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Pastor nennt queere Menschen „Verbrecher“ & „todeswürdig“- und wird freigesprochen!

von | Mai 29, 2022 | Aktuelles

Queerfeindlichkeit von Religionsfreiheit gedeckt – Olaf Latzel wurde freigesprochen

Das Bremer Landgericht hat den evangelischen Pastor Olaf Latzel vergangene Woche vom Vorwurf der Volksverhetzung freigesprochen. Laut Urteil seien seine queerfeindlichen Aussagen von der Religionsfreiheit gedeckt (Quelle). Das Amtsgericht Bremen hatte Latzel 2020 zunächst wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 8100 Euro verurteilt, nachdem er sich in einem Eheseminar queerfeindlich geäußert hatte. Demnach sprach er von der „teuflischen Homo-Lobby“ und den „Verbrechern vom Christopher Street Day“. Beides bezeichnete der Pastor der St.-Martini-Gemeinde als „anti-christliche, anti-biblische Dinger“ (Quelle). In einem Seminar habe er Homosexualität als „todeswürdig“ beschrieben (Quelle). Nach dem Schuldspruch durch das Bremer Amtsgericht ging Latzel in Berufung (Quelle) – und erhielt nun vom Landgericht Bremen Recht.

Homofeindliche Aussagen zugunsten des Angeklagten ausgelegt

Gegenüber dem Volksverpetzer begründet Jan Stegemann, Richter und Pressesprecher des Landgerichts den Freispruch folgendermaßen: „Entscheidend war, dass die jeweiligen Sätze nicht allein für sich betrachtet werden durften, sondern dass der gesamte Kontext zu ihrer Interpretation herangezogen werden musste. Als zweiten wichtigen Punkt hat die Kammer angeführt, dass es sich um mehrdeutige Aussagen handelt […], die ausgelegt werden müssen.“ Weiterhin teilt er mit, dass diese nach den Grundsätzen des Bundesverfassungsgerichts stets für den Angeklagten günstig interpretiert werden müssten. „Unter diesen Punkten gibt es aus Sicht des Gerichts zumindest eine Interpretationsmöglichkeit, die weder zu Gewalt noch zu Hass aufstacheln sollte“, schließt Stegemann.

Evangelische St.-Martini-Gemeinde schreibt Fundamentalismus groß

Die St.-Martini-Gemeinde fiel bereits in der Vergangenheit mit ihren diskriminierenden Einstellungen auf. 2008 gelangte an die Öffentlichkeit, dass die Gemeinde Frauen in der Kanzel ablehnt – nur Männer dürfen predigen (Quelle). Und auch Olaf Latzel ist für fundamentalistische Aussagen bekannt. Bereits 2015 machte er mit antimuslimischen Aussagen auf sich aufmerksam. Er bezeichnete das Zuckerfest als ‚Blödsinn‘ und verurteilte im selben Atemzug jede andere Religion und jeden anderen Gott (Quelle). „Es gibt nur einen wahren Gott“, predigte er. „Wir können keine Gemeinsamkeiten mit dem Islam haben. Das ist Sünde, das darf nicht sein, davon müssen wir uns reinigen. Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Weiterhin betonte er, dass Gott dazu aufrufe, nicht-christliche Religionssymbole umzuhauen und zu verbrennen. „Aber das fordere nicht ich, das fordert unser Herr und Gott“ (Quelle).

Ins religiöse Konzept der St.-Martini-Gemeinde scheinen sich Latzels Diskriminierungen sauber einzureihen. Dort wird ihm auch nach dem Prozess zu seinen homofeindlichen Aussagen weiterhin die Bühne in Form von Kanzel und YouTube geboten (Quelle). Im Mai 2020 veröffentlichte die Gemeinde eine Stellungnahme, in der sie sich dezidiert für den Pastor und seine Auslegung des evangelischen Christentums aussprach: „Die Ablehnung gelebter Homosexualität im Alten wie im Neuen Testament wird mit einer Eindeutigkeit vorgetragen, die eigentlich jede Diskussion darüber überflüssig erscheinen lässt. […] Homosexualität wird als Gräuel und schwere Sünde vor Gott bezeichnet.“ (Quelle)

Staatsanwaltschaft geht in Revision, Bremische Evangelische Kirche prüft Disziplinarverfahren

Die Bremer Staatsanwaltschaft verkündete am 24. Mai 2022, dass sie gegen den Freispruch in Revision gehe. Momentan warte sie das schriftliche Urteil des Landgerichts ab, um dieses dann auf Rechtsfehler zu überprüfen (Quelle). Somit dürfte das Hanseatische Oberlandesgericht demnächst entscheiden, ob das Berufungsverfahren rund um Latzel im Bremer Landgericht noch einmal neu verhandelt wird (Quelle).

Und auch die Bremische Evangelische Kirche (BEK) zieht aus den diskriminierenden Aussagen des Pastors Konsequenzen. Bereits 2020 leitete sie ein Disziplinarverfahren gegen Latzel ein, währenddessen er vorübergehend seines Dienstes enthoben wurde. Die St.-Martini-Gemeinde erwog daraufhin, aus der bremischen Kirche auszutreten oder Latzel auf eigene Kosten selbst anzustellen (Quelle). So wohlwollend steht sie ihrem queerfeindlichen Pastor gegenüber.

Latzels Verteidiger forderte nach dessen Freispruch durch das Landgericht Bremen, dass die BEK das ruhende Disziplinarverfahren gegen den Pastor endgültig einstellen solle (Quelle). Doch dazu ist die BEK vorerst nicht bereit. Schriftführer und Pastor Bernd Kuschnerus teilt dem Volksverpetzer mit: „Der Kirchenausschuss wird nun prüfen, welche Auswirkungen der Freispruch von Pastor Olaf Latzel auf das davon unabhängige, derzeit aber ruhende, kirchengerichtliche Disziplinarverfahren hat.“ Weiterhin akzentuiert er, dass „nach dienstrechtlicher Einschätzung Ausgrenzung und Verunglimpfung von Personen durch einen Pfarrer nicht tragbar sind.“

Artikelbild: Sina Schuldt/dpa

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