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Forderung von Linnemann – Ich hätte ohne Grundschule nicht Deutsch gelernt

von | Aug 6, 2019 | Aktuelles, Gastkommentar, Kommentar

Wird Zeit, dass Papa euch wieder was aus seiner Kindheit erzählt.

Ich bin 1977 nach Deutschland gekommen, konnte natürlich kein Wort Deutsch und einen Kindergarten habe ich auch nie besucht.

Als euch eure Mama die heiße Milch lauwarm gepustet und die Rinde vom Brot geschnitten hat, habe ich in der Türkei mit meinem älteren Bruder auf der Straße Sachen verkauft, Metall für einen Händler gesammelt oder für eine Schachtel Kippen Einkäufe für stationierte Soldaten erledigt. Ich war da vielleicht fünf oder sechs Jahre alt.

Angekommen in Deutschland ging es gleich in die erste Klasse und da war nichts mit Förderunterricht oder Sprachkurs. Ein Tisch, ein Stuhl, ein Stift und ein Stück Papier und jetzt lerne.



Wenn du spielen wolltest, gab es fast nur deutsche Kinder in der Schule oder in der Nachbarschaft.
Wenn du fernsehen wolltest, gab es nur deutsche Sender.

Wenn du was vom Einkaufsladen kaufen wolltest, ging das auch nur auf Deutsch. Das mit dem Lernen der Sprache ging dann so schnell, dass ich mich kaum erinnere, sie mal nicht gesprochen zu haben.

Das Falscheste ist (da seht ihr, wie gut mein Deutsch inzwischen ist), Migrantenkinder von der Grundschule fernzuhalten, wie es ein depperter Politiker fordert. Sie auszugrenzen und ihnen deutlich machen, dass sie nicht dazugehören. Da erreicht man nur das Gegenteil. Wie gut sollen sie die Sprache lernen, wenn in einem speziellen Förderunterricht nur arabische Kinder sitzen?

Also rein in die deutschen Grundschulen. In die Sportvereine. In die Kinder- und Jugendzentren. Lesen, singen, sprechen und erzählen.

Je mehr sie mit dem Deutschen in Kontakt kommen, desto schneller lernen sie und integrieren sich.

Sahin Karanlik

Dazu eine weitere, sehr lesenswerte, Geschichte zu dem Thema von Stephan Anpalagan:

https://www.facebook.com/stephan.anpalagan/posts/2326101980758655

Artikelbild: Sahin Karanlik