Pandemie-Leugner:innen erfinden Tote
Pandemie-Leugner:innen lügen immer: Die Pandemie-Leugner:innen, Rechtsextreme und Verschwörungsideolog:innen, die vergangenen Samstag durch Berlin marschierten sind notorische und verblendete Verbreiter:innen von Lügen, die in ihre Agenda passen. Abgeschlossen in digitalen Echokammern fallen sie regelmäßig auf diverse Fake News über Corona und die Maßnahmen dagegen herein und lassen sich so leicht von Rechtsextremisten und Betrüger:innen instrumentalisieren und radikalisieren.
Jeglicher Widerspruch und jegliche Aufklärung wird mit Hass und Ablehnung begegnet, sodass man quasi an alles glauben kann, was man möchte, was zu unzähligen Fake News führt. Selbst zu vergleichsweise belanglosen Lügen wie über die Teilnehmerzahlen der Berlin-Demo.
Faktencheck: Nur 40.000 – Pandemie-Leugner lügen wieder über Teilnehmerzahlen
Eine neue Lüge, die diese verblendete Ideolog:innen verbreiten, um sich gegenseitig anzustacheln und von einem „Krieg“ zu fantasieren ist aktuell ein Video von einer älteren Frau, die bei einem Polizeieinsatz während der Berlin-Demo am Samstag Opfer von Polizeigewalt wird. Laut dieser wohl gezielt in die Welt gesetzten Lüge soll die Frau später verstorben sein, wegen „inneren Verletzungen der Halsschlagader“. Auf dem kurzen Video, das geteilt wird, sieht man nur, wie die Frau festgehalten wird und schreit.
Das ist frei erfunden und nicht bestätigt
Nicht nur wird das Gerücht zum Video ohne jede Quelle verbreitet (man verweist nur auf die Gerüchte des jeweils anderen), es gibt bisher keinerlei öffentliche oder offizielle Bestätigung, dass es irgendeinen Todesfall durch einen Polizeieinsatz auf der Berlin-Demo gegeben haben soll. Irgendein Pandemie-Leugner hat also einfach das Gerücht in die Welt gesetzt, um seine Mitstreitenden anzuheizen und diese haben das Gerücht unkritisch einfach weiterverbreitet, ohne es zu überprüfen. Diverse Blogs und Videos haben das immer noch unbestätigte Gerücht einfach weiterverbreitet. Perfide: Wenn ganz viele die gleiche Lüge wiederholen fallen mehr Menschen darauf herein, weil sie nicht glauben können, dass so viele Leute wirklich bewusst lügen oder unkritisch unbestätigte Informationen weitergeben. In der Querfront-Szene ist genau das aber Alltag.
Die Fake-Meldungen widersprechen sich auch teilweise, so wird auch behauptet, die Frau sei querschnittsgelähmt, manche sagen, sie würde rechtliche Schritte einlegen. Allerdings sind das bisher ebenfalls nur unbestätigte Gerüchte.
Polizei: Frau nur leicht verletzt
In einer offiziellen Stellungnahme der Polizei (Hier), erklärt diese, dass die 60-jährige zuvor an einer unerlaubten Ansammlung bei der Berlin-Demo beteiligt habe und den Aufforderungen, den Platz zu verlassen, nicht Folge geleistet habe. Sie soll laut Polizei einen Beamten in den Bauch getreten haben und versucht haben, eine weitere Dienstkraft zu beißen, ein Beamter schlug ihr mit der Faust in den Rücken. Gegen den Beamten werde derzeit wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt ermittelt. Weiter heißt es:
„Die 60-Jährige wurde bei der Festnahme leicht verletzt, verzichtete jedoch auf eine angebotene ärztliche Behandlung und konnte anschließend ihren Weg fortsetzen.“
Fazit: Die Polizei bestätigt, dass die Frau am Leben ist und nur leicht verletzt und nicht etwa „querschnittsgelähmt“. Es gibt bisher keine Belege, dass es anders gewesen sein soll. Im kurzen, kontextlosen Video sieht es durchaus nach einem Schlag und Polizeigewalt aus, Pandemie-Leugner:innen scheint der Vorfall allerdings nicht skandalös genug, weshalb sie die Lüge verbreiten, die Frau sei an ihren Verletzungen verstorben, um sich selbst anzuheizen und ihre Bewegung weiter zu radikalisieren und weitere Gewalt zu rechtfertigen.
