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Gastbeitrag: Warum Merz weder Parteivorsitzender, noch Bundeskanzler werden sollte

von | Jan 13, 2021 | Aktuelles

Warum Friedrich Merz nicht Bundeskanzler werden sollte

Gastbeitrag von @Nazifresser

Friedrich Merz tritt am 16. Januar einmal mehr zur Wahl des CDU-Vorsitzenden an und empfiehlt sich somit auch als Bundeskanzler. Wer ist Friedrich Merz eigentlich und warum sollte er nicht die Nachfolge von Angela Merkel antreten?

Von oben herab

Merz ist Multimillionär, Eigentümer zweier Privatflugzeuge (Listenpreis 900 Tsd. und 3 Mio. Euro) und nach eigenen Angaben Angehöriger der Mittelschicht (Quelle). Vielen durch folgende Anekdote bekannt: 2005 schenkte er einem Obdachlosen, der seinen Laptop fand, zum Dank das eigene Buch mit dem Titel „Nur wer sich ändert, wird bestehen“, welches der Beschenkte umgehend in der Spree entsorgte (Quelle). Auch sonst zeigte Merz nicht viel Mitgefühl für die Benachteiligten unserer Gesellschaft. 2008 lobte er beispielsweise eine Studie, die zu dem Schluss gelangt, dass ein Hartz-4-Satz von 132€ monatlich völlig ausreichend sei (Quelle). Außerdem forderte er die Rente ab 70, es mit dem Mindestlohn nicht zu übertreiben und die Abschaffung des Kündigungsschutzes für Arbeitnehmer:innen (Quelle).

Kein Gentleman

Auch als Gentleman könnte man Merz nicht bezeichnen. 1997 stimmte er gegen die Einführung des Straftatbestands der Vergewaltigung in der Ehe. Im Nachhinein betonte Merz, dass er nicht generell gegen die Einführung des Straftatbestands gewesen sei, sondern sich eine Klausel wünschte, die es der Frau ermöglicht hätte, ihre Anzeige zurückzuziehen (Quelle). Tolle Idee Friedrich, so könnte der vergewaltigende Ehemann noch auf seine Frau einwirken, um der Strafverfolgung zu entgehen.

Angeblich hatte Merz den Schutz der Ehe im Sinn, welche er durch mögliche falsche Verdächtigungen gefährdet sah.

Homophob?

Merz wettert aber nicht nur gegen Benachteiligte und Frauen, sondern auch gegen Homosexuelle. 2001 sagte er in einem Interview mit der Bunten über den damals amtierenden Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit, dass er kein Problem mit dessen Homosexualität hätte, solange Wowereit ihm nur nicht zu nah käme (Quelle).

Weitere 20 Jahre haben nichts an derartigen Einstellungen geändert. Erst kürzlich versicherte er gegenüber der BILD, dass ein homosexueller Kanzler ihn nicht störe, […] „solange sich das im Rahmen der Gesetze bewegt und solange es nicht Kinder betrifft […]“. Merz erwähnt Homosexualität und Pädophilie in einem Atemzug, als hätte das eine etwas mit dem anderen zu tun. Dies war selbst der konservativen Neuen Zürcher Zeitung zu viel, die Äußerungen dieser Art eine Teilschuld dafür gab, dass „[…] es bis heute und auch in liberalen Gesellschaften immer noch Menschen gibt, die sich trauen, gleichgeschlechtlich Liebende als ’Kinderschänder’ unter Generalverdacht zu stellen, sie zu beleidigen und körperlich anzugreifen“ (Quelle).

Ausländer:innenfeindlich

Unser Kanzlerkandidat äußerte sich aber nicht nur armen-, frauen- und homosexuellenfeindlich, sondern auch ausländer:innenfeindlich. Bereits 2000 beklagte Merz in Berlin-Neukölln: „Wir haben Probleme mit Ausländern. (…) Probleme, die mittlerweile die Menschen zutiefst beunruhigen und bewegen: mit Kriminalität, mit sehr hoher Ausländerarbeitslosigkeit, mit ungelösten sozialen Konfliktstoffen auch mit der übrigen Wohnbevölkerung“ (Quelle).

Klingt nach AfD-Sprech, nicht wahr? Das war keine Ausnahme. Im selben Jahr stieß Merz die sogenannte „Leitkulturdebatte“ an, bei welcher es in erster Linie um die Frage ging, ob Lehrerinnen in deutschen Klassenräumen Kopftuch tragen dürfen (Quelle).

Auch an diesen Ansichten haben fast 20 Jahre nichts geändert- 2018 entfachte Merz erneut die „Leitkulturdebatte“ und behauptete, dass es beim Thema um die Frage gehe, ob diejenigen, die nach Deutschland kommen, bereit sind, „unsere Wertegemeinschaft anzuerkennen, unsere Freiheitsrechte, die Ordnung unseres Grundgesetzes und unsere Überzeugung von einer offenen, freiheitlichen, liberalen Gesellschaft“ (Quelle).

