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Wir haben uns CSYOU Teil 2 angeschaut, damit ihr es nicht tun müsst

von | Sep 16, 2019 | Aktuelles, Kommentar, Social Media

Armin und „CSYOU“ – KLappe die Zweite

Das erste Video vom Format „CSYOU“ ist gut zwei Wochen alt. Die Reaktionen darauf waren enorm: „Übertrieben“, „Unpassend“, „Lächerlich“ – das waren wohl noch die gewähltesten Kritiken am Video. Bringen wir es auf den Punkt: Die CSU hat sich blamiert wie lange nicht mehr. Gäbe es Andreas Scheuer und seine Skandalmaut nicht, „Armin“ und sein Video wären wohl die größte Blamage der jüngeren CSU-Geschichte geworden. Mehr zum Video hier:

Billig, niveaulos und unreflektiert: Die Zerstörung der CSYOU

Seit diesem Wochenende ist der zweite Teil raus. Und, diese Aussage verfasse ich, bevor ich das Video gesehen habe: Immerhin hat die CSU den Mut, weiterzumachen. Ich weiß nicht, ob ich nach dem Gegenorkan, der auf den völlig misslungenen ersten Teil folgte, das Ganze nicht einfach abgebrochen hätte. Aber gut, nun zu CSYOU Teil 2.



Kann die CSU doch lernen?

Den Einstieg liefert Michael Kuffer, CSU-Abgeordneter im Bundestag. Er sieht zugegebenermaßen etwas älter aus, als seine 47 Jahre vermuten lassen. Auch bin ich kein großer Fan von älteren Männern mit bayrischem Dialekt, die mir auf YouTube Politik erklären (Ja, ich merke selbst, dass Kuffer der einzige ist, der in diese Kategorie fällt). Dennoch wirkt er sympathisch, man befürchtet sogar, die CSU könnte Selbstkritik üben. Auch die Schnitte sind entspannter, wenn auch nach wie vor Rudeltiere. Das Akkordeon im Hintergrund ist fast schon sympathisch.

Warum genau in die Beteuerung „Das muss ma ruhig mochn, sachlich“ dann aber Szenen geschnitten werden, in denen der Politiker alles andere als ruhig und sachlich ist, zerstört diesen Eindruck sofort. Soll das Selbstironie sein? Es klingt eher so, als wolle man sich über die Kritiker lustig machen. Man hat das Gefühl, die CSU versuche verzweifelt, witzig zu sein und eine Aussage zu verbreiten. Nur was diese Aussage genau sein soll, erschließt sich nicht.

Inhaltlich geht es erst einmal um Migration. Ein kleiner Spaß („Uns konn ma natürlich net Oangst mache“) wirkt genauso fehl am Platze wie der Moderator der Show. Immerhin die Tatsache, dass man, im Gegensatz zum ersten Teil, das Video länger als 60 Sekunden schauen kann ohne wegen der Effekte Kopfschmerzen zu bekommen, spricht für die CSU. Und auch die Thematik wird souveräner und mit mehr Fakten und weniger Polemik behandelt als der erste Teil.

Und dann kommt Armin

Armin Petschner, „Fail-Armin“ oder wie er noch so genannt wurde. Der misslungene Gegenentwurf zu Rezo, mit seiner gezwungenen Optik und teils überdrehter Stimme. Immerhin: Die Effekte sind nicht mehr verstörend, nur noch nervig. Und er überrascht:

Die CSU ist nämlich offenbar DIE Klimaschutzpartei – aber mit „Innovationen statt Verboten“ und „Anreizen statt Belastungen“. Und dazu präsentiert er uns DEN Masterplan: Die CSU möchte Bäume pflanzen, beim Ersetzen von Ölheizungen helfen, Elektromobilität stärker fördern. Als ich mich gerade frage, ob die CSU wirklich nicht merkt, dass sie buchstäblich die letzte seriöse Partei ist, die das erkannt hat und ob sie wirklich glauben, dass diese „genialen Neuerungen“ als ihre eigenen Ideen durchgehen, deckt Armin einen weiteren Skandal auf:

„9 Euro für einen Flug von Berlin nach Prag – das ist kein fairer Preis!“

Was für eine Erkenntnis. Vielleicht sollte man das Format umbenennen in „CSU investigativ“.