So verbreitete sich die Meldung
Der Politikwissenschaftler Josef Holnburger hat auf einem Twitter-Thread dokumentiert, woher die erfundene Meldung kam und wie sie sich verbreitet hat.
Auf Telegram verbreitet sich rasant die Falschinformation einer beim Einsatz der Polizei getöten Frau. Ein Einblick, wie schnell sich das verbreiten konnte. Und wie ekelhaft das ist. Als Thread. 1/10
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Brigitte K. postet gestern um 23:26 Uhr in der Gruppe Vereinigte Scharfschützenbewegung ein Video von John F. und einen Text von Mr. MaxiWin, wohnach eine Frau bei einem Polizeieinsatz getötet worden wäre. Der Text und das Video finden sich später in anderen Kanälen wider 2/10 pic.twitter.com/y24fb86GKH
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Etwa eine Stunde später schickt der „IKB – Info Kanal Berlin“ das Video und den Text an seine etwa 4.000 Abonnenten. Erst heute Nachmittag wird die Behauptung, dass die Frau dabei getötet wurde, durch den Kanal wegeditiert. 3/10 pic.twitter.com/Tu7iDdl241
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Stand 17:00 Uhr hat die Meldung von IKB etwa 160.000 Views. Das ist sehr viel – die max. Views pro Tag im deutschsprachigen Telegramraum liegen idR bei 60k bis 80k.
Die Nachricht wurde also sehr häufig geteilt. Hier die Entwicklung der Views. 4/10 pic.twitter.com/vPTXmdCfkg— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Insgesamt 34 deutschsprachige Kanäle teilten die Falschinformation. Darunter besonders reichweitestarke wie Oliver Janich (140k Abos), Heiko Schrang (78k), Thorsten Schulte (33k) und der Holocaustleugner Nikolai Nerling (25k). Alle haben es geteilt, bevor es korrigiert wurde 5/10
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Um 15:20 Uhr twittert die Polizei Berlin zu den zwei Falschinformationen. Keine Frau sei getötet worden, eine schwangere Frau hätte auch nicht ihr Kind verloren. Sie ermittelt auch bzgl der gezeigten Szenen. Bis dahin wurde die erste Falschinformation 150k mal gesehen. 6/10
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Doch wer hat diese Lügen in die Welt gesetzt? Das Video stammt von John, der Text mit der Lüge von Mr. MaxiWin. Und dieser fällt auch durch andere Aussagen in einem Chat mit 2.600 Mitgliedern auf (Content Warning). 7/10 pic.twitter.com/BUVcUhqnaf
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Der selbe Mr. MaxiWin setzt am selben Abend auch noch die andere Lüge in die Welt, dass bei einem Polizeieinsatz eine schwangere Frau ihr Kind verloren hätte.
Mr. MaxiWin hat eine Agenda. Und seine Lüge und seine Agenda verbreiten sich in irrer Geschwindigkeit. 8/10
8/10 pic.twitter.com/qtgifqorET— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Ein Nutzer postet gestern Abend zwei Falschinformationen auf Telegram. Rechte Kanäle verbreiten diese Lüge weiter. Der Verdacht liegt nahe, dass man das mit Kalkül tat. Man will sich selbst zum Opfer stilisieren. Obwohl man am Wochenende Täter war. 9/10
— Josef Holnburger (@holnburger) August 31, 2020
Zum Thema:
So rechtsextrem war Berlin: AfD, NPD, III. Weg, Identitäre, Holocaustleugner, Gewalt
Artikelbild: Screenshot youtube.com
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