpe kann im Gegensatz dazu sogar Umgebungswärme genutzt werden. Entsprechend wird Synth-Gas immer viel teurer sein als eine Wärmepumpe.

Deutschland verbrauchte 2022 etwa 850 TWh Erdgas, davon landeten 350 TWh in privaten Haushalten und kleineren Gewerben. Um das synthetisch zu erzeugen bräuchten wir selbst unter sehr guten Bedingungen 470 TWh Strom, das entspricht knapp 50 neuen, großen Kernreaktoren. Und das nur für den Brennstoff Gas zum Heizen, ohne Industrie.

Warum so viel? Weil Sachen verbrennen immer ineffizient ist. Ich kann entweder 150 GW elektr. Leistung nehmen und daraus dann per Wasserstoff 70 GW Heizleistung machen oder ich erreiche das mittels Wärmepumpe mit gerade mal 26 GW (!):

Das geht aber ohnehin nicht mit unseren Heizungen, denn Wasserstoff hat ganz andere Eigenschaften als Erdgas. Wir müssten dafür alle Brenner, Öfen und Leitungen austauschen. Stattdessen ließe sich aus Wasserstoff in einem weiteren Schritt Synth-Methan machen, das verbrennt wie Erdgas (Erdgas ist >80 % Methan).

Nachteil: Dafür brauchen wir noch mehr Strom als im Schaubild, weil Methanisierung mehr Strom benötigt und wir dafür aufwendig CO₂ aus der Luft filtern müssen. Und das sind nur unsere Gasheizungen, es gibt in Deutschland noch 59 Mio. Ölheizungen: 10 Mio. in Häusern und 49 Mio. PKW 😉 kleiner Scherz, weil Verbrennunger-PKW von der Energie im Sprit nur 25 % oder weniger in Bewegung umwandeln und mit >75 % davon Abgase und Motorblöcke aufwärmen.

Meta-Studie: Wasserstoff ist zum Heizen ungeeignet und viel zu teuer

Wollen wir einen synthetischen Ersatz für die 13 Milliarden Liter Heizöl und 50 Milliarden Liter Benzin und Diesel, die Deutschland /Jahr benötigt, bräuchten wir selbst bei für die Zukunft erhofften hohen Wirkungsgeraden zusätzliche 1.000 TWh Strom – doppelt so viel, wie ganz Deutschland aktuell im Jahr erzeugt. Wir lägen dann bei 150 zusätzlichen Kernreaktoren, nur für Heizungen und Straßenverkehr (vollkommen bekloppt).

Eine Meta-Studie, die mehrere dutzend Studien zu Wasserstoff-Nutzung im Gebäudebereich analysierte, zeigt dabei den wissenschaftlichen Konsens: Wasserstoff ist zum Heizen ungeeignet und viel zu teuer:

Spritpreis: 4,50 € pro Liter vor Steuern

Gleiches gilt für E-Fuels im Autoverkehr. Einfach weil so immens viel Energie erst bei der Herstellung und dann beim Verbrennen verloren geht, sind diese Kraftstoffe viel teurer. Die Bundesregierung geht aktuell von einem Preis von 4,50 € pro Liter aus. Egal wie stark man das in Zukunft noch optimieren kann: Es wird IMMER teurer sein, als einfach den Strom direkt in ein Auto zu laden. Bei E-Fuels geht eben ein Großteil der kostbaren Energie verloren.

So bettelt die Porsche Einkaufschefin Frenkel schon um staatliche Eingriffe, da die E-Fuels nicht konkurrenzfähig seien. Sie fordert entweder eine Erhöhung der Spritpreise oder Subventionen, also eine Umverteilung unserer Steuergelder in diese sinnfreie und überteuerte Technologie.

Ob wir das nun über Steuergelder subventionieren oder an der Zapfsäule spüren: E-Fuels sind für den Normalbürger viel zu teuer. Und ich habe keine Lust, mit meinen Steuergeldern das Motorsporthobby von Millionären zu subventionieren.

FDP-Vorschlag würde unsere Wirtschaft zerstören

Dazu käme noch all der Strom, den wir heute schon verbrauchen + Industrie, Schifffahrt, Flugverkehr etc. Der Vorschlag des FDP-Manns ist also tatsächlich mal ein Vorschlag für Deindustrialisierung und einen Niedergang der deutschen Wirtschaft, denn das kann niemand bezahlen.

Abgesehen von den Kosten spielt auch die Zeit eine wichtige Rolle: Wir müssen unsere Energieversorgung umstellen, damit sie möglichst schnell klimaneutral funktioniert. Jedes Kilogramm mehr an synthetischen Produkten bremst dieses Projekt, denn dafür brauchen wir mehr Kraftwerke. Dass jetzt insbesondere auch Leute aus der Union für die Lösungen plädieren, die ein Vielfaches an Strom benötigen, nachdem sie selbst die Stromerzeugung des Landes ausgebremst und torpediert haben, wirkt im Zusammenspiel fast schon wie eine russische Sabotage-Aktion.

Mit Fake News für teuren Sprit und Heizen

Kruse verhält sich hier übrigens doppelt lost: NIEMAND hat vor, die Gasnetze abzuwickeln. Im Gegenteil, die sind in Zukunft sehr wichtig, um genug Energie für den Winter zu speichern und auf EE-Lücken reagieren zu können. Deswegen ist es Teil des Koalitionsvertrags, an dem die FDP mitgewirkt hat, diese Infrastruktur für die Zukunft vorzubereiten. Kruses Fachgebiet: „Energiepolitik & Häfen“.

Fazit: Ja, wir werden in Zukunft eine Menge E-Fuels, grünen Wasserstoff und andere synthetisch erzeugte Gase benötigen, und zwar in erster Linie für all die Wirtschaftsteile, die sich nicht ohne weiteres elektrifizieren lassen. Das Fraunhofer-Institut ISI rechnet allein dafür mit 500 Terawattstunden pro Jahr. Je mehr Anwendungen, die eigentlich auch heute schon elektrisch funktionieren, wir hier noch hinzu definieren, desto länger dauert es, den CO₂-Ausstoß auf null zu senken.

Ein paar Oldtimer und historische Altbauten, die mit Verbrennung laufen, verhageln uns diese Bilanz jetzt nicht sofort. Aber Heizungen können 30 Jahre alt werden und ein zusätzlicher Bestand von vielen Millionen Anlagen in Häusern, die eigentlich mit Wärmepumpe beheizbar sind, verzögern das Projekt Energiewende vollkommen ohne Not und laden den ganzen Schaden mal wieder bei den jüngeren Generationen ab, die sich mit den Klimafolgekosten rumschlagen dürfen.

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Artikelbild: shutterstock.com