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BILD-Reinfall: Genau ein Jahr später stellt Drosten die BILD schon wieder bloß

von | Mai 26, 2021 | Aktuelles

Ein Jahr später: BILD-Entschuldigung noch immer nicht veröffentlicht

Gestern vor einem Jahr verzerrte BILD die konstruktive Kritik mehrerer Wissenschaftler an der Kinder-Studie von Prof. Dr. Christian Drosten (48) für einen reißerischen Artikel und trat damit eine große Debatte des Corona-Frühjahrs 2020 los: Ist die BILD ein „Drecksblatt“?

Das Zurückerinnern an diese Episode hat aber auch einen ernsten Hintergrund: Zwar sind die Älteren zunehmend geimpft, aber wir müssen uns wirklich klar machen: Das Virus wird die offenen Schulen nutzen und gerade bei den noch ungeimpften Eltern von schulpflichtigen Kindern großen Schaden anrichten. Es muss klar sein: Bildung hat höchste Priorität. Und dafür muss eben auch in der restlichen Bevölkerung durch Impfungen, Tests, Homeoffice und Masken darauf geachtet werden, dass wir es dem Virus so schwer wie möglich machen, damit Schulen öffnen können. Kinder sind eben Teilnehmer:innen im Infektionsgeschehen wie jeder andere auch.

Drosten zerlegte die BILD

Vor einem Jahr kam es zu diesem heute inzwischen legendären Tweet: „Ich habe besseres zu tun.“ Mit einem Satz zerstörte Drosten die geplante Desinformations-Kampagne der BILD-Zeitung, die Drosten stellvertretend für die ganzen Corona-Maßnahmen der Regierung mit Schmutz bewerfen und in Misskredit bringen sollte:

Wir titelten damals: „Keiner nimmt sie mehr ernst“. Endlich hatte jemand ausgesprochen, was über die Jahre immer evidenter wurde. Wir bewiesen unter anderem, dass auch die „Fakten“, die BILD für den tendenziösen Artikel nutzen wollte, alles andere als so wasserdicht waren, wie es das Kampagnenblatt gerne hätte: Sie stellten Drostens Forschungsergebnisse falsch dar und rissen Äußerungen anderer Wissenschaftler:innen aus dem Kontext, um sie als Stimmen zu inszenieren, die Drostens Arbeit herabwürdigen würden. Keine:r davon wollte sich aber so gegen ihren Willen missbrauchen lassen – die von BILD zitierten Wissenschaftler:innen distanzierten sich und verurteilen den Hetz-Artikel sogar! Ausführlich:

Keiner nimmt sie mehr ernst: BILD-Hetze gegen Drosten geht nach hinten los

Die BILD nahm früher ihre Macht aus der Angst, die Personen des öffentlichen Lebens vor ihren Kampagnen haben mussten. Doch die Radikalisierung des Blattes unter Julian Reichelt hatte zur Folge, dass kaum noch jemand in der Gesellschaft das Blatt für voll nimmt. Ernst genommen wird sie nur als Nischenblatt von Verschwörungsideolog:innen und Rechtsradikalen. Und vielleicht der Sportteil, aber selbst der ist manchmal falsch. Ihr politischer Einfluss in der Mitte der Gesellschaft geht immer schneller gegen null.

Studien zeigen: Natürlich sind Kinder ansteckend

Bevor wir darauf kommen, wie sich die BILD genau ein Jahr nach ihrer blamablen Aktion gleich noch mal mit Anlauf blamierte, klären wir erstmal die Fakten und die Wissenschaft. Denn darum gehts hier ja eigentlich. Denn BILD wollte mit ihren Verdrehungen zeigen, dass Drosten unrecht hatte und Kinder gar nicht ansteckend seien. Aber: Nach eineinhalb Jahren schlimmer Pandemie mit (auch dank Axel-Springer-Desinformation) hohen Infektionszahlen lässt sich mit Sicherheit sagen: Kinder sind ansteckend.

„Was wir wissen ist: Kinder können sich anstecken, sie können in seltenen Fällen auch schwer erkranken und sie können das Virus weiter geben an Mitschüler und Lehrer.“ Sandra Cieseck (Quelle )

In Deutschland gab es in der zweiten Welle auch enorm hohe Inzidenzen unter jungen Menschen – bis dann die Schulen geschlossen wurden (z. B.: Quelle). Der Hamburger Senat wollte eine Studie unter Verschluss halten, die zeigte, dass ein Ausbruch an einer Hamburger Schule von 40 Personen nur auf eine einzige Person zurückging (Quelle ).

Ähnliches scheint es jetzt wieder in Großbritannien mit der neuen indischen Variante zu geben, die zu enormen Inzidenzen unter Kindern führte, während die Älteren bereits durch die Impfungen geschützt sind:

Diese Website sammelt Corona-Ausbrüche an deutschen Schulen, es sind extrem viele (Quelle). Das große Problem dabei sind auch die Infektionen bei ungeimpften Eltern, die ihre Kinder zu Waisen machen, wenn sie an Covid-19 sterben.

