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Solarverband: Irreführende Studie zu Stromkosten von Solarenergie

von | Nov. 28, 2025 | Faktencheck

Eine Studie schreibt, dass Solarenergie die Kosten für Strom dieses Jahr gesenkt hat. Und alle schreiben ab. Wir wurden darauf aufmerksam, weil wir für unserem Gute-Nachrichten Artikel zum Thema Klima auf der Suche nach positiven Entwicklungen waren. Warum wir uns dagegen entschieden diese Studie dort aufzunehmen, das erfahrt ihr hier. Es ist ein Lehrstück darin, dass man nicht alles, was gut klingt, auch unhinterfragt teilen sollte.

Die Studie in Auftrag gegeben hat der Bundesverband Solarwirtschaft, und da sollten natürlich schon erste Alarmglocken angehen, denn dieser Verband verfolgt natürlich die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder – also der Solarenergiefirmen in Deutschland. Die „Studie“ ist leider nicht frei im Netz verfügbar und wir haben sie erst auf Anfrage erhalten, dürfen sie aber hier nicht veröffentlichen. Auch das ist leider kein gutes Zeichen, warum nicht einfach der Allgemeinheit zur Verfügung stellen?

Dabei ist das ganze so unnötig: Solaranlagen bauen ist so günstig wie nie und lohnt sich in vielen Fällen komplett ohne Förderung, zum Beispiel bei Balkonsolar, besonders mit Ost-West Ausrichtung, und auch für Investoren. Warum wirft der Bundesverband Solarwirtschaft also mit einer offensichtlich nicht gut gemachten Studie um sich?

Infos weglassen geht nach hinten los

In der Studie steht dann auch tatsächlich, dass der „Börsenstrompreis“ durch den Solarzubau um 15% gesunken ist. Es stehen aber noch ein paar andere Dinge in der Studie, die zeigen, dass diese Zahl so eigentlich nicht alleine stehen darf:

Die Studie selbst gibt an, dass Netzentgelte nicht berücksichtigt wurden. Die werden gezahlt für den Netzausbau, und es ist nunmal so, dass der Netzausbau durchaus teurer geworden ist durch den Zubau von Erneuerbaren. Die Netzentgelte sind durch Solarenergie gestiegen.

Der zweite Punkt ist die EEG Umlage. Die wird nicht mehr auf den Strompreis draufgeschlagen wie früher, sondern aus Steuermitteln bezahlt. Aber das ist eben keine „Einsparung“ für die Verbraucher, die das ganze ja dennoch letztlich über Steuern bezahlen. Die Ausgaben für Solarsubventionen übersteigen dabei im Moment immer noch den Effekt auf den Strompreis. Das steht sogar in der Studie. Das liegt vor allem daran, dass viele alte Anlagen aus den Jahren um 2010 immer noch sehr viel Vergütung erhalten. Das hat sich auch gelohnt, denn durch die Anschubfinanzierung unter anderem aus Deutschland liegt der Preis heute 10 mal so niedrig wie 2010.

Quelle

Alte Anlagen verhageln die Bilanz

Also: Bisher hat uns die Energiewende mehr gekostet als gebracht – wenn man mal von der unwichtigen Tatsache absieht, dass wir damit unseren Kindern überhaupt ermöglichen auf einem lebenswerten Planeten zu überleben (Achtung: Sarkasmus). Und der Preis für Solarpanels eben um mehrere Größenordnungen gefallen ist.

Auf unsere Anfrage reagiert der Solarverband: „Es war weder der Anspruch der Kurz-Studie noch in diesem Rahmen leistbar, eine ganzheitliche Kosten-Nutzen-Analyse der Photovoltaik vorzunehmen.“ Richtigerweise weist der Verband auch auf die Klimafolgekosten hin: „So wie auf der Haben-Seite vermiedene Klimafolgekosten nicht einbezogen wurden, so waren auf der Kostenseite auch notwendige Zusatzinvestitionen zum Ausbau der Netzinfrastruktur nicht eingeflossen.“

Aber nochmal: Die Studie „feiert“, dass der Strompreis durch alte Solaranlagen gesenkt wird, die mehr gekostet haben, als sie eingespart haben. Das ist so unnötig manipulativ, denn gerade neue, günstige Solarpanels senken ja gut implementiert tatsächlich den Strompreis UND Klimafolgekosten. Selbst wenn man Förderung und Netzentgelte berücksichtigt. Und die damalige Förderung hatte ja auch Vorteile (aber eben nicht beim Strompreis). Also warum nicht einfach damit werben?

Rechte Youtuber nutzen es für Stimmungsmache

Der Youtuber Stefan Spiegelsperger greift die Fehler der Studie richtigerweise auf, verbreitet aber zusätzliche Falschinformationen dazu. Sein gesamtes Video baut darauf auf, dass mehr Gas und Kohle unseren Strompreis senken würden, was ganz offensichtlich nicht stimmt.

Herr Spiegelsperger selbst versteht leider nicht, wie Strompreise entstehen: Und zwar eben nicht so simpel über Angebot und Nachfrage. Das Angebot an Kraftwerken ist in Deutschland im Normalfall immer ausreichend, um die Nachfrage zu befriedigen. Der Strompreis muss aber immer so hoch sein, wie das teuerste Kraftwerk das gerade am Netz sein muss, um den Bedarf zu decken, was Spiegelsberger im Video sogar zeigt: Das sind in Deutschland in den allermeisten Fällen fossile Kraftwerke. Denn erneuerbare Kraftwerke haben für den Betrieb gar keine Kosten. Ein Solarpanel produziert auch Strom, wenn der Strompreis dafür null Euro beträgt. Die Kostensenkung beim Strompreis kommt also nicht dadurch zustande, dass es mehr Angebot gibt. Sondern über die Stunden im Jahr in denen die teuersten Kraftwerke nicht laufen müssen, weil die Erneuerbaren so ballern.

