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So leicht widerlegt man die Impflügen von Schiffmann (Allergische Reaktion, erfundene Pfizer-Studie)

von | Dez 10, 2020 | Aktuelles

Schiffmann erklärt, wie man Impflügen streut

Bodo Schiffmann ist schon seit geraumer Zeit eine bekannte Größe in der Querdenkerszene und hat sich durch das Verbreiten abstruser Fake News einen Namen gemacht. Wie bereits in der Vergangenheit von uns als Lüge entlarvt wurde, behauptete er zum Beispiel, dass es tote Kinder aufgrund von Masken gegeben hätte und weinte bitterlich in einem Video, um das Ganze glaubwürdiger herüberzubringen – ruderte anschließend jedoch nach massiver Kritik zurück (mehr dazu).

Erfundene, tote Kinder: „Zweites“ Kind trug KEINE Maske + Schiffmann rudert zurück

Er durchlief seit dem Beginn der Querdenkenproteste einen enormen Radikalisierungsprozess und ist mittlerweile dabei angekommen panisch Falschmeldungen zu verbreiten und die Regierenden als Faschisten zu bezeichnen, obwohl er einen Schulterschluss mit ebendiesen begangen hat. Seine Position und vermeintliche Expertise als Arzt ausnutzend, macht er Stimmung gegen die Corona-Maßnahmen und kommt immer wieder mit neuen Verschwörungstheorien und Lügen um die Ecke.

Dieses Mal ruft der Sinsheimer Arzt, der eigentlich eine private sogenannte Schwindelambulanz leitet, seine Anhänger:innen via Telegram dazu auf im Supermarkt Telefonanrufe vorzutäuschen, um während dieser laut Falschinformationen über die Corona-Impfungen zu verbreiten. Und so immer mehr Menschen an der Wirksamkeit des Impfstoffes zweifeln zu lassen (aktuell würden sich lediglich knapp 50% der Deutschen impfen). Diese „Idee“ übernahm er vom umstrittenen Sender Bittel TV, welcher ebenfalls eine tragende Rolle unter den Querdenker:innen spielt.

Laut Bodo Schiffmann soll während der Telefonanrufe behauptet werden, die neue Impfung mache unfruchtbar und rufe eine allergische Reaktion bei 70% der Menschen hervor. Er behauptet in seinem Video, das sei durch eine vermeintliche Studie des Chefs von Pfizer belegt, die „genau solche Medikamente produzieren“.

Die Entkräftung solcher kruden Behauptungen ist ziemlich einfach – auch in diesem Fall.

Zunächst einmal ganz allgemein: Auf der Seite der Bundesregierung heißt es: „In Deutschland wird ein Impfstoff nur dann zugelassen, wenn er alle drei Phasen des klinischen Studienprogramms erfolgreich bestanden hat. Diese nationalen und internationalen Qualitätsstandards gelten wie bei allen anderen Impfstoffentwicklungen auch bei der Zulassung einer Coronavirus-Impfung“, stellt sie auf ihrer Webseite klar. Diese Testphasen haben die Impfstoffe von Biontech und Pfizer durchlaufen und weisen eine Wirksamkeit von 95 Prozent auf (Quelle).

Sowohl Biontech als auch der US-Partner Pfizer teilten nach ausführlichen Analysen mit, dass das Vakzin über alle Altersgruppen und andere demografische Unterschiede hinweg ähnlich gut funktioniere und praktisch keine ernsten Nebenwirkungen zeige.

Und nun zu Bodo Schiffmanns Behauptungen:

Die neue Impfung macht nicht unfruchtbar

Laut einer These gleichen die in den Spikes des Virus enthaltene und durch die Zellen nach Gabe des mRNA-Impfstoff reproduzierten Proteine denjenigen, die für das Einnisten der Eizelle in die Plazenta notwendig sind. Die daraufhin gebildeten Antikörper würden somit auch die Eizellen-Proteine angreifen und somit einen Befruchtungsvorgang nachhaltig stören. Schnell ist klar, dass diese Behauptung nicht stichhaltig ist, denn der Impfstoff wirkt, wie auch andere mRNA-Impfstoffe, nur auf wenige Zellen im Bereich der Einstichstelle ein, beschädigt jedoch nicht deren DNA. Eizellen oder Spermien werden nicht beeinflusst. Darüber hinaus ist das im Impfstoff enthaltene Spike-Protein viel zu spezifisch für das SARS-CoV-2.

Laut Lennart Randau, Professor für Mikrobiologie an der Universität Marburg und Leiter der Studiengruppe RNA-Biochemie der Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie, hat das Strukturprotein die höchste Divergenz und wurde unter anderem zur Minimierung der Kreuzreaktionen mit anderen Erkältungs- oder Durchfall-Coronaviren gewählt. Kreuzreaktionen mit Eizellenproteinen und auch theoretisch folgernd eine Unfruchtbarkeit nach einer überstandenen Infektion seien ihm nicht bekannt und auch nicht zu erwarten (Quelle).

Auch das Paul-Ehrlich-Institut, welches für die Prüfung von Impfstoffen zuständig ist, sieht keine Anhaltspunkte für eine drohende Unfruchtbarkeit im Zusammenhang mit dem Impfstoff.
Wie kam es überhaupt zu der Behauptung, der Impfstoff würde unfruchtbar machen?

