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Merz: Die Trump-Strategie hinter den Lügen ohne Entschuldigung – Nats‘ Analyse

von | Aug 10, 2021 | Analyse

Merz lügt und hält weiter an den Lügen fest – Warum?

Gastbeitrag Natascha Strobl

Na gut. Schauen wir uns das an. Das sind die (hinlänglich herum gereichten) Tweets von Merz aus den letzten 48 Stunden. Was passiert hier? Schauen wir uns erst den Inhalt an.

Merz zeichnet ein finsteres Bild einer grünen Regierungsbeteiligung. Das Interessante: Merz geriert sich dabei lediglich als Chronist. Die Grünen selbst haben die Einblicke gegeben. Er hält nur fest und schreibt nieder – Pseudoneutralitäts-Frame.

Um danach eine glatte Lüge rauszuschmeißen. Die beste Lüge ist die, die zwischen zwei Wahrheiten verpackt ist. Es soll ein Klimaschutz-Ministerium geben. Es soll Vetos geben. Dieses Veto ist aber keines „auf persönlicher Einschätzung“ sondern wenn es internationalen Abkommen zuwider läuft. Mehr dazu.

Angriff auf die Grünen mit Lügen

Er macht mit diesem ersten Tweet zwei Dinge: Die Grünen sind Despoten, die nach Lust und Laune Dinge entscheiden. Und Klimaschutz hat keine verbindlichen Ziele/Richtlinien, sondern ist mehr so Geschmacksfrage. Er greift damit die Grünen persönlich/charakterlich, als auch inhaltlich an.

Der zweite Tweet beginnt mit einer nächsten Lüge, die auf einer Wahrheit aufbaut: Es soll ein Einwanderungsministerium geben. Hier geht es recht unspektakulär um eine Zusammenführung von Agenden und Kompetenzen. Merz zimmert daraus ein Angst-Bild – „möglichst Viele“ sollen kommen.

Es ist der älteste Trick in der rechtsextremen Trickkiste: Die Linken/Grünen/Sozis wollen aktiv möglichst viele Ausländer_innen holen, um Deutschland/Österreich/Europa zu schaden/auszutauschen/sich einen Vorteil verschaffen. Konservative springen auf, auch die ÖVP zb.

Andeutungen an rechtsextreme Verschwörungsgeschichten

Merz lässt offen, wozu die Grünen das eigentlich machen, die ÖVP ist schon einen Schritt weiter. Aber es läuft der selbe Film vor dem geistigen Auge: Massen kommen und bedrohen „uns“. Dass es sich hier um muslimische Einwanderer_innen handelt, ist implizit. Angst-Frame.

Bei beiden interessant: der aktive Part, der hier von den Gegner_innen (bei Merz die Grünen) übernommen wird: sie lassen nicht gewähren oder sind naiv oder machen zu wenig, sondern sie laden aktiv und bewusst ein. Und zwar „möglichst viele“. Das ist deutliche Sprach-Radikalisierung. „Unabhängig ihrer Integrationsfähigkeit“ ist nochmal ein Angstverstärker, es werden Bilder von Gewalt abgerufen. Der erste Satz soll also eigentlich sagen: Die Grünen wollen lauter Vergewaltiger und Mörder ins Land bringen. Feiner formuliert. Narrative der extremen Rechten.

Überwältigung als Strategie: Angst, Angst, Angst

Als Nächstes dann Überwältigung als Strategie: Nicht nur Klima-Despoten und Einwanderer-Massen, auch noch „aufgezwungene“ Gender-Sprache, Vorschriften, Steuern, Abgaben. Zack Zack Zack. Angst, Angst, Angst. Die Leser_innen sollen möglichst viel Angst bekommen.

Hängen bleiben soll: Die Grünen sind despotisch und zwingen uns Allen ihre persönlichen Befindlichkeiten auf. Alles ist verboten und wir verlieren Sicherheit. Das ist Negative Campaigning. Garniert mit Lügen und grotesken Überzeichnungen ganz nah am diskursiven Rechtsextremismus.

Lügen seien nur „Kritik“

Und dann kommen wir zu dem Tweet von gestern. Auch hier wieder die Chronisten-Rolle: Merz habe lediglich „Kritik geübt“, also der von ihm dargestellte Sachverhalt ist objektiv wahr und er hat ihn nur kritisiert. Dabei hat er diese Bilder erst fabriziert. Das ist das perfide.

Und dann auch wieder Trick 17: wo viel Zuspruch und eine imaginierte Mehrheit der Bevölkerung, die hinter einem steht. Für „hysterischer Twitter-Mob“ war kein Platz, aber den können wir uns ja noch denken. Der Tweet heute ist „doubling down“ – eine Trump-Strategie.

Keine Entschuldigung, sondern reinsteigern in die Lügen

Wenn man beim Lügen erwischt wird gibt es keine Entschuldigung, ja nicht mal ein Ausschweigen, sondern man geht nochmal voll rein. Das macht nicht nur Trump so, sondern auch die ÖVP. Nie nachgeben, sondern immer noch was drauflegen.

Und warum macht er das? Aufgabenteilung: Laschet soll sich mal von seinen Fehlern erholen und die Aufmerksamkeit weg gezogen werden, aber ohne den Lead zu verlieren. Also durch diese Art des Negative Campaigning. Man muss sich damit beschäftigen, richtig stellen, empören etc.

Merz‘ Trump-Strategien sollte man ignorieren – aber kann es nicht

Man kann es ja nicht ignorieren, wenn es von Merz kommt und der eine wichtige Position in einer zukünftigen CDU-Regierung haben wird. Wie bei Trump: man sollte aber kann es nicht ignorieren. Eine der Gründe, warum Trump gewonnen hat: alle haben dauernd über ihn geredet.

Zur Erinnerung: Merz ist Teil einer konservativen Partei. Das sind Entwicklungen und Dynamiken innerhalb des Konservatismus, die wir hier beobachten können. Wichtig ist: nicht im blanken Entsetzen/in der Empörung stehen bleiben. Die ist gewünscht und einkalkuliert.

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Artikelbild: pixabay.com, CC0

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