Wann entschuldigt sich die BILD bei Drosten?

Über die letzten Monate wurde also jeder Zweifel an der Relevanz von Kindern in der Pandemie zerstreut. Da wäre ja mal am Jahrestag ihrer gescheiterten Kampagne ein Tag der Reflexion bei der BILD angebracht, um sich zu fragen, ob man wirklich morgens noch in den Spiegel schauen kann. Hat die BILD Demut und Selbstreflexion gezeigt? Guter Scherz.

Stattdessen wollte die BILD einfach weiter hetzen und von den wissenschaftlichen Tatsachen ablenken. Am Jahrestag ihrer misslungenen Hetze wollte sie einfach so tun, als wäre das alles nicht passiert und sich selbst dafür feiern. Das ging sehr schnell sehr nach hinten los. Sie tat so, als wäre die Tatsache, dass Drostens Studie noch nicht veröffentlicht ist, ein Zeichen dafür, dass die BILD recht gehabt hätte. Was natürlich nicht stimmt, wie wir gerade ausführlich dargelegt haben.

Das sind typische Methoden von Wissenschaftsleugner:innen: Von den Fakten und Studien mit Nebensächlichkeiten ablenken. Dabei hat die Verzögerung den ganz einfachen Grund: Die Studie wurde ausgeweitet, es wurden deutlich mehr Zahlen gesammelt. Und ein Peer-Review dauert für gewöhnlich eben auch eine Weile, Monate sind nicht unüblich.

Dieses Raunen ging gewaltig nach hinten los

Die BILD hatte gehofft, durch diese Inszenierung und die Suggestivfrage „Warum noch nicht veröffentlicht, mh?!“ Punkte zu sammeln und Klicks von ihrer Zielgruppe der Drosten-Hasser und Verschwörungsideolog:innen zu sammeln. Aber nur wenige Stunden später wurde ihr ganzer Artikel redundant: Drostens Studie wurde veröffentlicht: Mit Peer Review im enorm renommierten Science Magazine (Hier).

Die veröffentlichte Studie bestätigt genau, was Drosten bereits im April letzten Jahres sagte: Kinder können genauso ansteckend sein wie Erwachsene. Was für ein Mega-Fail der BILD! Noch am selben Tag wird sie von einem der größten Wissenschaftsmagazine der Welt an ihren Platz verwiesen. Neben dem Science Magazine wirkt die BILD halt wie ein schreiendes Kleinkind.

Schnell versuchte die BILD ihren Fail zu vertuschen und änderte schnell die Überschrift des Beitrags. Und versuchte immer noch verzweifelt, irgendetwas zu finden, womit man die Studie in ein schlechtes Licht rücken kann.

Hier übrigens das, was einer der Wissenschaftler, dessen Zitate die BILD ohne zu Fragen aus dem Kontext gerissen hat, um Drostens Studie schlecht zu machen, dazu sagte:

Drosten Studie räumt nebenbei auch Pandemie-Leugnungs-Mythen auf

Es ist schon seit Beginn der Pandemie bekannt, dass präsymptomatische Menschen das Virus übertragen können. „Der Viruslast-Gipfel liegt 1-3 Tage vor Symptombeginn.“, sagt Drosten in seinem aktuellen Podcast.

„a period of high infectivity can start several days before symptoms onset“

Und – das ist den Pandemie-Leugner:innen ja immer so wichtig: Man ist eben dann auch mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit infektiös. In der Studie wurde dafür sogar eine Viruskultur angelegt, um Infektiosität zu messen. Genau deshalb tragen wir Masken und distanzieren uns auch ohne Symptome.

Hier haben wir das auch schon ausführlich widerlegt:

Querdenker-Anwalt teilt aus Versehen Studie, die belegt, dass PCR-Tests sehr genau sind

Wissenschaft übertrumpft Kampagnen-Boulevard

Die BILD ist schlicht nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Anders kann man ihr katastrophal selbst-entlarvendes Verhalten nicht erklären. Bei der BILD passt man die „Fakten“ an die Meinung der Chefredaktion an. BILD-Leser:innen werden so systematisch getäuscht und manipuliert. Gut, dass immer größere Teile der Bevölkerung diese Täuschung durchschauen und bei #TeamWissenschaft ihre Meinungsbildung von Wissenschaft und Fakten abhängig machen. An Prof. Dr. Drosten beißt sich das Boulevard-Blatt einfach die Zähne aus. Es wäre gut, wenn es sich langsam herumspricht, dass man der BILD einfach keine Beachtung schenken muss.

Zum Thema:

„Verkürzung durch die Medien“: Drosten entlarvt Rhetorik von WELT-Chef Poschardt

Artikelbild: Michael Kappeler/dpa Pool/dpa

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