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Skrupellos veröffentlicht BILD ein Video des versuchten Mords an einem Mädchen

von | Mrz 5, 2018 | Aktuelles

Ein minderjähriges, schwangeres Mädchen wird von ihrem Bruder und Ehemann brutal gefoltert, fast ermordet und dabei gefilmt. Die BILD-Zeitung veröffentlicht natürlich das Video, um Geld und Klicks zu verdienen. An Widerlichkeit nicht zu überbieten.

Contentwarnung: Gewaltbeschreibungen

Screenshot bild.de / Bildzitat (Unkenntlichmachung links durch BILDBlog.de)

Ein 17-jähriges Mädchen wird von ihrem Bruder (20) und ihrem Ehemann (37) brutal gefoltert und fast ermordet. Ein „Ehrenmord“ nach „den Gesetzen des Islams“ soll es gewesen sein. Der jungen Frau, die mit 15 an den viel älteren Mann verheiratet wurde und mit dem sie bereits ein Kind hat und von dem sie nun wieder schwanger ist, wollte sich von ihrem Ehemann trennen. Darauf hat man ihre Mundwinkel aufgeschlitzt und ihr in den Bauch gestochen, obwohl sie in diesem Moment sogar schwanger ist.

Zum Glück überleben sie und auch ihr ungeborenes Kind. Eine unglaublich grausame Tat, die durch nichts auf der Welt zu entschuldigen ist. In einer Zeit, in der jede Straftat von geflüchteten Menschen ein gefundenen Fressen für den Rechtspopulismus ist, ist diese barbarische Tat natürlich eine Schlagzeile wert. Ja, darüber muss berichtet werden, denn es ist ja wohl geschehen. Verschweigen hilft nichts!

Aber was die BILD tat, war an Widerlichkeit nicht zu überbieten, denn es gab nicht nur eine reißerische Schlagzeile, sondern hinter der Paywall (0,99€) konnte man sich sogar ein Snuff-Video der Tat ansehen, gefilmt von den Tätern selber. Nochmal: Diese junge Frau ist erst 17 Jahre alt und genießt deshalb eigentlich noch besonderen Schutz.

„Das Mädchen fleht um ihr Leben. Aber sie soll sterben, weil sie ein eigenständiges Leben möchte. Eine Familie ohne Gnade, verhaftet in einem vorsintflutlichen Weltbild. Sie alle stehen daneben, filmen die Tat.“ Zitat BILD

Sie wurde grausam gequält und fast getötet und die BILD veröffentlicht von der Tat ein Video?!

Die Kommentare unter der Meldung auf Facebook ließen nicht lange auf sich warten:

„Was für Biester das sind ?. Sie zwingen ein Mädchen zur Ehe, schneiden ihr die Mundwinkel auf und rammen ihr ein Messer in die Brust. Und dann rauchen sie eine und machen ein Video davon wie sie stirbt. Und über dieses Frauenbild reden wir nicht? Wir handeln nicht? Wir lassen das einfach so und kriegen vor lauter Zimperlichkeit noch nicht mal die Vollverschleierung verboten? Wir holen diese Ideologie in unsere Klassenzimmer und lassen sie unser ganzes Leben durchdringen und teilweise sogar dominieren. Warum?“ [sic]

„Ihr wolltet es so haben. Ihr habt es bekommen. Was habt ihr erwartet? Das Leben funktioniert nicht wie in einem Walt Disney Film und manche Lebensweisen sind einfach nicht kompaktibel. Manche Lebensweisen sind nicht einmal vorstellbar, wenn man genauer darüber nachdenkt.“ [sic]

„Islam tötet immer wieder liest man hört man um die ‚ Familienehre ‚ Verwandte töten lieber die Nichte Schwester Tochter ‚ …… so was muss in Deutschland hart sehr hart bestraft werden aber nicht mit Bewährung sondern eine lange Haftstrafe von mindestens 50 Jahre“ [sic]

„Ja aber dass Beispiel Terror. Alle ALLE Verbrecher waren Muslime. Ja nicht alle Muslime sind Terroristen aber alle waren dem Islam vertraulich“ [sic]

„Ich glaube Ladys ihr werdet es nicht mehr Lernen worum es geht, ich lasse euch eure Fantasien.“ [sic]

Die BILD moderiert zur Abwechslung mal ihre Artikel – Dank #ichbinhier

Diesmal nicht so grausam wie sonst, denn – oh Wunder, oh Wunder – die BILD-Redaktion moderiert den Artikel. Vergewaltigungswünsche, Aufrufe zur Lynchjustiz und volksverhetzende Beiträge werden tatsächlich gelöscht. Das hat wohl auch mit dem couragierten Eingreifen der Gruppe #ichbinhier zu tun.