Probanden von Genimpfstoffstudien müssen schriftlich bestätigen, dass sie zum Zeitpunkt der Studie nicht schwanger sind und in der Testphase verhüten. Solche Erklärungen sind ganz normal und werden aus ethischen Gründen bei den meisten Arzneimittelstudien verlangt.

Die neue Impfung löst NICHT bei den meisten eine allergische Reaktion aus

70 Prozent der Menschen sollen allergisch auf die Impfung reagieren. Diese Behauptung untermauert Schiffmann, indem er eine Studie von Pfizer erwähnt. Was ist da dran? In England, wo Anfang der Woche bereits die ersten Menschen geimpft wurden, gab es zwei allergische Reaktionen auf den Impfstoff. Davon ausgehend sprechen die britischen Behörden eine Warnung für Menschen mit „signifikanten“ Allergien aus. Die Betroffenen erholen sich gut, jedoch wird Personen mit Allergiegeschichte, also die in der Vergangenheit bereits anaphylaktische Schocks auf Medikamente, Lebensmittel oder Impfstoffe gezeigt haben, zunächst einmal von der Impfung abgeraten.

Dies ist eine reine Vorsichtsmaßnahme und bei neuen Impfstoffen normal. Ein Pfizer-Sprecher teilte der dpa mit, dass der Impfstoff in der zentralen dritten Phase der Impfstoffstudie allgemein gut vertragen wurde, ohne dass es ernsthafte Sicherheitsbedenken gab (Quelle).

Welche angebliche „Studie“ meint Schiffmann?

Der selbsternannte Kämpfer für Meinungsfreiheit spricht von einer Studie des Ex-Vizepräsidenten des Arzneimittelherstellers Pfizer, Michael Yeadon. Dieser ist 2011 bei Pfizer ausgeschieden, war jedoch auch zuvor nie der Chef von Pfizer gewesen. Die Studie, von der hier die Rede ist, ist keine tatsächliche Studie, sondern tatsächlich eine Petition mit dem Ziel, alle Tests mit Corona-Impfstoffen sofort zu stoppen. Diese wurde von Michael Yeadon in Zusammenarbeit mit dem Lungenarzt und ehemaligen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Wodarg aufgesetzt, welcher nicht das erste Mal mit falschen und leicht widerlegbaren Aussagen zur Corona-Pandemie aufgefallen ist und unter Mediziner:innen als stark umstrittene Person mit großer Anhängerschaft bei Corona-Kritiker:innen und Leugner:innen gilt (Quelle).

In ihrem Antrag behaupten sie, dass in den mRNA-Impfstoffen von BioNTech und Pfizer Polyethylenglykol (PEG) enthalten ist. Weiter heißt es, dass 70 Prozent der Menschen Antikörper gegen diesen Stoff ausbilden – was bedeuten könnte, dass viele Menschen allergische, möglicherweise tödliche Reaktionen auf die Impfung entwickeln.

Behauptung ist Schuss ins Blaue

Die Behauptung erweist sich als bloße, übertriebene Vermutung. PEG ist bereits seit vielen Jahren in vielen Arzneimitteln, zum Beispiel Tabletten und Salben enthalten. Altmeyers Enzyklopädie, einem Standardwerk für Dermatolog:innen, stuft die allergologische Relevanz von PEG als sehr gering ein. Bei Injektionen könnte es zu Juckreiz und Schwellungen an der Einstichstelle kommen, was jedoch bedeutet, dass sich der Körper aktiv mit dem Impfstoff auseinandersetzt, einen effektiven Schutz gegen den Erreger aufbaut und einer typischen Reaktion auf Impfungen entspricht (Quelle: Altmeyers Enzyklopädie).

Schwere anaphylaktische Reaktionen, wie auch bei den beiden Personen aus England, bilden wenige Ausnahmen und wurden auch schon bei früheren, bereits zugelassenen, zuverlässig funktionierenden Impfstoffen, welche nichts mit Corona zu tun hatten, beobachtet.

Bei der Einführung einer Impfung oder eines Medikaments gibt es fast nie Langzeitbeobachtungen – vor allem in einer Notsituation wie gerade würden solche ein schnelles, effektives Handeln unmöglich machen. Jedoch wird kein Impfstoff einfach so zugelassen, sondern einer strengen Prüfung in drei Testphasen unterzogen. Der Beginn einer Impfkampagne auf Basis der bereits vorhandenen Erkenntnisse ist ein wichtiger Schritt, um die kaum kontrollierbare Ausbreitung des Virus einzudämmen.

Übrigens: Der echte Pfizer-Chef steht hinter der Impfung

Übrigens: Der tatsächliche Chef von Pfizer ist Albert Bourla, welcher hinter den erhobenen Daten zur Wirksamkeit des Impfstoffes steht (Quelle).

Krude Theorien, die Impfungen furchtbare Nebenwirkungen nachsagen, gab es auch schon vor der Pandemie. Doch gerade aktuell ist die Verbreitung solcher Falschinformationen gefährlicher denn je – je mehr Menschen einer Impfung zustimmen und je schneller sie sich impfen lassen, desto früher können wir wieder zu einer noch in der Ferne liegenden Normalität zurückkehren. Ohne einen Impfstoff wird sich die Pandemie noch über Jahre ziehen und unzählige Todesopfer fordern.

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Artikelbild: Screenshot 


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