6.310

Sorry Querdenker: Nicht nur Deutschland hat Maskenpflicht

von | Aug 20, 2022 | Aktuelles

Achtung, Querdenker-Fake: Auch andere EU-Länder haben Maskenpflicht

Seit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am 03. August 2022 die Corona-Maßnahmen für den Herbst verkündeten, hagelt es (auch berechtigte) Kritik. In Querdenken-Kreisen aber wird dabei besonders häufig zu Vergleichen mit anderen europäischen Ländern gegriffen. Denn diese würden „alle“ Maßnahmen fallen lassen, während Deutschland bald das einzige Land mit Corona-Regeln und Maskenpflicht sein würde. Wie immer bei dem, was Querdenker sagen ist das natürlich nicht wahr. Entgegen dieser Behauptung halten tatsächlich viele europäische Länder weiterhin zumindest in Teilen an einer Maskenpflicht fest.

Corona-Schutzmaßnahmen im europäischen Ausland – Deutschland ist nicht allein

So besteht in Andorra, Belgien, Bulgariens Hauptstadt Sofia, England, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Portugal, Serbien, der Slowakei, Spanien, Türkei und Wales weiterhin die Pflicht zum Tragen einer Maske in medizinischen Einrichtungen. In Italien, Nordmazedonien, Portugal und Spanien gilt die Maskenpflicht darüber hinaus auch im öffentlichen Personenverkehr. Im Kosovo sogar bei jeglichen (ausgenommen sportlichen) Aktivitäten in der Öffentlichkeit. Auch in Montenegro warendie Einwohner:innen bis einschließlich 12. August in öffentlichen Gebäuden, Lebensmittelläden, Apotheken, Tankstellen und Gesundheitseinrichtungen verpflichtet, Maske zu tragen. Viele europäische Staaten ermöglichen Einrichtungen zudem, nach eigenem Ermessen von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und individuell Maskenpflichten zu verhängen. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes ist letztlich in etwa der Hälfte aller europäischen Ländern zwar keine Pflicht, durchaus aber empfohlen.

In den grün markierten Ländern gilt irgendeine Form von Maskenpflicht (siehe Text)

Pläne für den Herbst im Überblick

Deutschlands aktuelle Maskenpflicht in Gesundheitseinrichtungen und öffentlichem Personenverkehr unterscheidet sich also nicht wesentlich von den Schutzmaßnahmen vieler anderer europäischer Länder. In der Planung für den Herbst gilt Deutschland aber tatsächlich als Vorreiter. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides hat an die Gesundheitsministerien appelliert, diesmal gründliche Vorbereitungen für potenzielle Corona-Wellen zu treffen. „Angesichts einer möglichen Verschlechterung der epidemiologischen Situation ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir alle aufmerksam bleiben“, hieß es in dem Schreiben an die EU-Gesundheitsminister:innen.

Dem kam Deutschland nach. Ab 01. Oktober 2022 sollen demnach die wochenlang verhandelten Schutzmaßnahmen einsetzen. Während sich an der bestehenden Maskenpflicht im Luft- und öffentlichen Personenfernverkehr sowie in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen nichts ändert, wird die Testnachweispflicht in letzteren wieder eingesetzt. Zudem kommt die Maskenpflicht in Kneipen und Cafés für Un- und nicht kürzlich Geimpfte wieder zum Einsatz. Dazu zählen dann all diejenigen, die mindestens drei Mal geimpft sind und deren letzte Impfung höchstens drei Monate zurück liegt. Diese umständliche Sonderregelung für frisch Geimpfte wird auch kritisiert, hätte man stattdessen einfach einheitliche Pflichten für alle einführen können, die Einordnung dieser geplanten Maßnahme haben wir hier erörtert. Die einzelnen Bundesländer können darüber hinaus nach Ermessen eine Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr sowie Test- oder Maskenpflicht an Schulen durchsetzen. Mitte September soll der Bundesrat die unterbreiteten Regeln verabschieden.

Je ferner von der Wahrheit, desto besser für polarisierende Tweets

Trotz der faktischen Tatsache, dass Deutschland mit seinen Regeln in Europa alles andere als allein dasteht, muss der hinkende Vergleich mit vermeintlich Maßnahmen-freien Ländern offensichtlich für einige polarisierende Tweets herhalten. Allesamt lassen sie es so wirken, als würde Deutschland sowohl aktuell als auch mit den geplanten Regeln für den Herbst einen Sonderweg gehen. So schreibt ein Twitter-User: „Ich frage mich ob es einen Tweet auf Twitter gibt, der sachlich sauber begründen kann, warum ganz Europa #Maßnahmen beendet und Deutschland diese ab 01.10. wieder braucht.“

Quelle: Screenshot Twitter

Anderswo heißt es, es gäbe einen „Alleingang“ Deutschlands, um auf Verschwörungsmythen anzuspielen.

"Deutschland geht seinen Alleingang in Sachen Covid munter weiter"

Auch andere europäische Staaten peilen neue Maßnahmen an

Anders als einige Querdenker:innen behaupten, ist Deutschland selbstverständlich nicht das einzige europäische Land, das sich Gedanken über den kommenden Herbst und Winter macht. Auch Griechenland möchte im September über weitere Maßnahmen entscheiden. In den Niederlanden sammeln verschiedene Sektoren wie Bildung und Kultur aktuell Ideen, wie mit einer erneuten Welle umgegangen werden kann. Spanien macht sich derweil für eine weitere Impfkampagne im Herbst bereit.

Sowohl in Österreich als auch Dänemark gibt es verschiedene Pläne, die unterschiedliche Szenarien der Infektionswellen abdecken. Und auch in Frankreich sollen altbekannte Corona-Maßnahmen bei einem erhöhten Infektionsaufkommen wieder einsetzen (Übersicht über aktuelle und mögliche Maßnahmen). Dass mit fortschreitendem Sommer auch andere europäische Länder nachziehen und ihre bereits bestehenden Schutzmaßnahmen weiter verschärfen, ist also gar nicht unrealistisch.

Fazit: Deutschland ist mit dem Durchsetzen sinnvoller Maßnahmen nicht allein

Selbstverständlich gibt es europäische Länder, die jegliche Corona-Schutzmaßnahmen beendet haben. Das sind aber bei weitem nicht ‚alle anderen Länder‘ – in vielen gilt ähnlich wie in Deutschland weiterhin die Maskenpflicht im öffentlichen Personenverkehr und medizinischen Einrichtungen. Das mag wohl daran liegen, dass es sich um sinnvolle Regeln handelt, die ohne größeren Aufwand umgesetzt werden können.

Einen weiteren Artikel zur Corona-Vorbereitung auf den Herbst findet ihr hier:

Wie einige FDP-MdBs ihr Argument für Eigenverantwortung untergraben

Artikelbild:  Screenshots