Denn kurz nach dem Erscheinen des Artikels hat diese Gruppe sehr sachlich und fundiert die Diskussion übernommen und auch verlangt, dass dieses unsägliche Video gelöscht wird.

„Aufklärung tut not. Offensichtlich. In jeder Hinsicht.
Aufklärung seitens der BILD, ein solches Thema unmoderiert in derart reißerischer Art zu veröffentlichen!
Aufklärung sicherlich im Weltbild von Menschen, die ähnlich denken wie die Täter.
Aufklärung in den Köpfen einiger Kommentatoren, ohne weitere Infos (Paywall) hier gleich Lynchjustiz zu fordern.

„Liebe“ Redaktion der BILD, diese Machart ist schäbig und hat nichts mit dem von Ihnen immer wieder propagierten Bild des Journalismus zu tun.“

„Liebe Bild,
Die Art und Weise wie ihr hier über dieses furchtbare Verbrechen berichtet, ist einfach nur verwerflich! Ihr stellt das Opfer erneut und immer wieder bloß. In anderen Berichten verurteilt ihr Gaffer, die bei Unfällen Fotos und Videos macht. Was genau macht ihr ihr anders im Sinne des Opferschutzes?Auch ich werde eine Beschwerde beim Presserat einreichen!

#ichbinhier“

Fünf Stunden nach der Veröffentlichung hat die BILD-Zeitung dann das Video entfernt, aber nicht, weil sie es für moralisch RICHTIG und wichtig hielt, sondern weil sie von der Staatsanwaltschaft dazu aufgefordert wurde.

„Hinweis der Redaktion: In der Ursprungsversion des Artikels zeigten wir ein Handy-Video unmittelbar nach der Tat. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft hat uns gebeten, das Video zu entfernen. Dieser Bitte sind wir selbstverständlich sofort nachgekommen.“

Wieso wurde dieses Video überhaupt veröffentlicht? Warum muss erst die Staatsanwaltschaft darum bitten, dieses zu löschen? Hat diese junge Frau nicht Opferschutz verdient? Wer hat der Veröffentlichung dieses Videos zugestimmt? Die Täter? Das Opfer? Ist es rechtens, für Geld wirklich jede noch so widerliche Handlung zu zeigen? Hat die BILD als Zeitung keine Verantwortung gegenüber dem Opfer?

Ich denke es wird ganz deutlich Zeit, dass sich der Presserat eindringlich mit diesem Fall beschäftigt, denn mit Journalismus hat all das nichts mehr zu tun, auch nicht mit dem Recht auf Berichterstattung, denn diese hätte das Video nicht gebraucht.

Doch das Video verbreitet sich natürlich weiter

So, nun wurde das Video gelöscht und nun ist alles gut? Mitnichten! Das Video wird jetzt schon fleißig weiter verbreitet und geteilt, denn was einmal im Netz ist, auch hinter einer Paywall, ist nie wieder zu löschen. Was das wohl für das Opfer bedeutet, das kann ich mir kaum vorstellen.

Sie wurde erst von ihrer eigenen Familie gefoltert und fast getötet und dann für eine billige Schlagzeile missbraucht und gedemütigt. Zweimalig missbraucht und das nur für Geld, denn man hätte auch ohne Video und unverpixeltes Bild über diesen Fall berichten können.

Es wird wirklich Zeit, dass sich verantwortliche Redakteure Gedanken darüber machen, ob sowas moralisch zu vertreten ist und nicht nur, wie viel es einbringt.

Titelbild: bild.de / Bildzitat