Tatsächlich ist es sogar so, dass wir ein starkes Überangebot an Kraftwerken haben: Allein die vorhandenen fossilen Kraftwerke (erst Recht wenn man Biomasse mitzählt) wären (theoretisch) in der Lage unseren Stromverbrauch zu decken. Aber dafür müsste man eben teuer Brennstoff einkaufen, der in vielen Fällen aus dem Ausland kommt. Davon wird unser Strompreis also niemals billiger werden, durch fallende Preise bei erneuerbaren Energien aber schon. Ausgerechnet rechte Youtuber scheinen beim Thema Energiepatriotismus lieber auf den Massenmörder Vladimir Putin oder saudische Islamisten zu setzen anstatt auf das heimische Solarhandwerk.

Quelle

Gaspreis bestimmt den Strompreis

Laut unabhängigen Analysen ist nach dem Atomausstieg der Strompreis gefallen, vor allem wegen günstigeren Gas-Preise. Er hätte noch etwas stärker fallen können mit einer Laufzeitverlängerung. Spiegelberger denkt aber, dass durch den Atomausstieg der Strompreis angestiegen ist. Der Hauptgrund für den Anstieg ab 2022 (übrigens vor dem Abschalten der AKW, was Spiegelberger verschweigt) ist aber: Putin hat uns den Gashahn abgedreht, um uns zu erpressen (nein, es gab keine Sanktionen auf russisches Gas, Putin hat die Pipelines über Polen und dann auch Nordstream abgestellt). Nach dem Atomausstieg fiel der Gaspreis wieder und der Strompreis dadurch ebenfalls. Das ist der Denkfehler: Der Strompreis hängt nicht daran, welche Kraftwerke wir gerade zur Verfügung haben (davon gibt es genug), sondern wie hoch der Gaspreis ist, und wie oft teure Gaskraftwerke gar nicht gebraucht werden.

Durch die extrem fallenden Preise für Erneuerbare Energien (die es ohne das EEG niemals gegeben hätte), sind sogar Solarzellen mit Speicher günstiger als konventionellen Kraftwerke. Für jedes Jahr, das wir mit dem Umstieg auf diese günstigeren Technologien warten, zahlen wir also drauf – und zwar in Form von importierten fossilen Brennstoffen:

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Um diesen Umstieg zu beschleunigen, kann es sich auch lohnen den schnelleren Ausbau durch Subventionen zu fördern.

Macht die Förderung noch Sinn?

Denn darum geht es dem Solarverband, er möchte Menschen überzeugen, dass die staatliche Förderung privater Solaranlagen immer noch sinnvoll ist. Dafür müsste er aber eigentlich zeigen, dass neu zugebaute Solaranlagen den Strompreis senken. Natürlich senken sie die Ausgaben für Strom für die Kunden, beispielsweise Balkonsolar armortisiert sich in 2-5 Jahren ausschließlich über den Eigenverbrauch. Kritiker fordern aber eine stärker Berücksichtigung auch der Haushalte, die dafür keine Möglichkeit haben.

Diese Grafik zeigt den durchschnittlichen Marktwert (gelb) gegenüber der durch Subventionen staatlich garantierten Preise (blau). Man sieht, dass wir zurzeit weiter meistens draufzahlen, und zwar besonders in den Sommermonaten, wo am meisten produziert wird. Denn da gibt es zur Mittagszeit oft sogar ein Überangebot an Strom. Heißt das nicht, dass wir den Ausbau verlangsamen müssen durch weniger Zuschüsse?

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Es heißt vor allem, dass der Ausbau etwas schlauer angestellt werden muss. Was sich mit den aktuellen Regeln lohnt zu bauen, sind Solaranlagen mit Südausrichtung und ohne Akku. Was wir aber eigentlich brauchen würden, wären Ost-West-Ausrichtungen oder am besten netzdienliche Speicherung der Energie bis in die Abendstunden.

Dazu gibt es verschiedene Ansätze: Man könnte beim Kauf der Solaranlage eine einmalige Förderung vergeben und dann, wenn ins Netz eingespeist wird, eben Marktpreise zahlen. Oder eben eine Einspeisevergütung zahlen, die sich an den Marktpreisen orientiert. In beiden Fällen würde der Ausbau nicht ausgebremst und trotzdem gibt es einen Anreiz, sich schon Gedanken zu machen, das so auszubauen, dass es auch dem Allgemeinwohl dient.

Auch mal den eigenen Standpunkt hinterfragen!

Sowohl der Bundesverband Solarwirtschaft also auch Herr Spiegelsperger sind auf die gleichen Mechanismen hereingefallen: Man versucht zu bestätigen, was man eh schon glaubt. Aber echtes Wissen entsteht eben dann, wenn man auch mal bereit ist das eigene Weltbild zu hinterfragen und auch für beide unangenehme Wahrheiten zuzulassen: Die Energiewende war bisher rein finanziell kein Plusgeschäft – wird das aber gerade. Und ist es sowieso, wenn man künftige Schäden durch den Klimawandel berücksichtigt.

Macht Förderung für private Solaranlagen noch Sinn? Die Studie gibt dazu leider keine Anhaltspunkte. Denn die Förderung könnte man durchaus deutlich effektiver gestalten.

Titelbild: Canva

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