Migration und die ewige Verknüpfung mit Kriminalität

Redet Merz über Migration, verknüpft er dies immer wieder mit den Themen „Rechtsstaat“ und „innere Sicherheit“ und verbreitet somit das typisch rechte Narrativ der „kriminellen Ausländer“. Darüber hinaus warf Merz Angela Merkel kürzlich vor, sie hätte 2015 im Alleingang und über Nacht die Entscheidung getroffen, die deutschen Grenzen für Geflüchtete zu öffnen. Hierbei bediente er sich eines weiteren typisch rechten Narrativs. Zur Erinnerung: Merkel hat überhaupt keine Grenzen geöffnet (Quelle).

Die innereuropäischen Grenzen sind seit 1995 dank des Schengenabkommen offen, was Friedrich Merz, der Jurist, entweder nicht weiß, oder bewusst verschweigt. Angela Merkel entschied sich 2015 lediglich und zum Glück dagegen, an den Grenzen Waffengewalt gegenüber Familien auf der Flucht einzusetzen.

Politiker oder Lobbyist?

Neben den zahlreichen persönlichen und politischen Verfehlungen – von denen ich hier eine Auswahl getroffen habe – ist mir nicht klar, ob Merz überhaupt Politiker ist oder doch viel mehr Lobbyist. Er selbst betonte kürzlich, überhaupt kein Politiker, sondern „freiberuflich“ tätig zu sein (Quelle).

Politiker:in scheint für Merz überhaupt kein ernstzunehmender Beruf zu sein. Zumindest keiner, dem man seine ganze Aufmerksamkeit widmen sollte. 2006 klagte Merz vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Offenlegungspflicht der Nebeneinkünfte von Bundestagsabgeordneten mit der Begründung, diese würde zu viele Abgeordnete ins „lebensferne Berufspolitikertum treiben“ (Quelle). Merz verlor die Klage und musste schließlich offenlegen, neben seiner Tätigkeit als Mitglied des Bundestages, noch elf (!) weitere Nebeneinkünfte zu beziehen (Quelle).

Blackrock

Von 2016 bis April diesen Jahres arbeitete Merz als Aufsichtsratsvorsitzender des Finanzverwalters Blackrock. Einer Firma die mit 7,8 Billionen USD mehr als das doppelte Bruttoinlandsprododukt Deutschlands verwaltet. Wodurch Blackrock nicht nur enormen Einfluss auf die gesamte Weltwirtschaft ausübt, sondern sich an äußerst umweltschädlichen Unternehmen und der Rüstungsindustrie beteiligt. Darüber hinaus ist Blackrock dafür bekannt, zeitgleich in direkte Konkurrenzfirmen zu investieren, wodurch die Preise für alle Kunden steigen, weil die Firmen weniger unter Wettbewerbsdruck stehen.

Zu allem Überfluss werden die Investitionsentscheidungen bei Blackrock nicht von von Menschen getroffen, sondern von einem gigantischen Supercomputer, der Aladdin genannt wird und dessen Handeln ebenso geheim, wie unvorhersehbar ist, was nicht zuletzt den Milliardär Carl Icahn zu der Schlussfolgerung gelangen ließ, dass Blackrock eine sehr gefährliche Firma ist (Quelle).

Friedrich Merz lobt das Unternehmen noch am 15. November 2020 bei Anne Will in höchsten Tönen, als eines der „zukunftsfähigsten Unternehmen des Kapitalmarktes“. Außerdem hätte Blackrock sich laut Merz als eines der ersten Unternehmen zu ökologischen, sozialen und gesellschaftlichen Themen geäußert (Quelle). Sich über Themen zu äußern und an deren Lösung zu arbeiten sind aber nun mal zwei verschieden Dinge. Blackrock bietet zwar sogenannte ESG (Environment, Social, Government) Aktienpakete an, hält dazu aber fest: „ESG wird oft missverstanden und dahingehend interpretiert, dass soziale und politische Werte im Investmentprozess berücksichtigt werden müssen. Das ist nicht der Fall“ (Quelle).

Obwohl Friedrich Merz angeblich nicht mehr für Blackrock arbeitetet, scheint er noch äußerst aggressiv für den Finanzverwalter werben, bei dem seine Aufgabe bezeichnenderweise darin bestand, „[…]die Beziehungen mit wesentlichen Kunden, Regulierungen und Regulierungsbehörden in Deutschland für Blackrock zu fördern“ (Quelle).

Fazit: Man sollte #MerzVerhindern

Wird Friedrich Merz kommendes Wochenende tatsächlich zum Vorsitzenden der CDU gewählt, stehen seine Chancen, Bundeskanzler zu werden, nicht schlecht. Ich halte dies katastrophal für alle progressiven Kräfte des Landes, für Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund, für das Klima, für ökonomisch benachteiligte Menschen. Weil Friedrich Merz‘ politische und gesellschaftliche Einstellungen von vorgestern sind und teilweise auch so von der AfD stammen könnten.

Hier unsere Petition mit der Bitte an die Delegierten des kommenden CDU Parteitages, nicht Merz zu wählen:

https://www.change.org/p/merzverhindern-friedrich-merz-darf-nicht-vorsitzender-der-cdu-werden-wirfrauengegenmerz

Artikelbild: Bernd von Jutrczenka/dpa

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