Aber ganz ehrlich: Spätestens bei diesem Punkt dürfte jedem klar sein, dass die CSU einfach nur billig die Positionen der Grünen geklaut hat. Das Video ist kein Schrittmacher – es ist ein Ruf der Verzweiflung. Die CSU entdeckt das Einmaleins, während andere Parteien längst Infinitesimalrechnung betreiben.

Und sogar eine AfD-Position wird eingestreut: Man wolle „mehr Geld in den internationalen Klimaschutz“ stecken. Klingt erstmal gut, dahinter versteckt sich aber das Narrativ „Wir tun ja schon viel, wir müssen jetzt auf die anderen Länder zeigen, die noch weniger machen als wir!“. Traurig.

Mein Highlight:

„Und wenn unsere Maßnahmen […] eine breite Bewegung für den Klimaschutz schaffen, dann satteln wir noch einen Emissionshandel obendrauf“. Der Kollege, dessen YouTube-Karriere mit einem völlig verlorenen Angriff auf Greta Thunberg begann, träumt wohl davon, dass die Jugend auf die Straße geht… um gegen den Klimawandel mobil zu machen… die jeden Freitag demonstrierend durch die Städte zieht und so weiter.

Die anderen wollen, laut Armin, „mit einer CO2-Steuer [seltsam-enttäuschtes, unpassendes Stöhnen] erstmal Benzin verteuern und dann schauen, was passiert.“ Das ist eine polemisch-billige Vereinfachung. Tatsache ist, dass seit Monaten über die CO2-Steuer debattiert, diskutiert und beraten wird. Damit alle möglichen Effekte vorher überdacht werden können und auch der Verbraucher nicht zu kurz kommt. Bei Armin klingt es aber nach einer fixen Idee, die mal spontan durchgezogen wird, ohne dass die Konsequenzen bedacht würden. Damit müsste sich doch aber die CSU um Andi „Ausländermaut“ Scheuer ganz gut auskennen?!

Das „CSU-Klimakonzept“ wird jedenfalls nicht mehr innovativer. Auch nicht, wenn Armin es als „smarter, fairer und besser“ verkaufen will.

„Schwarze Null“-Armin

Armin meint weiterhin, dass 360 Milliarden Euro im Haushalt ja eine ganze Menge Geld seien. Nur die bösen „Linken, Grünen und Teile der SPD“ wollen sich noch mehr verschulden. Dazu ein Video, in dem Alexander Dobrindt (CSU) die krumme These aufstellt, grüne Politik sei nur ein Deckmantel um „Den Haushalt in die roten Zahlen zu treiben“. Die CSU möchte das natürlich nicht. Stattdessen will man „beste Startbedingungen für die junge Generation, ohne Altlasten.“

Fun Fact: Die Jugend sitzt in verfallenden Schulen, wartet nachmittags 2 Stunden auf den Bus und kann in der Zeit noch nicht mal das Video von „CSYOU“ schauen. Die Netzabdeckung ist schlicht zu schlecht. Die Jugendlichen haben keine Angst vor Schulden oder „Altlasten“. Die Jugendlichen wollen sehen, dass sich die Politik um sie kümmert, dass Mut zu Investitionen da ist, dass die Infrastruktur auf dem Land in allen Bereichen verbessert wird. Genau da liegt nämlich das Problem.

Fazit

Die CSU versteht es einfach nicht. Ja, es waren zu viele Effekte und hektische Schnitte. Ja, das Problem habt ihr reduziert. Aber: Den Inhalt macht das keinen Deut besser.

Kaum ein Jugendlicher wird langfristig eine Partei wählen, die sagt „Ihr habt Lehrermangel, kaputte Schulen und kein Internet? Wir haben die schwarze Null! Kommt zu uns!“.

Abgesehen davon, dass Armin ein Fail und „CSYOU“ bestenfalls ein Rohrkrepierer ist: Eure Inhalte sind und bleiben schlecht. Auch in grüner Verkleidung wird das nicht besser. Schade.